Schweiß tropfte mir von der Stirn. Meine Lungen brannten. Doch ich rannte weiter. Meine Augen glühten. Überall um mich herum war Rauch. Ich konnte Schreie hören, hilflose Frauen und Kinder. Meine Füße trugen mich weiter. Ich durfte nicht stehen bleiben. Sie dürfen mich nicht kriegen. Sonst wäre alles verloren. Ich bog um eine Ecke. Sackgasse. Als ich mich umdrehte, hörte ich ein vertrautes Lachen. Diese vertrauten Augen. Der nächste Schrei war mein eigener.
Schweißgebadet erwachte ich aus dem Schlaf. Meine Haare hingen in mein Gesicht. Es dauerte eine Weile bis ich realisierte, wo ich war. Da ich die Vorhänge am Abend nicht zugezogen hatte, sah ich, dass es draußen bereits dämmerte. Anstatt mich wieder hinzulegen, beschloss ich duschen zu gehen. Der erste Schritt jedoch ging zum Waschbecken. Dort wusch ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser. Der Schock des Traumes hing mir noch in den Knochen. Der Traum, den man in der ersten Nacht träumte, wenn man woanders war, würde wahr werden. Ich hoffte, dass es nicht so sein würde. Denn wer wollte schon, dass sein Albtraum in Erfüllung geht?
Als Lydia meine Räume betrat, saß ich schon fertig angezogen und gekämmt auf dem Sofa und las. Ich hatte mir ein Buch aus dem Regal genommen und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. So lange schon wollte ich einfach nur herumliegen und lesen können. Doch dafür hatte ich Zuhause weder die Zeit noch die Bücher.
"Guten Morgen, Miss Ambra."
Lydia stellte ein Tablett mit einer Kanne und einer Tasse auf den Tisch. Peinlich berührt von der förmlichen Anrede, klappte ich das Buch zu und beobachtete sie, wie sie mir Tee einschenkte.
"Vielen Dank, Lydia. Aber bitte lass das Miss weg. Ambra reicht vollkommen."
"Aber..."
"Bitte."
Flehend sah ich sie an. Ich würde es noch oft genug aus den Mündern von anderen hören. Lydia seufzte.
"Wie du wünschst, Ambra."
Ich lächelte sie an, nahm meine Tasse und nippte an dem Tee. Es klopfte an der Tür und ich prüfte schnell meine Frisur. Ich hatte Dante's Kuss auf meine Wange nicht vergessen. Doch leider war es nicht Dante, der da durch meine Tür kam.
"Guten Morgen", fröhlich betrat Alexandra de Medicus mein Wohnzimmer. Ich stand auf und wollte knicksen, aber sie hielt mich davon ab.
"Aber nicht doch, meine Liebe. Vor mir brauchst du nicht knicksen."
Ihre grünen Augen leuchteten. Sie trug ein wunderschönes, gelbes Kleid, dass sehr eng anlag und ihren kleinen Bauch nicht verbarg. Als sie meinen Blick sah, legte sie die Hand auf die Rundung.
"Ja, langsam nicht mehr zu übersehen. Ich bin im vierten Monat."
Ich bot ihr einen Platz auf dem Sofa an, den sie dankend ablehnte.
"Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass wir nach dem Frühstück mit deinem Unterricht beginnen."
Unterricht? Ich schluckte. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich hier unterrichtet werden sollte. Ich hatte überhaupt keine Vorstellung davon, was mich hier erwarten würde.
"Keine Sorge."
Sie zwinkerte mir zu.
"Heute ist Malen dran und anschließend Tanzen. Da wird mit Sicherheit Dante dabei sein."
Sie grinste von einem Ohr zum anderen, während mir die Röte in die Wangen schoss. Sie winkte mir nochmal zu.
"Also, bis gleich beim Frühstück."
Zu Lydia sagte sie noch: "Ein schlichtes Kleid und die Haare zu einem Zopf. Das dürfte reichen."
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Die Erbin der Magi
FantasyAmbra ist jung, schön und mittellos. Daher lebt sie gemeinsam mit ihrer Mutter weit entfernt vom Zentrum der Stadt Alruwea. Was niemand wissen darf - Ambra beherrscht die Kunst der Magie. Doch diese ist schon vor ihrer Geburt in ganz Alruwea verbote...