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Nachdem ich gestern hundemüde ins Bett gefallen bin, habe ich nun das Gefühl meinen Wecker ermorden zu können. Er plärrt einfach viel zu laut und auch wenn schon die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster scheinen, ist es einfach unzumutbar so früh aufzustehen. Kann man nicht einfach Schule ab neun Uhr haben?
"Jessi, aufstehen!", ruft meine Mutter von außen. Also quäle ich mich aus meinem warmen Bett, ziehe mir schnell eine schwarze Jeans und ein Karohemd über einem weißen Shirt an und Falle die Treppe förmlich nach unten.
"Guten Morgen!", begrüßt mich meine Mutter wie jeden Morgen fröhlich. Sie ist immer und überall total motiviert, wohingegen ich ein Morgenmuffel und sonst auch ziemlich faul bin. Allerdings haben Personen, die nichts runterziehen kann, meine vollste Bewunderung.
"Morgen.", murmele Ich, denn gut ist er keineswegs. Solange am Kalender nicht Samstag oder Sonntag steht, bin ich selten der Meinung, dass ein Tag gut werden kann. Außerdem ist sechs Uhr eindeutig zu früh!
Ich setze mich auf meinen Platz am Tisch und Mama stellt mir eine Tasse mit heißem, duftendem Kaffee vor die Nase.
"Danke." Ich reibe mir verschlafen die Augen und Mama setzt sich mir gegenüber, wo sie beginnt sich ein Marmeladenbrot zu schmieren. Ich widme mich eher wie jeden Morgen meinem Glas Nutella und wenig später mampfen wir beide friedlich und still vor uns hin.

Ich hetze ins Bad, dann zurück in mein Zimmer, um mir meine Tasche zu schnappen. Als ich wieder unten angelangt bin schlüpfe ich schnell in meine Schuhe. Mist, ich bin schon wieder einige Minuten zu spät!

"Vergiss deine Jacke nicht! Heute soll es noch stürmen.", erinnert mich meine Mutter und nachdem ich meine Jacke genommen hatte, stürme ich schon wie jeden Morgen mit einem "Bis später. Hab dich lieb!", durch die Haustür. Bevor ich die Antwort von Mama höre, fällt die Tür auch schon wieder hinter mir ins Schloss. Ich erwische gerade noch so den Bus und bi sogar überpünktlich in der Schule, wo ich mich vor unser Klassenzimmer auf den Boden sinken lasse und auf den Unterrichtsbeginn warte. 


Ich sitze im Matheunterricht und male die Kästchen in meinem Heft an. Ich wurde zwar schon zwei mal von meiner Lehrerin ermahnt, aber als sie gemerkt hatte, dass ich mit der Aufgabe bereits fertig bin, hat sie mich endlich in Ruhe gelassen. Draußen stürmt es, die Bäume auf dem Pausenhof wiegen bedrohlich im Wind und harte Regentropfen prasseln gegen die Fensterscheiben. Meine Sitznachbarin quatscht mit ihren beiden besten Freundinnen am nächsten Tisch, ich habe anfangs, wie so oft, heimlich mitgehört, aber die Beziehungsprobleme von anderen interessieren mich herzlich wenig. 

"Also, wer möchte die Aufgabe denn vorstellen?", beendet meine Lehrerin die Stillarbeitsphase. Wie erwartet meldet sich natürlich niemand freiwillig und die Blicke der Lehrerin schweifen durch die Klasse.

"Jessica, wie wäre es mit dir? Du warst doch schon so früh fertig.", lächelt sie mich schließlich an.

"Also...ich...ähm..."

"Ja, Jessica. Wenn du es so gut kannst, solltest du sie vorstellen!", wirft Kimberly hinter mir ein. Die ganze Klasse lacht und der Druck in mir steigt.

"Die Schülerin Jessica Müller aus der Klasse 10 b möchte sich bitte umgehend im Sekretariat melden.", ertönt eine Durchsage und bei der Nennung meines Namens, springe ich sofort erleichtert auf. Gerade noch gerettet!

"Na schön, du kannst gehen Jessica. Nehm' deine Sachen mit, es ist sowieso gleich Pause. Kimberly, komm doch vor und zeig uns deine Lösung!" 

Geschieht ihr recht! In Windeseile packe ich meine Hefte und Stifte in meine Tasche und verlasse das Klassenzimmer. Obwohl ich gerade eben noch erleichtert war, fühlten sich meine Beine nun an wie Pudding. Was könnten sie von mir wollen? Habe ich etwas angestellt, von dem ich nichts weiß? Naja, so schlimm kann es auch wieder nicht sein. Ich steige die Treppen des Schulgebäudes herunter zum Sekretariat und klopfe an die geschlossene Tür. Die Sekretärin bittet mich freundlich herein.

"Du bist Jessica, oder?"

"Ja, Sie wollten mich sprechen?" Als Antwort darauf nickt die Sekretärin nur und weist mich an mich doch zu setzen. Ich tue wie mir geheißen, lasse die Tasche neben mich auf den Boden sinken und lächele sie erwartungsvoll an.

"Jessica, es tut mir so leid, dass ich dir das jetzt sagen muss. Ich habe gerade einen Anruf erhalten. Deine Mutter war in einen Autounfall verwickelt und direkt an der Unfallstelle verstorben..."

Was sie danach sagte, bekomme ich gar nicht mehr mit. Die Welt verschwimmt vor meinen Augen, ohne, dass ich etwas dagegen tun kann...


Bigger Life || Michael Patrick Kelly | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt