Kapitel 7

49 5 0
                                    

Flüsternde Schatten und weißes Licht.

Graue Reflexionen, die das Dunkel verschleierten und matt werden ließen.

Zara schlug die Augen auf. Sie schwebte in einem Gewirr aus Nebel und Funken, vor ihr eine Frau mit blonden, beinahe weißen Haaren. Ihre Haut war blass und die Augen strahlten wie Diamanten im Mondlicht. Sie trug ein Kleid, das aussah, als wäre es aufwändig mit tausenden und abertausenden Edelsteinen besetzt worden. Es umfloss ihre Figur wie der Kokon eines anmutigen Schmetterlings und bei jeder Bewegung schimmerte und glitzerte der Stoff.

Zara wollte sich aufrichten, doch es gab keinen Boden, auf dem sie sich hätte halten können. Kurzzeitig hatte sie das Gefühl zu fallen und Panik stieg in ihr auf.

Doch sie fiel nicht. Die Zeit hielt sie gefangen an einem Ort außerhalb jeder Schwerkraft.

Was um alles in der Welt tat sie hier?

„Bist du... Luvah?", hörte sie sich fragen. Sie dachte, sie hätte den Namen vergessen, den die Stimme ihr genannt hatte. Luvah. Es klang wie ein Name aus alten Zeiten, eine Legende, ein Versprechen...

Die Frau im Kleid richtete ihren kühlen Blick auf Zara. Unter dem Funkeln der Diamanten fühlte Zara sich klein und wertlos. Sie spürte, dass etwas Bedeutsames geschah. Etwas, das über ihren Verstand hinausging. Sie war nur ein kleiner, unwichtiger Teil von etwas, das so groß war, dass sie es in seiner Gänze nicht erfassen konnte. Schlagartig wurde ihr kalt.

Luvah machte sich nicht die Mühe, ihre Frage zu beantworten. Gebieterisch hob sie eine Hand. Ihre Stimme hallte durch den raumlosen Traum, mit einem einzigen Befehl:

„Geh."

Zara wusste, wohin und Zara kannte den Weg, den sie nehmen musste.

Sie tat, wie geheißen...

...

„Hey!" Eine Hand schlug Zara ins Gesicht. Ihr Kopf dröhnte, wie, als hätte sie schon mehrere Ohrfeigen kassiert. „Wach auf, haf ich wesafft!" Ein weiterer Schlag raste auf sie zu und traf sie mit voller Wucht.

Zara schrie auf und riss die Hände schützend vor das Gesicht. Sie brauchte einen Moment, um wieder ganz zu Sinnen zu kommen. Jemand presste ihre Beine mit seinem Gewicht zu Boden. Erschrocken erkannte Zara, wer sich über sie gebeugt hatte.

Das narbenübersäte Gesicht grinste ihr selbstgefällig entgegen. „Gehf doch."

Schaudernd wand Zara sich aus Pests Griff und kroch rückwärts, um Abstand zu gewinnen. Ein kurzer Blick zeigte, dass sie sich im großen Saal befanden, der inzwischen menschenleer war. Aus einem der Gänge hörte sie Schritte, kurz darauf eilte Klinge herein.

„Was ist hier los?"

„Khá's Mäfchen is' geschlafwandelf. Haf vor fich hin gemurmelf und so komisch geleuchfef."

Zara schaute an sich herunter. Sie meinte, ein schwaches Licht wahrzunehmen, das sie wie eine Aura umgab. Eine Art Nachhall von dem, was Pest gesehen hatte, wenn er die Wahrheit sprach. Sie konnte sich aber auch täuschen.

Klinge kniete sich zu ihnen. Die enge Lederhose vom Vortag hatte sie gegen eine bequeme Pluderhose und ein ärmelloses Hemd getauscht. „Bist du in Ordnung?", fragte sie. Zara nickte. Mit einiger Anstrengung hievte sie sich auf die Beine, die sich anfühlten wie Butter. Klinge betrachtete sie stirnrunzelnd. „Was ist passiert?"

Zara hob die Schultern. „Ich habe schlecht geträumt..." Mehr wollte sie den beiden nicht anvertrauen. Sie erinnerte sich dunkel an die merkwürdige Vision, die sie im Schlaf heimgesucht hatte. Es hatte sich nicht angefühlt wie ein Traum. Viel eher, als hätte jemand mir ihr Kontakt aufzunehmen versucht... Luvah...

YuvialWo Geschichten leben. Entdecke jetzt