Klinge wirkte aufgebracht. „Wir sollen den Zékkra den Palast überlassen oder sie greifen an", informierte sie völlig außer Atem.
Khámin war sofort bei der Sache. „Wie viele sind es?"
„Zu viele."
Klinges Besorgnis machte Zara Angst. Wenn es etwas gab, vor dem sich die hartgesottene Diebin fürchtete, musste es wirklich gefährlich sein.
Zara bemerkte, dass Klinge sie anstarrte, doch nun war nicht der Zeitpunkt für Erklärungen.
Khámin zögerte, doch letztendlich musste er der Diebin rechtgeben. Vermutlich hatten die Magier den König niemals angegriffen, um ihren guten Ruf zu wahren. Doch jetzt, wo eine Gruppe lumpiger Diebe den Palast bevölkerte, sahen sie ihre Chance kommen.
Gegen Magie konnten die Diebe wenig ausrichten. Khámin musste den Palast wohl oder übel abgeben, wenn er das Leben seiner Leute nicht aufs Spiel setzen wollte...
Der König der Diebe sprang aus dem Bett und warf sich seine Kleidung über. „Du bleibst hier", entschied er an Zara gewandt. Dann verließ er gemeinsam mit Klinge das Zimmer.
Zara, die gar nicht daran dachte, seinen Worten Folge zu leisten, griff ebenfalls nach ihren Sachen. In ihrer beerenfarbenen Uniform sah sie nun endlich wieder aus wie eine echte Fajzzeh – das Braun der Wüste harmonierte nunmal einfach besser, als der weiße Schnee der Nordlande. Mit einem Band befestigte sie ihre Haare am Hinterkopf, während sie auf den Gang hinauseilte. In ihrem Geist suchte sie nach einer Reaktion von Luvah – Fehlanzeige.
Aus der Haupthalle nahm Zara Unruhen wahr. Sie eilte zum Haupteingang. Von der erhöhten Empore erkannte sie, dass nahezu alle Diebe sich in der großen Halle versammelt hatten. Sie hatten ihre Waffen gezogen. Die Luft war getränkt von grimmiger Entschlossenheit. Zara warf einen raschen Blick über das Geländer. Khámin erspähte sie nicht.
Einer Eingebung folgend hastete Zara die Treppe hinauf, die in das zweite Stockwerk führte. Hier gab es eine ebenso große Halle, jedoch weniger Diebe und eine breite Flügeltür, die auf einen ausladenden Balkon führte.
Schon von Weitem erkannte Zara, dass die Tür nach draußen geöffnet war. Khámin stand am Balkongeländer, den Blick fest in den Palastgarten gerichtet. Neben ihm hatte sich Klinge positioniert. Auch Zamuel und Meridea standen in der Nähe, so versteckt, dass man sie nicht sehen konnte. Mit geschlossenen Augen lehnte Zamuel an einem Türflügel. Er schien angespannt, konzentrierte sich auf etwas, das Zara weder sehen noch wahrnehmen konnte.
Meridea warf Zara einen schrägen Seitenblick zu, als sie an ihr vorbeieilte, der wohl ihrer Hautfarbe geschuldet war. Zara eilte auf den Balkon und stellte sich neben Klinge. Als sie einen Blick in den Garten warf, stockte ihr der Atem.
Vor den Toren des Palastes hatte sich eine kleine Armee zusammengerottet. Zara erkannte die Zauberer an ihren langen Roben. Auf der Brust eines jeden prangte ein Medaillon mit dem Symbol der Zékkra. Hinter ihnen, ein Stück abseits des Geschehens, hatten sich Bürger aus Yuvial versammelt – vermutlich wollten sie den Kampf zwischen der Magierschule und den Dieben verfolgen. Vielleicht hatte das Gerücht, der König sei tot, bereits die Runde gemacht. Für die Menschen unten vor dem Hof ging es um die Frage, wer sie von nun an regieren würde.
Der Leiter der Zékkra trat nun vor. Zara erinnerte sich an sein Gesicht, nicht aber an seinen Namen. Seine Stimme wurde durch Magie verstärkt, sodass ausnahmslos alle Anwesenden, auch die gemeine Bevölkerung vor den Toren, ihn verstehen konnten.
„Ich, Zék Tromeh, Schulleiter der Zékkra, fordere die sofortige Herausgabe des Palastgebäudes, sowie allen Angehörigen des Adelshauses. Kein diebisches Lumpengesinde hat ein Anrecht darauf, den Herrschersitz Yuvials zu schänden, zu zerstören und mit seinem Gestank zu verpesten. Auf Hochverrat steht die Todesstrafe. Kommt heraus, auf dass der Gerechtigkeit Genüge getan werden wird."
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Yuvial
FantasyZara konzentrierte sich auf den Horizont und auf die Dünen, die im Mondlicht fahl wirkten, beinahe weiß. Der Gedanke an ihre Mutter ließ das schlechte Gewissen wieder aufkommen. Sie stellte sich vor, wie sie in diesem Moment auf dem Diwan hockte, st...