A Promise

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Sie saß in der Küche und aß. Als sie mich sah, schaufelte die sonst so langsame Violet den Kichererbsenreis nur so in sich hinein, spülte ihr Besteck, trocknete es und stellte es zurück an seinen Platz.

Sie lief an mir vorbei in den Flur. Ihr dunkles Haar war wieder trocken und folgte ihr wie ein langer Schleier. Anscheinend hatte sie genug Zeit gehabt, sich zu duschen und umzuziehen, denn trug sie nun eine Leggins und ein rosa Shirt mit einem Einhorn darauf. Geschmacklos wie eh und je.

"Was ist mit ihr in der Schule passiert?", fragte Isabelle streng und nahm eine Gabel ihres langweiligen Gerichts zu sich. "Sie war komplett nass, als sie die Tür herein kam."

Mit hochgezogener Augenbraue sah sie mich an. Ihre roten Haare waren zu zwei Zöpfe geflochten und reichten zu ihren Schultern.

"Hat sie nicht mit dir geredet?", fragte ich und runzelte die Stirn. "Ich wollte dich nämlich gerade auch fragen. Jemand hat anscheinend einen Eimer Wasser mit toten Fischen in ihren Spind gestellt, um sie zu demütigen."

Isabelle japste nach Luft. "Ih! Wieso sollte jemand sowas grausames tun?"

Ich zuckte mit den Achseln. Das war eben die High School. Die meisten Teenager sind verbitterte kleine Huren, die ihre eigenen Probleme damit kompensieren, das Problem von jemand anderen zu sein.

"Wird sie in der Schule gemobbt?"

Ich nickte.

Wütend schlug sie mit der Faust auf den Tisch. "Wieso verteidigst du sie nicht? Sie ist deine Mitbewohnerin, verdammt!" Isabelle wedelte mit ihrem Zeigefinger - was ein Zeichen dafür war, dass sie wirklich wirklich wütend war.

"Ich hab es nicht gesehen. Ich habe sie gesucht und versucht aus ihr herauszubekommen, wer das war", sagte ich und hob verteidigend die Hände. "Aber sie ist weg gerannt und wollte kein Wort mit mir reden." Die Stelle, in der sie mir in die Eier getreten hatte, wollte ich nicht erwähnen.

"Was ich auch vollkommen nachvollziehen kann!", schrie Isa mich an. "Ich habe auch keine Lust, mit dir Wörter zu wechseln. Was du getan hast  ist einfach unverzeihlich! Ich glaube, wir sollten wirklich die Polizei informieren - der Typ läuft noch immer frei rum!"

"Nein, das sollten wir nicht!", sagte ich nun auch lauter. "Verdammt, wie oft noch? Wir regeln Probleme anders, wir brauchen keine Cops!"

"Hast du schon mal nachgefragt, wie es Violet damit geht?", fragte sie nun ruhiger, aber dafür eindringlicher. "Wir wissen nicht mal, was ihr passiert ist, weil sie nicht darüber sprechen will." Ihre Stimme verklang in ein Flüstern - wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass Violet sie nicht hören konnte - wo immer sie auch gerade war.

"Ich bezweifle, dass sie über irgendwas sprechen will", biss ich verächtlich hervor.

"Gut." Sie legte ihre Gabel auf den Tellerrand und verschränkte die Arme vor der Brust. "Solange ihr euch nicht ausgesprochen habt und ich nicht weiß, ob sie ihn anzeigen möchte oder nicht, werde ich nicht mehr mit dir reden."

"Na Gott sei Dank!", sagte ich erleichtert und faltete meine Hände in falscher Dramatik.

Ich wollte mir einen Teller vom Regal nehmen, da brach sie direkt ihren Vorsatz. "Außerdem darfst du solange auch nicht mein gekochtes Essen essen."

Ich antwortete nicht und machte mir ein Sandwich.

***

Am Abend klopfte ich dann tatsächlich an Violets Zimmertür. Ich wollte mit ihr reden. Und ihr vor allem eintrichtern, dass wir nicht zur Polizei gehen, sondern es irgendwie anders regeln.

Catch me if you canWo Geschichten leben. Entdecke jetzt