Nachdem ich die Stunde Biologie heil überstanden habe, wo ich zwischen Chiara und einem Jungen namens Finn sitze, bin ich froh, als uns der Gong endlich rettet. Die Stunde hat sich echt gezogen und war zudem einfach nur langweilig.
"Jessica, komm noch mal bitte zu mir.", fordert mich der Lehrer auf. Ich stopfe schnell meine Bücher in meine Tasche und stehe schließlich mit Chiara und Finn auf. Er ist beinahe zwei Köpfe größer als ich und lächelt mir kurz zu.
"Wir warten draußen auf dich!", verkündet er noch schnell, bevor er Chiara bei sich unterhakt und die beiden den Raum verlassen. Ich folge ihnen ein Stück, bleibe aber schließlich vor dem Pult stehen. Der Lehrer scheint ganz in seine Arbeit vertieft und bemerkt mich erst, als ich mich zum zweiten Mal räuspere. Er sieht auf und mustert mich kurz, während er seine Brille hochschiebt und seine Krawatte richtet. Unter seinem strengen Blick möchte ich am liebsten im Erdboden versinken, halte ihm aber stand.
"Seit wann bist du in der Klasse? Seit Anfang der Woche?", fragt er mich schließlich ziemlich desinteressiert.
"Nein, heute ist mein erster Tag." Er nickt.
"Auch schön. Naja, um gleich zur Sache zu kommen: Nächste Woche Freitag schreiben wir einen Test und da du keine Probezeit hast, musst du ihn mitschreiben und er wird auch gewertet werden.", erklärt er mir kurz. Nun bin ich diejenige die nickt.
"Ich hab dir hier die Kapitel im Buch aufgeschrieben." Er reicht mir einen Zettel, auf dem in Schmierschrift einige Zahlen und Buchseiten geschrieben sind. "Die arbeitest du bitte selbstständig durch und zusätzlich kannst du dir die Notizen von einem deiner Klassenkameraden besorgen." Von der langen Liste an Zahlen wird mir schon schwindelig und der Gedanke den ganzen Stoff lernen zu müssen, setzt sich jetzt schlagartig in meinem Kopf fest.
"Und jetzt raus mit dir. Du musst zur nächsten Stunde!", schmeißt er mich aus dem Raum. Nach einem Blick auf die Liste schlucke ich nochmal kurz, bedanke mich dann aber dennoch bei ihm. Draußen warten noch Finn und Chiara auf uns, als ich mit dem flatternden Blatt aus dem Klassenzimmer eile.
"Danke, dass ihr gewartet habt!"
"Kein Problem! Was wollte er von dir?", fragt Chiara sofort, während sie mich durch die Gänge zu unserem nächsten Zimmer begleiten.
"Wegen dem Test nächste Woche. Kann ich von jemandem von euch noch mir die Notizen leihen?", frage ich vorsichtig.
"Klar, ich kopier sie dir!", bietet Finn direkt an und streicht sich eine dunkelblonde Haarsträhne aus der Stirn.
Nachdem ich die restlichen der Unterrichtsstunden besonders mit Chiaras und Finns Hilfe überlebt habe, schlendere ich endlich über den Pausenhof, wo die beiden ihre Fahrräder aufschließen.
"Wohin musst du eigentlich?", fragt mich Chiara, als sie ihren Rucksack in ihren Korb am Gepäckträger stellt.
"Nur zu der Bushaltestellestelle da um die Ecke.", antworte ich und strecke meinen Arm in die ungefähre Richtung.
"Ah, den Bus muss Sophia auch benutzen.", sagt sie nach einer kurzen Denkpause und Finn nickt nur zustimmend.
"Sophia?", muss ich aber verwundert Fragen. Den Namen hatte ich heute noch nicht gehört.
"Ja, sie ist mit eine unserer besten Freundinnen.", erklärt sie mir schließlich ausführlich. "Naja, eigentlich sind es nur Finn, Sophia, ich und jetzt auch du!", grinst sie mich an und wir gehen neben ihren Fahrrädern her zum Eingang des Pausenhofs.
"Sie kommt aus so nem kleinen Kuhkaff ungefähr eine halbe Stunde von hier entfernt." Sie klemmt eine Locke wieder zurück hinter ihr Ohr, während sie mir den Ortsnamen sagt, der mir direkt bekannt vorkommt.
"Hey! Da komm ich auch her! Und so ein Kuhkaff ist es nicht!", beschwere ich mich sofort, bevor aber auch Finn ihr beipflichtet, dass es ein Kuhkaff sei. Danach erklärt er mir, dass Sophia heute krank ist, aber normalerweise ebenfalls in unsere Klasse geht und morgen bestimmt wieder anwesend sein wird. Und auch, dass ich sie sicherlich lieben werde.
Nachdem ich den beiden noch meine Handynummer gegeben habe, verabschiede ich mich ausführlich von ihnen und laufe gemütlich zu meiner Bushaltestelle. Ich bin irgendwie befreit, dass ich so schnell Freunde gefunden habe und freue mich schon jetzt darauf die beiden, und auch Sophia, morgen wiedersehen zu können, zudem sie mir noch angeboten haben, in ihrer Reihe sitzen zu bleiben, da ohnehin ein Platz frei ist. Ich sehe während der Busfahrt aus dem Fenster, wo die Stadt sich langsam in die ländlichere Gegend verwandelt, in der ich mich gleich viel wohler fühle. Fröhlich springe ich aus dem Bus und schlängele mich durch die kleinen Gassen des Dorfes, aus dem angeblich auch Sophia kommt, bis ich endlich den Trampelpfad über die Wiese nach Hause folge. Ich habe keine Hausaufgaben auf, sodass ich mir für heute lediglich vorgenommen habe, mir eine Übersicht über den Bio-Stoff zu verschaffen, da wir morgen bereits die nächste und vorletzte Stunde vor dem Test haben.
Ich schlendere über den Hof, wo Paddys Auto steht. Er ist also Zuhause! Kaum nachdem ich die Tür aufgesperrt habe, begrüßt er mich bereits und erkundigt sich nach meinem Schultag. Ich erzähle ihm jedes kleine Detail während dem Mittagessen, nachdem ich meine Schulsachen auf mein Zimmer gebracht habe.
"Na das freut mich aber! Ich glaube ich kenne Sophia sogar, oder viel besser ihre Oma.", sagt er anschließend mit vollem Mund.
"Sie hat ein kleines Cafe im Dorf. Direkt auf dem Dorfplatz neben der Kirche. Ist das einzige Geschäft dort drüben, aber hat seinen Charme und echt guten, selbstgebackenen Kuchen. Wenn du willst können wir heute mal rüber gucken. Dann kannst du Sophia schon kennenlernen."
"Nein, sie hat doch keine Ahnung wer ich bin und außerdem ist sie heute doch sowieso krank. Aber ein andermal gerne!"
"Okay. Wenn wir dann heute Nachmittag nichts vorhaben hast du Lust mir auf dem Hof zu helfen? Ich kann ein paar Hände die mit anpacken sehr gut gebrauchen."
Zwischen zwei Bissen nicke ich nur und befinde mich den Rest des Tages mit Paddy draußen auf dem Gelände. Nachdem er mir noch etwas genauer den Gemüsegarten und ein paar Tiergehege gezeigt hat und einmal durch die wirklich geräumige Scheune seine Tour gedreht hat, helfe ich ihm bei einfachen Gartenarbeiten oder auch beim reparieren des Zauns vom Kaninchengehege. Eigentlich soll ich nur die Kaninchen davon abhalten, ihm im Weg rum zu hopsen oder gar ganz zu entwischen, aber den Großteil der Zeit verbringe ich damit mit ihnen zu knuddeln oder ihnen kleine Leckerchen zuzustecken, weshalb ich schließlich glücklich aber müde wieder ins Haus zurückkehre. Paddy ist ebenfalls happy, dass wir wenigstens einen kleinen Teil der anfallenden Arbeiten erledigt haben und angeblich hat er auch Fotos von mir gemacht, während ich mit den Kaninchen gespielt habe, die er nun stolz seiner Familie präsentieren will. Allerdings habe ich nichts davon bemerkt, weshalb ich an dem Tag noch Abends überlege, ob er wirklich Fotos gemacht hat oder mich nur damit aufziehen wollte, da er inzwischen mitbekommen hat, dass ich die meisten Fotos, auf denen ich abgebildet bin nicht ausstehen kann, besonders dann nicht, wenn sie noch andere Personen zu Gesicht bekommen. Nachdem ich einmal den Stoff für den Biotest überfliege und feststelle, dass ich über die Hälfte der Themen bereits in meiner alten Schule hatte, falle ich erleichtert und glücklich ins Bett.
-
Danke für unglaubliche eintausend Reads in nur so kurzer Zeit! Ich hoffe euch gefällt die Geschichte weiterhin und wer Ideen oder Kritik hat, kann diese immer gerne einbringen :)
-cam
DU LIEST GERADE
Bigger Life || Michael Patrick Kelly | ✔
FanficJessica, Teenager und frisch gebackenes Waisenkind. Wenn es da nicht ihren Vater gäbe, welchen sie nicht kennt, aber der kurzfristig beschließt sie bei sich aufzunehmen. Sie kennt nicht einmal seinen Namen: Michael Patrick Kelly.