Kapitel 7

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"Ich erzähle dir von einer Zeit, in der es noch fünf Gründerfamilien gab."

Mit erhobenen Augenbrauen starrte ich sie an. Fünf Gründerfamilien? Ich musste mich verhört haben.

"Alruwea wurde von fünf Anführern der mächtigsten Gruppen gegründet. Elvira de Videns aus dem Hause der Seher mit dem Wappen des allsehenden Auges. Nero de Custos aus dem Hause der Wächter mit dem Wappen des Schildes. Cäcilia de Medicus aus dem Hause der Heiler mit dem Wappen der heilenden Hände. Alexei de Pugnatori aus dem Hause der Kämpfer mit dem Wappen des Schwertes und Aarom de Magi aus dem Hause der Magier mit dem Wappen des Stabes. Jahrzehnte lang regierten die fünf Häuser Hand in Hand - bis die Magi von den anderen beschuldigt wurde, im Geheimen einen Anschlag auf das Haus der Medicus zu planen. Doch der wahre Grund war Angst. Angst bringt Menschen dazu Dinge zu tun, die nicht mehr ungeschehen gemacht werden können. Die anderen Häuser hatten Angst vor der Macht der Magi. Es kam zum Kampf. Vier Häuser gegen eins. Du kannst dir vorstellen wie das geendet hat?"

Benommen nickte ich. Ich war immer noch von der Tatsache geschockt, dass es einst fünf Gründerfamilien gegeben haben soll.

"Das Haus der Magi wurde vernichtet. Die Magie wurde im ganzen Land verboten, denn nur ein Magi konnte diese Kräfte anwenden."

Ich hörte nur noch mit einem Ohr zu. Konnte das sein? Wie in Trance stand ich auf und holte den Ring meines Vaters aus meinem Schrank.

"War mein Vater ein Magi?"

Mein Herz klopfte so wild, dass ich Angst hatte, es würde mir aus der Brust springen. Meine Mutter nickte.

"Ja, dein Vater war ein Magi. Dies ist sein Siegelring. Mit dem Wappen des Stabes. Das Zeichen des Hauses der Magi."

Deswegen bin ich ohne Vater aufgewachsen. Er wurde getötet, weil er ein Magi war. Langsam sank ich neben meine Mutter auf das Bett zurück. Was war mit mir?

"Ambra, du bist auch eine Magi. Womöglich die Letzte."

Es war nur ein Flüstern, doch in meinen Ohren klang es wie ein Schrei. Das war zu viel. Die Lichtkugeln, das Schweben und zu guter Letzt der Abdruck meines Fußes, der nun meinen Zimmerboden schmückte. All das waren Beweise dafür, dass ich die Kraft der Magi in mir trug. Angst schnürte mir die Kehle zu.

"Ich kann nicht zu dem Ball nach Alruwea. Sie werden mich umbringen. Ich kann meine Kraft nicht beherrschen."

Mein Körper bebte. Mir war heiß und kalt zugleich.

"Ambra, bitte beruhige dich, bevor noch etwas passiert. Du kannst deine Kraft vielleicht jetzt noch nicht beherrschen, aber ich werde dich darauf  vorbereiten. Wir haben noch Zeit. Eine Woche. Ich helfe dir."

Gedanken vernebelten mein Gehirn. Klar denken war unmöglich - und dennoch...Wenn ich die Letzte der Magi war...

"Von welchem Haus stammst du ab?"

Meine Mutter schaute weg, bevor sie mir antwortete: "Wer sagt, dass man von einem Haus abstammen muss?"

"Bitte, Mum."

Seufzend ließ sie die Schultern sinken.

"Vom Haus der Medicus."

Stirnrunzelnd sah ich sie an. War das ihr ernst?

"Wo doch die Magi einen Anschlag auf euer Haus geplant hatten?"

Meine Mutter schüttelte den Kopf.

"Wie ich sagte, das war nicht der wahre Grund. Das war nur ein Vorwand um anzugreifen. Was denkst du, warum ich hier lebe? Warum wir hier leben?"

"Warum?"

Wenn ich antworten wollte, musste ich diese Frage stellen.

"Als meine Eltern davon erfahren haben, dass ich von einem Magi schwanger war und wir heiraten wollten, war das für sie Hochverrat. Sie stellten mich vor die Wahl. Die Familie oder die Liebe."

Tränen glänzten in ihren Augen. Sie hatte sich für die Liebe entschieden und ihrer Familie den Rücken gekehrt. Und als mein Vater getötet wurde, war sie ganz allein mit einem kleinen Kind. Mit mir. Ihre warmen Hände umfassten mein Gesicht und ich war gezwungen sie anzusehen.

"Ich habe mich richtig entschieden und ich würde mich immer wieder so entscheiden, Ambra."

Ich nahm sie in den Arm und hielt sie fest.

"Ich hab dich lieb."





Die Erbin der MagiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt