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Nachdem die Anspannung aufgrund des heutigen Biologietests abgefallen ist, gehe ich mit einem guten Gefühl neben Chiara, Sophia und Finn zu den Fahrrädern und danach direkt ins Wochenende. Mein Rucksack hängt schwer über einer meiner Schultern, während wir über den bevorstehenden Abend schwatzen. 

"Ich freu mich schon so endlich mal wieder eine Übernachtung zu haben!", freut sich Chia und steckt uns ebenfalls mit ihrer Fröhlichkeit an. 

"Stimmt! Wir haben das schon so lang nicht mehr gemacht. Und erst recht nicht mit Jessi!", sagt Finn, während er einen Arm um meine Schultern legt, oder eher auf meine Schultern, da er bestimmt eineinhalb Köpfe größer als ich ist. Chia schließt inzwischen die Fahrräder ab, die mit einem meterlangen Schloss aneinander gekettet sind. Um uns herum herrscht großer Trubel und Schüler strömen in Richtung Straße über den Pausenhof. 

"Dann kannst du meine Oma auch endlich mal kennenlernen. Sie wird dich bestimmt lieben!", steigt nun auch Sophia mit schon fast hysterischer Freude ein. Wie ich inzwischen herausgefunden habe, lebt sie bei ihrer Oma, da ihre Eltern sich getrennt haben. Daraufhin ist ihre Mutter mit einem neuen Typen in die USA ausgewandert und ihr Vater muss für die ganze Familie alleine sorgen, sodass er fast durchgehend auf Geschäftsreise ist. Das Cafe bringt nicht genug Geld ein, auch wenn es ziemlich gut, da Sophias Oma dieses eher aus Spaß betreibt und sich seit Jahren weigert die Preise zu erhöhen. Wenn Sophias Vater dann doch mal im Lande ist, kommt er bei seiner Mutter und Tochter unter und greift ihnen auch im Dorfcafe ein wenig unter die Arme. Wir schlendern mit den Fahrrädern an unserer Seite zur Straße, wo wir uns noch kurz von Chiara und Finn verabschieden, bevor wir uns auch schon selbst beeilen müssen, damit wir den Bus noch erwischen. Auf der Fahrt schreibe ich mir noch schnell Sophias Adresse auf, bevor wir endlich angekommen sind und uns auf getrennten Wegen nach Hause begeben. Als ich die Wiese überquere kann ich von weitem die Vögel zwitschern hören, während der Wind nur noch ganz sanft weht. In den letzten Tagen merkt man deutlich, dass es in Richtung Sommer geht und ich vermisse den Frühling jetzt schon. Die viel zu warmen Tage konnte ich noch nie ausstehen, auch wenn der Großteil der Sommerferien in ihnen lag. 

Ich gehe über den Hof, der Schotter knirscht unter meinen Füßen. Paddy musste heute morgen zu einem Konzert aufbrechen und auch Joelles Wagen steht nicht an seiner gewohnten Stelle. Kurzer Hand schließe ich die Tür mit meinem, inzwischen eigenen, Schlüssel auf und lasse den Rucksack neben meine Schuhe anschließend auf den Boden fallen. Als erstes zieht es mich in Küche, wo am Tisch ein gelber Zettel liegt. 

"Bin mit einer Freundin in der Stadt. Essen ist im Kühlschrank. Ich komme heut Nachmittag wieder! -J" steht darauf geschrieben. Da es gerade mal um die Mittagszeit ist, kann ich erst in einigen Stunden damit rechnen, dass Joelle wieder nach Hause kommt, weshalb ich neugierig den Kühlschrank öffne und mich über den, mich bereits erwartenden, Nudelsalat hermache. Mit vollem Magen und wieder aufgeräumter Küche, nehme ich anschließend meinen Rucksack und gehe nach oben in mein Zimmer. Die ersten Sachen für die Übernachtung habe ich mir gestern Abend bereits bereitgelegt, wozu sich nun noch mein Zahnputzzeug aus dem Bad gesellt. Ich räume meinen Schulrucksack aus und erledige ein paar meiner Hausaufgaben, bevor die Haustür unten ins Schloss fällt. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich in einer Stunde bei Sophia sein muss, weshalb ich den Rest meiner Schulsachen beiseite lege und die Treppe nach unten zu Joelle gehe. 

"Ach, da bist du ja. Ich dachte du wärst schon weg!", begrüßt sie mich direkt.

"Nein, ich muss erst in einer Stunde da sein.", antworte ich, während ich um die Einkaufskörbchen herumtigere. 

"Hier, das ist für dich!" Sie wirft mir eine riesige Packung Gummibärchen und eine Dose Chips zu.

"Ich dachte, das kannst du gut gebrauchen.", zwinkert sie mir zu.

"Ja, bestimmt. Dankeschön!"

"Wolltest du nicht noch packen?"

"Oh ja... ich bin dann mal oben!" , sage ich noch schnell, als ich auch schon wieder vollbepackt die Treppe nach oben verschwinde. Joelle kann ich nur lachen hören, bevor sie mir noch hinterher ruft:

"Manchmal bist du wie eine Mini-Version von Paddy!" Ich drehe mich noch kurz um und strecke ihr die Zunge raus, bevor ich schon hinter dem Treppenabsatz verschwinde. Sie muss nur noch mehr lachen, was ich noch immer hören kann, als ich wieder in meinem Zimmer bin. Ich lasse die Süßigkeiten zu dem anderen Zeug auf mein Bett fallen lasse. Nachdem ich mir noch einen improvisierten Schlafanzug dazu geworfen habe, schnappe ich mir meinen Rucksack wieder, muss aber mächtig daran zweifeln, dass er meine benötigten Dinge alle fassen wird. Muss ich eben quetschen, aber da bin ich inzwischen sowieso Meister drin! Die Klamotten passen sogar noch ganz gut rein, nur mit dem Rest habe ich Probleme. Kurz bevor ich aufgeben will, klingelt mein Handy. Mit einem Seufzen zeihe ich es aus meiner Hosentasche und nehme ab, ohne zu gucken, wer mich denn anruft. 

"Hallo, wie war dein Schultag? Und der Biotest?", quasselt mir Paddy direkt ins Ohr und ich stelle ihn kurzer Hand auf Lautsprecher und lege mein Handy neben mich, sodass ich weiter packen kann. 

"Ganz gut, schätz ich. Und bei dir?"

"Ja, also mein Biotest, den hab ich locker mit einer eins bestanden!"

"Wie dein Tag so war!", rufe ich lachend, während ich die große Gummibärchentüte ganz oben in die Tasche zu pressen versuche.

"Na der war auch ganz toll bis jetzt. Die Location ist toll und beim Sound-Check hat auch alles super funktioniert!", antwortet er schließlich und ich kann das Grinsen in seinem Gesicht ziemlich gut erahnen. 

"Eigentlich wollte ich dir nur einen schönen Abend wünschen! Ich muss jetzt gleich wieder weg, aber vorher noch Joelle anrufen. Also bis Morgen Abend!", verabschiedet er sich wieder eilig von mir. 

"Ja okay. Schönes Konzert!", bringe ich angestrengt zwischen meinen Lippen hervor, als ich mit dem Reißverschluss meines Rucksacks kämpfe.

"Ist alles in Ordnung bei dir? Du klingst so außer Atem."

"Ja, ich krieg nur dieses ganze Zeug nicht in den Rucksack."

"Vielleicht solltest du doch einen Koffer nehmen?"

"Nein, nein. Das geht schon so!", versichere ich ihm, worauf er noch kurz antwortet, bis er schließlich auflegt.

"Sturkopf!"

Bigger Life || Michael Patrick Kelly | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt