Ich hörte schon, als ich den Flur betrat, Jays wütende Stimme aus seinem Zimmer.
Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich rannte durch den langen Flur in sein Zimmer.
Die Tür riss ich geräuschvoll auf, stürmte in den Raum, was aber keiner bemerkte, weil alle nur darauf konzentriert waren, wie Jay hier randalierte.
„Jaylin! Hör auf, du machst alles nur noch schlimmer!", schrie Jeremy, während Alina weinte.
„Wieso denn?! Was kann schlimmer sein?! Ich bin doch schon so gut wie tot!!!"
Als er das schrie, riss er sich die Nadel seines Zugangs aus dem Arm und das Blut schoss nur so aus der Vene.
Ich blickte ihn geschockt an, konnte mich nicht bewegen. Er war wach. Und wie wach er war.
Anscheinend kannte er seine Diagnose. Ich fand es schrecklich nicht da gewesen zu sein, als er es erfahren hatte, obwohl ich ja auch nichts daran hätte ändern können.
Jeremy versuchte, Jay zu beruhigen und ein Tuch auf seine blutende Stelle zu pressen, aber Jay stieß seinen Dad nicht gerade sanft von sich weg. Das reichte jetzt.
Ich erlangte die Kontrolle über meinen Körper zurück, ging langsam auf mein Baby zu. „Jayjay, beruhige dich"
Er schien mich gar nicht zu bemerkten, oder er wollte mich einfach nicht da haben, denn als ich ihn beruhigend in den Arm nehmen wollte, schlug er auch mich weg.
Ich ließ mich davon aber nicht beeindrucken, sondern presste ihn an mich, obwohl er auf meinem Brustkorb herum trommelte. Er hatte nicht mehr so viel Kraft wie er es eigentlich haben sollte, das bemerkte auch er.
Aus seinem wütenden Schreien wurde ein verzweifeltes Schluchzen, als er sich einfach gegen meinen Brustkorb fallen ließ und weinte.
Ich umarmte ihn, hielt ihn fest, versuchte für uns beide stark zu sein, auch wenn ich mich so schwach und hilflos fühlte wie niemals zuvor.
„Schh. Ich bin ja da. Ich hab dich, Jayjay. Ich passe auf dich auf. Ich lass nicht zu, dass dir was passiert"
Er zitterte, sein Körper bebte, als er sich an mich klammerte und ich ihn fester an mich presste.
Ich schloss die Augen und zog tief seinen Geruch in meine Nase. Eigentlich wollte ich mich selbst dadurch beruhigen, aber es hatte das Gegenteil zur Folge, denn er roch hauptsächlich nach Blut und... Tod.
„Schh. Ich hab dich", flüsterte ich ihm ins Ohr und küsste die Stelle darüber.
„Ich hab dich", wiederholte ich, solange, bis er sich beruhigte.Es war mir egal, dass Jeremy und Alina uns ansahen und dass Jay sogar seinen Dad geschlagen hatte. Ich wollte ihn einfach nur festhalten und nie mehr loslassen.
„Ich will nicht sterben", schniefte Jay leise.
Ich hörte es trotzdem und drückte ihn fester. „Das wirst du nicht. Ich finde einen Weg. Ich verspreche es"
Vielleicht konnte ihm die Medizin nicht mehr helfen, egal, wie modern sie war, aber Medizin brachte auch keine Toten vom Leben wieder zurück und trotzdem gab es mich und alle anderen Vampire.
Es gab mehr als das, was uns bestätigt war und ich würde die Welt umgraben, um etwas zu finden, das Jay helfen konnte.
Der einfachste Weg war es, einen Wunsch zu äußern, aber das hatte ich schon versucht und Raphael meinte, das konnte nicht funktionieren, weil mit Jays Blut schon mal ein Wunsch geäußert worden war. Der mit seinen Beinen. Hätten wir damals schon all das gewusst, was wir jetzt wussten, wäre nun alles gut.
So musste ich eine andere Möglichkeit finden. Ich war bereit, alles zu tun. Alles zu opfern. Aber mir rannte die Zeit davon.
„Wie?", hauchte Jay verzweifelt und drückte sich noch enger an mich.
Wenn wir nicht aufpassten, dann starb er, weil erstickte aufgrund der festen Umarmung. „Boris, Silas und Raphael suchen schon in den Jägerschriften nach etwas und Charlie hat gesagt, er fragt mal unter den Vampiren rum, ob es etwas gibt, das uns helfen kann. Und ich werde nicht aufgeben, bis wir was gefunden haben und du wieder gesund bist", versprach ich.
„Wieso kannst du mich nicht einfach heilen"?
Das warf ich mir selbst schon seit einer Woche vor...
„Ich kann nur offene Wunden heilen, Jayjay. Bei dem Gewebe in deinem Hirn gibt es nichts mehr zu retten."
Jay schniefte. „Wieso ich? Wieso jetzt? Ich dachte, wir können jetzt endlich zusammen glücklich sein. Ich wollte es so sehr. Aber jetzt bist du unglücklich. Nur wegen mir"
Ich schüttelte schnell den Kopf und schob ihn nur so weit von mir, um sein Gesicht in die Hände nehmen zu können.
„Ich bin nicht unglücklich" Ich strich ihm mit den Daumen die Tränen weg, als ich ihn liebevoll ansah. „Ich bin sehr glücklich, dass du mein Freund bist und dass wir uns lieben. Es geht mir nur schlecht, weil es dir schlecht geht. Das dagegen werde ich etwas unternehmen. Es wird alles gut. Versprochen"Jay sah mich leidend an. „Versprich nichts, das du nicht halten kannst"
Ich sah ihn intensiv an. „Es wird alles gut", wiederholte ich fest. Das war es, was ich seit einer Woche wie ein Mantra in mein Hirn prügelte.
Jay atmete zittrig durch und nickte dann leicht. „Okay. Wenn du das sagst, dann glaube ich dir"
Ich lächelte traurig und strich ihm nochmal die Tränen weg. „Wir wollen doch zusammen die Welt erobern. Das werden wir, nur eben etwas später."
Jay erwiderte mein Lächeln schwach aber ehrlich. „Danke, Austin. Ich liebe dich. Danke für alles..."
„Hei, schhh"
Ich wusste, was er vorhatte und unterbrach ihn durch meine Lippen davon, sich von mir zu verabschieden. „Deine Zeit ist noch nicht vorbei, okay? Nicht solange ich noch genügend Kraft habe, für dich zu kämpfen"„Der Kampf ist doch schon lange verloren", murmelte er enttäuscht.
„Sag das nicht. Der Kampf ist nicht vorbei, solange du noch jemanden hast, der ihn für dich führt. Ich werde immer für dich kämpfen. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue"
Jays Blick brach mit das Herz. Er wollte ja hoffen, das sah man ihm an, aber er war zwiegespalten, denn er wollte sich weitere Enttäuschungen ersparen.
„Was hat Boris in meiner Zukunft gesehen?"
Als er das fragte, biss ich die Zähne zusammen. Er wusste, was das bedeutete. Alle wussten das.
Boris hatte Jays Todesschreie gehört und danach nie wieder von ihm geträumt.
Das sagte so viel aus, aber für mich bedeutete es gar nichts.
Das einzige, woran ich glaubte, war, dass ich Jay liebte und wahre Liebe über alles siegen konnte.
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Only mortal (Boyxboy)
Random-Als er mein Zögern bemerkte, kurz bevor ich angekommen war und gerade dabei war, meine Hand wieder zurückzuziehen, bevor ich ihn berührte, griff er nach meinem Handgelenk und legte meine Hand auf seine Seite. Und ich spürte sie wieder, diese Wärme...