Kapitel 22

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Aiden

Alice schaute mich etwas komisch an. Ihren Blick konnte ich nicht richtig deuten, aber ich wusste, dass sie meine Worte aufhorchen ließ. So sollte das auch sein. Sie wollte Spaß haben und etwas erleben? Dann würde ich dafür sorgen, dass sie welchen bekam. Zumindest, was ich darunter verstand. Ausgenommen irgendwelche Ärsche zu quälen und denen die Finger Stück für Stück abzutrennen. Also in dieser Hinsicht müsste sie sich definitiv keine Gedanken machen. Ich hatte nämlich eher eine andere Idee, aber das erfuhr sie erst, wenn wir dort ankamen.

Wir mussten, um dort hinzukommen, ein Stück mit dem Auto fahren. So weit würde es nicht werden, aber um die Ecke war es auch nicht wirklich. Zu Fuß mit Sicherheit zu weit, außer man hätte Bock eine Stunde durch die Gegend zu laufen. Ich freute mich schon richtig darauf. Schon einige Wochen war ich nicht mehr dagewesen, auch wenn es sonst immer jedes Wochenende war. Es machte Spaß. Und ich war einer, auf den gesetzt wurde; der gewann. McCain hatte die Fights mit denen er Kohle verdiente und ich halt etwas anderes. Genau darum ging es.

Irgendwie ließ ich Alice ein Stück meines Lebens teilhaben. Sie konnte sich geehrt fühlen, denn auch wenn die Menschen, die mich kannten, wussten, was ich trieb, hatte sie mich noch nicht richtig kennengelernt. Es freute mich und ich war gespannt, wie sie es auffasste. Lief sie weg oder entschied sie sich für diesen Weg, zumindest für ein paar wenige Stunden?

Und auch, wenn sie ein Mädchen war, die ihre Gefühle ziemlich gut versteckte, hatte ich sie mittlerweile genau beobachtet, sodass ich wusste, was ihr nicht passte. Nicht zu wissen, was passierte, kotzte sie an und auch noch am Nachmittag lag sie mir damit in den Ohren, dass ich ihr verraten sollte, was ich mit ihr vorhatte. Sie war neugierig. Das erinnerte mich an jemanden. An ihre Schwester. Das wurde ihr schon zum Verhängnis. Hoffentlich war Alice etwas anders und konnte sich in einigen Momenten zusammenreißen, denn dort, wo wir hinfahren würden, sollte sie nicht so viel quatschen. Auf jeden Fall nicht bei den falschen Leuten.

»Jetzt gebe mir doch wenigstens einen kleinen Tipp«, lauerte mir Alice auf dem Flur nach, als ich gerade in mein Zimmer gehen wollte. Ich verdrehte süffisant die Augen. Sie war echt süß, wenn sie mir so auf den Sack ging. »Warte ab. Du wirst es schon zeitig genug erfahren«, feixte ich. »Das will ich aber nicht«, murmelte sie nun etwas leiser, da Jacob Melone auf uns zu kam. Umso näher er schritt, umso mehr versteifte sich Alice, die nun etwas Abstand zu mir nahm. Am liebsten hätte ich sie einfach in meine Arme gerissen und fest an mich gedrückt. Trotzdem verstand ich ihre Reaktion eindeutig. 

Melone war schon einer, der unangenehmen Sorte. Auch, wenn er einem nichts tat, fühlte man sich nicht wohl in seiner Nähe. Vielleicht lag es an seinem düsteren Blick oder eventuell an seiner Art im Allgemeinen. Er hatte etwas komisch an sich. Zwar war er ein treuer Freund und holte uns des Öfteren aus der Scheiße, nichtsdestotrotz schien er nie gute Laune zu haben. Möglicherweise brauchte er auch bloß eine Frau, aber wer nahm schon so einen Griesgram? Richtig. Niemand.

»Was gibt es?«, fragte ich zugleich, als er vor uns zum Stehen kam. Sein Blick fiel zuerst auf Alice, die ihn mit erhobenem Kinn anstarrte. Das mochte ich so sehr an ihr. Sie war stark. Stärker, als jede andere Frau, die ich bisher kannte und sie war nicht dumm, wusste genau, bei wem sie lieber den Mund hielt und tat es zu diesem Zeitpunkt an der richtigen Stelle. Außerdem war sie daran interessiert was er wollte. Das erkannte ich in ihrem Gesicht. Aufmerksam sah sie uns beide an, worauf Melone sich dann zu mir wandte. »Heute Abend habe ich was für dich klar gemacht. Komm wieder heil zurück. Soll dich jemand begleiten?« Wieso kam er nun damit?

»Nein. Ich komme schon klar!«, sprach ich schnell, denn ich hatte meine Begleitung schon und das war nun einmal Alice. »Gar keinen?«, fragte er nach und sah mir forschend in die Augen. Ich kannte Jacob gut genug, dass er sich nicht gern für dumm verkaufen ließ und auch nicht so dämlich war, um ihn zu verarschen. Seine braunen Augen ließen von mir wieder ab und schwenkten zu Alice, die noch immer auf eine Antwort wartete. Dass sie nichts dazu sagte war klar, denn wenn, dann fiel das wohl oder übel ins Wasser. Jedoch war da noch Jacob, der mich plötzlich unverhofft fragte: »Hast du mir irgendetwas zu sagen?«

Dark Attraction I - RulesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt