Kapitel 6

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Entschlossen versuchte ich auf mein unverletztes Bein aufzutreten. Ich musste mich retten. Ich war der Stellvertreter des Königs und viele Menschen zählten auf mich.

Doch auch das andere versagte sofort. Ich war einfach zu schwach. Also wartete ich. Ich wusste selbst nicht genau auf was, doch es beruhigte mich, dass Mary in Sicherheit war. War sie das überhaupt? Konnte ich diesem ehemaligen Soldaten vertrauen? Es war wohl meine einzige Möglichkeit.

Nach einigen Minuten, oder auch Stunden, ich hatte mein Zeitgefühl bereits verloren, näherten sich mir plötzlich Schritte.

Ich griff nach meinem Schwert, doch im Sitzen konnte ich mich nicht verteidigen.

Der Vorhang schwang leicht beiseite und mein Atem versagte für einen Moment, bis ich dann erkannte wer es war.

"Du...", seufzte ich erleichtert und legte mein Schwert weg. Es war die Schwarze Person.

Er ging zu mir und besah sich noch einmal meine Wunde. Der provisorische Verband wurde abgenommen. Einige Sekunden besah er sich die Wunde ganz genau, bevor er schließlich aufstand.

"Könnt Ihr nicht einfach mit mir reden? Irgendwann wird es langweilig Selbstgespräche zu führen und ich muss doch über meinen Zustand Bescheid wissen", murmelte ich und er wandte sich ab.

"Ihr werdet sterben", sagte er plötzlich und ich starrte ihn erstaunt an. Allerdings passte die Stimme nicht zu einem Soldaten.

Er nahm die Kapuze ab und drehte sich um. Mir stockte der Atem.

"Wenn ich Euch nicht behandeln kann, seid Ihr morgen tot", sagte die junge Frau. Sie hatte grüne Augen und dunkelblondes Haar. Auch wenn sie seit Jahren im Wald lebte, war ihr Gesicht wunderschön und rein und von keinem einzigen Schnitt oder Kratzer geziert.

"Ihr seid..." "Eine Frau?", unterbrach sie mich und schaute mich unablässig an.

"Kein Soldat. Wie habt ihr so kämpfen gelernt?", fragte ich verwirrt.

"Mein Bruder hat es mir beigebracht. Meine Familie wurde getötet. Ich war die einzige Überlebende. Seitdem lebe ich im Wald", erzählte sie.

"Das tut mir Leid" "Schon gut, ich habe gelernt damit zu leben. Mein Name ist Isabella", murmelte sie und sah sich dann in den Schubladen um.

"Sebastian", antwortete ich und beobachtete sie dabei. Das hieß die ganze Zeit war es sie gewesen. Sie hatte die Soldaten umgebracht, sie hatte mir das Leben gerettet...

"Es tut mir Leid, aber ich finde hier nichts", sagte sie leise und warf mir einen kurzen Blick zu.

"Ich überlebe länger als du denkst, und dann ist der englische Angriff bereits vorbei", lächelte ich zuversichtlich, obwohl ich wusste, dass sich die Schmerzen immer weiter ausbreiteten.

"Das wirst du nicht. Ich werde dich in den Wald bringen", befahl Isabella entschlossen und ging wieder zu mir.

"Warum tust du das alles? Du kennst mich ja noch nicht einmal", fragte ich etwas verwirrt. Das wäre das vierte Mal, dass sie mir das Leben rettet und langsam wurde es mir unangenehm.

"Ich töte nur Menschen, die etwas Böses getan haben und jemanden sterben zu lassen, ist für mich wie töten", knurrte sie durch ihre Zähne, als sie mir aufhalf.

"Ich kann nicht stehen", presste ich hervor. "Deswegen werden wir ja auch gehen", erwiderte Isabella und tat weitere Schritte.

Widerwillig hüpfte ich in den dunklen Tunnel hinein. "Ich werde es niemals bis zum Wald schaffen", murmelte ich.

"Wo ist Mary?", fragte ich, um mich abzulenken.

"Sie...", fing Isabella an, jedoch wurde sie von einem lauten Knall unterbrochen.

"Was war das?", fragte ich etwas geschockt. "Wir müssen uns beeilen. Die Menschen im Schloss sind verloren", murmelte die Frau nach kurzem Zögern.

"Nein! Wir können sie nicht im Stich lassen. Mary!" "Besh! Schweig still. Wir werden entdeckt werden und Mary ist in Sicherheit", fuhr sie mich an.

"Da ist jemand. Ich habe etwas gehört!", rief plötzlich jemand vor uns um die Ecke. Ein Lichtschein näherte sich. Wir beide blieben einen Moment lang wie erstarrt stehen.

"Bash... zurück versteck dich", befahl die Frau und schob mich nach hinten. So schnell ich konnte hüpfte ich davon um die nächste Ecke und spähte zurück.

Isabella rannte gerade aus auf sie Soldaten zu. Ohne Schwert und ohne eine Möglichkeit sich zu verteidigen. Sie ergab sich, um mich zu schützen!

Ich hatte keine Zeit und Kraft mehr sie aufzuhalten und zu retten. Sie war verloren, genauso wie ich. Alleine in den dunklen Gängen unter dem Schloss. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und fing an hilflos durch die schmalen Wege zu irren. Ohne Aussicht auf Erfolg. Verdammt hier zu sein, bis dass diese Wunde mir den Tod brachte.

Die Schwarze Gestalt / ReignWo Geschichten leben. Entdecke jetzt