Paperwar

198 14 17
                                    

Gelangweilt schlenderte ich in den Raum. Nachsitzen. Zeitverschwendung. Und leider hatte ich keine andere Wahl. Naja. Doch. Nachsitzen oder im Kindergarten Rasen mähen.

Als ich mein Handy in die unnötige Erfindung der Handygarage legte, konnte ich meinen Augen nicht trauen.

Der Alien saß an einen der wenigen Tische, die extra für die Nachsitzenden aufgestellt wurden. Heute schienen es nur ich und ... Violet zu sein.

Ich musste lachen. Von allen Schülern, die ich hier erwartet hätte, wäre sie eindeutig die letzte gewesen.

Was hatte sie denn schon verbrochen? Der einzige plausible Grund, der mir einfiel war, dass sie möglicherweise ihren Kursraum wieder nicht gefunden hatte und dann zu spät kam.

"Was machst du hier?", fragte ich und ließ mich am Tisch neben ihren nieder.

Daraufhin wurde ich von Voyage ausgepscht, die wohl heute an der Reihe war, die Nachsitzenden zu beaufsichtigen.

Ein wenig neugierig war ich ja schon. Ich sah zu Violet herüber. Sie machte ihre Hausaufgaben und las sich tatsächlich die Zettel durch, die wir in Wirtschaft bekommen hatten.

Ich nahm einen Bleistift aus ihrem Etui und deutete auf das Deckblatt der Lektüre von Delerey. Fragend hob ich eine Augenbraue.

Sie sah mich verwundert mit ihren blauen Glubschaugen an und reichte mir das Blatt.

Leise, Mrs Voyage beobachtend, riss ich eine Ecke des Papiers ab, die unbedruckt war. Violet runzelte die Stirn.

Dann schrieb ich so klein wie es mit meiner Sauklaue möglich war.

Was hast du angestellt?

Und reichte ihr daraufhin den Zettel.

Ich erwartete nicht, dass sie mir antwortete. Es war nur, dass ich Langeweile hatte und echt nicht vorhatte, die ganzen 45 Minuten Löcher in die Luft zu starren.

Zudem würde es mich wirklich interessieren, was die brave Violet so getan hatte, um hier zu landen. Die Lehrer wussten ja, dass sie neu war also mussten sie auch irgendwie Rücksicht auf sie nehmen.

Ich beobachtete ihre Reaktion auf den Zettel genau. Sie war sich unsicher, ob sie antworten sollte oder nicht.

Wahrscheinlich würde sie nicht antworten. Ich lehnte mich also in meinen Stuhl zurück und betete die Uhr an, dass sie schneller ticken sollte.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sie zögerlich einen pinken Feinliner aus ihrem Etui holte. Ihre Fingerspitzen tastete leicht das Ende des Stiftes, ehe sie ihn ganz aus dem Etui herauszog. Dann öffnete sie den Deckel und steckte ihn an das Ende des Stiftes.

Sie beugte sich vor, so dass mir ihr Haar wie eine Gardine die Sicht versperrte. Jahre vergingen, bis sie mit ihrer Antwort fertig war.

Dann knüllte sie den Zettel zusammen und überreichte ihn mir. Sie versuchte nicht zu lächeln und zog ihre Lippen ein.

Jetzt war ich neugierig. Was hatte sie geschrieben? Ich öffnete den zerknüllten Zettel und meine Kinnlade klappte überrascht nach unten.

Fick dich :-)

Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Deshalb hatte sie sich so das Lächeln verkniffen. Weil sie ihre Antwort so genial fand. Diesmal war ich es, der versuchte, nicht zu lachen.

Bist ja ganz schön frech

schrieb ich unter ihr geschwungenes Fick dich :-) und gab ihr den Zettel zurück.

Catch me if you canWo Geschichten leben. Entdecke jetzt