.XI. 19 Jahre zuvor

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Es war Jeremys Geburtstag, aber wie die Wochen zuvor wollte er sich einfach nur verkriechen.

Sein letztes Gespräch mit Elijah war der Streit im Flur gewesen, denn Elijah mied Jeremy und sah ihn nicht mal mehr an.

Er machte ernst.

Colben hatte Jeremy noch ein paar Mal geschrieben und sich aussprechen wollen, doch Jeremy hatte abgelehnt. Für ihn gab es nichts mehr zu sagen. Er wollte mit Col befreundet bleiben, doch nicht mehr und wenn Col dazu nicht in der Lage war, dann war das eben so. Elijah war der einzige, für den sich Jeremy noch interessierte.

Dank seines Rufes als höchst ansteckende Schulschwuchtel, hatte Jeremy selbst heute nicht viel Aufmerksamkeit in der Schule bekommen und hatte unter dem Radar fliegen könnten.

Es war gut so. Er wollte einfach seine Ruhe.

Was er aber nicht wusste war, dass seine Schwester ihm diese nicht geben würde. Immerhin war es auch ihr Geburtstag und ihr selbst ging es schrecklich. Sie hatte ebenso Liebeskummer wie ihr Bruder, nur dass sie nichts dafür konnte.

Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der ihre Gefühle nicht erwirken konnte. Weil er schwul war. Und Helen hasste es, dass ihr Bruder diesen Mann nicht zu schätzen gewusst hatte.

Das war einer der Gründe, weshalb sie für diesen Abend einfach alles vergessen wollte.

Sie hatte sich von ihren Eltern sturmfrei gewünscht und es erhalten, also plante sie eine große Party. Und diese fand statt. Die gesamte Oberstufe war eingeladen und noch so viele mehr. Helen konnte alles vergessen, sich dem Tanzen und feiern hingeben.

Irgendwann entdeckte sie, wie Elijah von Darvin durch die Menge gezogen wurde, der aussah, als habe er so gar keine Lust zu feiern.

Helen wusste, dass Elijah und Jeremy sich die letzten Wochen freundschaftlich angenähert hatten und da es auch Jeremy schlecht ging, wollte sie wissen, was passiert war. Denn obwohl sie sauer auf ihren Bruder war, liebte sie ihn dennoch und wollte, dass es ihm gut ging.

Der Junge wurde heute 18 und hatte sich in seinem Zimmer eingesperrt. Das konnte sie nicht akzeptieren.

Sie bahnte sich also ihren Weg zu Elijah und Darvin, ehe sie dem Blonden auf die Schulter tippte.

Er sah sie genervt an. „Was ist?"

„Das Gleiche könnte ich dich fragen. Was hast du mit Jeremy gemacht? Ihm geht's total schlecht"

Elijah schnaubte und trank einen Wodkabecher auf ex. „Mir geht es auch schlecht, aber das interessiert natürlich niemanden"

„Mich schon", meinte Darvin und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Elijah schüttelte einfach den Kopf, damit Darvin aufhörte, sich so ekelhaft nett um ihn zu kümmern. Er wollte nur, dass sich eine Person um ihn kümmerte, doch diese hatte ja deutlich gemacht, dass er ihr nichts bedeutete. Zumindest nicht genug.

„Kann ich einfach meine Ruhe haben und saufen?", fragte Elijah, weil Helen und Darvin ihn zulaberten.

Der Junge verzog sich daraufhin genervt und auch etwas verletzt, aber Helen war nicht bereit nachzugeben. „Du bist hier auf meiner Party, vergiss das mal nicht", meinte sie.

Sie erinnerte Elijah ziemlich an ihren Bruder, bis auf die Tatsache, dass er ein Typ war. Offensichtlich. Der hübscheste von allen.
Als Elijah das dachte, kippte er einen weiteren Becher. Es war der sechste am heutigen Abend, mal ganz abgesehen von den 4 Cups Bier.

Elijah diskutierte mit Helen. Er wollte einfach seine Ruhe und trinken, während Helen wissen wollte, was mit Elijah los war.
Sie hatte durch ihre unerwiderte Liebe zu Colben schon genug Sorgen und wollte endlich mal welche aus dem Weg schaffen.

Indes lag Jeremy auf seinem Bett und presste sich das Kissen auf die Ohren, um der lauten Musik zu entgehen. Erfolglos.
Mit wütenden Bewegungen strampelte er die Bettdecke von sich und riss seine Zimmertür auf.

Er wollte nur die Musik etwas leiser machen und sich dann wieder verziehen. Doch so einfach war das nicht, denn bis zum Soundsystem lag noch ein langer langer Weg vor ihm.

Er drängte sich zwischen den Tanzenden durch und schaute sich nach seiner Schwester um, um ihr mitzuteilen, dass er von ihr erwartete, dass diese das Haus nach dieser ganzen Scheiße alleine aufräumte.

In einer Ecke fand er sie. Aber nicht alleine.

Jeremys Herz brach in diesem Augenblick in tausend Stücke, als er sah, wie Elijah seine Schwester küsste. So verlangend.

Helen setzte aber noch einen drauf, als sie die Hand des Jungen nahm und ihn die Treppen hochzogen. Vermutlich ins Schlafzimmer.

Wie erstarrt stand Jeremy da und sah auf die Stelle, die er ab sofort nie wieder ansehen wollte.
Sein Körper setzte sich automatisch in Bewegung, er steuerte in den Garten, um seinem Hirn frische Luft zuzuführen.

Sobald der kalte Sauerstoff ihm entgegen schlug, begann er zu zittern. Vor Kälte, aber auch vor Trauer. Er ließ sich in die Hollywood-Schaukel sinken, starrte wie geschockt einfach gerade aus.

„Du hast auch schon mal besser ausgesehen"

Jeremy erschrak leicht und sah nach links.
Alina saß am anderen Ende der Hollywood-Schaukel und nahm einen großen Schluck Wodka.

„Du siehst aus wie eine erbärmliche Hure, die keiner mehr ficken will, selbst wenn sie kostenlos wäre", gab Jeremy zurück.

Normalerweise sagte er solche Dinge nicht, doch gerade schaltete sein Hirn einfach komplett ab.
Außerdem sah er den Slip der Frau, mit der er hier herumsaß deutlich hervorblitzen, weil das Kleid zu kurz war und sie scherte es nicht.

„Darauf stoße ich an", meinte sie, als ob sie nicht gerade sehr verletzend beleidigt worden, hob die Flasche und nahm nochmals einen Schluck.

Jeremy seufzte, stellte die Ellbogen auf den Knien ab und vergrub das Gesicht in den Händen, ehe er einen frustrierten Brüller von sich gab.

Ihm tat gerade einfach alles weh, wenn er sich vorstelle, was Elijah da oben mit Helen trieb. Wie er sie anfasste. Sie küsste. Alles das, was Jeremy mit ihm machen wollte.

„Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber solltest du nicht eigentlich am Feiern sein?", fragte Alina verwirrt und nuschelnd.

„Bin nicht in Stimmung", brummte Jeremy.

Darauf stupste Alina ihn an und hielt ihm die Wodkaflasche hin. Seufzend nahm er sie und trank einen großen Schluck daraus, ehe er das Gesicht verzog und keuchend hustete.

Alina kicherte. „Du bist das Trinken wohl nicht gewohnt was?" Jeremy schüttelte den Kopf. „Wenn ich dicht bin, bin ich zu rallig und lasse mich von jedem abschleppen. Das will ich eigentlich vermeiden", meinte er, nahm aber nochmal einen Zug.

Je mehr man von diesem Gesöff trank, desto besser wurde es.

„Und jetzt nicht mehr?"

Jeremy schüttelte den Kopf. „Wieso denn auch? Elijah fickt gerade meine Schwester. Ich will einfach nur vergessen"

Alinas Lachen verwirrte Jeremy „Ich wusste schon immer, dass du auf Elijah stehst. Verübeln kann ich es dir nicht" Sie nahm die Flasche wieder an sich und nahm einen großen Schluck, ehe sie ihm zurückgab.

Jeremy trank ebenfalls, denn er bemerkte die Wirkung. Auf nüchternen Magen machte sich der Alkohol ziemlich schnell bemerkbar...

„Ich kann ja auch nichts dafür.", meinte er.
„Elijah ist einfach so..." Er seufzte verträumt, als ihm das richtige Wort nicht einfiel und lies sich zur Seite sinken.
Dadurch landete sein Kopf auf Alinas Schoß.

„Nein, Elijah ist ein Arschloch. Er hat keinen von uns verdient", beschloss Alina und nahm den letzten Schluck aus der Flasche.

„Genau!", pflichtete Jeremy ihr nuschelnd bei.

Alkohol konnte Verbündete schaffen, so wie auch Alina und Jeremy, sodass sie in dieser Nacht etwas taten, das sie für immer aneinander binden würde. Aber nicht nur sie.

Only mortal (Boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt