mom

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-Ruby Pov-

Meine Finger krallten sich fest um den Rand des Waschbeckens, in der Hoffnung, es würde mir etwas Halt geben. Starr waren meine Augen auf den Spiegel gerichtet, der darüber hing. Ich ekelte mich vor mir selbst, wie ich da durch meine blauen Augen hindurch müde dreinblickte. Ich sah genauso aus wie sie. Der gleiche Blick, der gleiche Ausdruck, das gleiche Lächeln.

"Reiß dich zusammen Ruby!", versuchte ich mir immer wieder laut einzureden. Doch es gelang mir nicht. 

Ich spürte, wie sich meine Augen füllten. Meine Sicht ganz langsam verschwomm. Meine Lunge sich allmählich zuschnürte.

"Scheiße!", schrie ich mich selbst unter Tränen an. Ohne weiter darüber nachzudenken holte ich aus und schlug mit voller Wucht auf den Spiegel ein. Ein stechender Schmerz durchzog meine Fingerknöchel. Doch dieser Schmerz übertrumpfte den Schmerz der in mir herrschte bei weitem nicht. 

Ich schluchzte auf. Wieso war ich so schwach? Wieso musste Sie mich immer wieder an alles erinnern? Wieso konnte ich nicht vergessen?

Benebelt ließ ich mich an der Wand heruntersinken. Die kalten Fliesen ließen mich erschauern. Umso heißer fühlten sich die Tränen an, die über meine Wangen rinnen und durch lautes tropfen, wenn sie auf dem Boden aufkamen, die Stille im Badezimmer füllten.


*Flashback*

Ich drückte meine Kopfhörer etwas fester auf meine Ohren. Ich wollte sie nicht schon wieder streiten hören. Jedes Mal war es dasselbe. Vater war wieder nur mit seiner Arbeit beschäftigt und Mutter versuchte alleine klar zu kommen. Das ich auch noch da war vergaßen Beide dabei viel zu oft. Ich bekam zwar alles was ich wollte, aber auch nur als Entschädigung, weil ich kaum Zeit mit ihnen hatte. Als 16 jähriges Mädchen würde mich mir eher wünschen, mehr Zeit mit meinen Eltern zu verbringen. Geliebt zu werden.

Jedes Mal wenn mein Vater von der Arbeit zu Hause war und meine Mutter noch nicht schlafen war oder in irgendeiner Bar herum zog streiten sie sich. Das ging schon mehrere Jahre so, doch daran gewöhnt hatte ich mich nie.

Stille. Ungewöhnliche Stille. Vorsichtig nahm ich die Kopfhörer von meinen Ohren und rutschte von meinem Bett. Dann schlich ich auf Zehenspitzen aus meinem Zimmer, bis hin zur Treppe. Am Geländer blieb ich stehen und lauschte aufmerksam. Man konnte Schritte vernehmen. Mein Vater. Er schluchzte.

"Du dreckige Schlampe!", schrie er plötzlich heiser. Nun meldete sich auch meine Mutter wieder zu Wort.

"Verpiss dich! Ich will dich nie wieder sehen!" 

Ich zuckte zusammen, als mein Vater scheinbar die Haustür hinter sich zu schlug. Dann wieder laute Schritte und ein Schrank wurde geöffnet. Gläser klirrten. Sie trank wieder. Wie sie es immer tat. Sie dachte sie könnte den Frust ersaufen. Dabei wurde damit alles nur schlimmer und nicht besser.

Nach einigen Minuten, an denen ich kaum mehr etwas hörte beschloss ich nach unten zu gehen. Ich wusste, es ging Mama nicht gut.

Sie stand in der Küche. Eine fast leere Flasche Whiskey neben ihr. Das Glas noch in der linken Hand. Sie schien mich nicht zu bemerken. Wahrscheinlich war sie zu betrunken. 

Jeder ihrer Bewegungen folgte ich. Aus Angst, was sie als nächstes tun würde. 

Sie stellte ihr Glas auf die Spülablage. Seufzend raufte sie sich ihre Haare. Dann öffnete sie die Flasche erneut und trank den letzten Rest in einem großen Schluck leer. Auch diese stellte sie wieder ab. Dann blieb sie einfach stehen, schien zu überlegen.

 Ich hätte in diesem Moment gerne gewusst, was sie gedacht hatte. Vielleicht hätte ich ihre nächsten Schritte verhindern können.

Langsam öffnete sie eine der Schubladen und griff hinein, auf der Suche nach etwas. Das glänzende Metall brannte sich in meine Gedanken ein. Wie sie die Klinge einige Male umdrehte, noch überlegte. 

Ich war wie erstarrt. Wahrscheinlich weil ich genau wusste, was als nächstes passieren würde. Wahrscheinlich, weil ich dachte ich würde in wenigen Sekunden aus diesem Albtraum aufwachen. Doch das passierte nicht. Das Einzige was mich aus meiner Starre erweckte war ihr Schrei. So schmerzerfüllt, wie als hätte sie bereut, was sie gerade getan hatte.

Ich schrie, rannte auf sie zu. Fing sie auf, bevor sie auf den Boden prallte. Die Blutlache um uns wurde immer größer.

"Schatz, es tut mir so leid", brachte sie krächzend unter ihren Schluchzern hervor. Ich weinte fürchterlich. Immer wieder sagte ich ihr sie würde es schaffen. Würde überleben, aber jede Hilfe kam zu spät. In meinen Armen schlossen sich ihre Augen und ihr lebloser Körper rutschte aus meinem Griff.

*Flashback Ende*


"Ruby! Mach die Tür auf. Was ist los?!", riss mich das schreien von Namjoon aus meinen Gedanken. Ich hatte nicht bemerkt, wie bitterlich ich geweint hatte. Mein Schluchzen hallte von den Wänden ab.

"Ruby, bitte?", versuchte es Jin verzweifelt, doch ich bekam nichts heraus. Es war wie als hätte man mir die Kraft zu sprechen geraubt.

"Wenn du nicht aufmachst muss ich die Tür eintreten", kam es wiederum von Yoongi. Ich blieb sitzen, machte gar nicht die Anzeichen, mich in irgendeiner Art zu bewegen. Ich hatte nicht die Kraft und schon gar nicht den Willen dazu.

Es rumste plötzlich laut und die Tür flog mit einem Krachen gegen die Wand. Yoongi hatte sie wirklich eingetreten. Alle kamen auf mich zu. Versuchten mir Fragen zu stellen und mich zu beruhigen, doch es war alles wie verschleiert. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und immer noch rannen mir heiße Tränen über das Gesicht.

In diesem Moment wollte ich nur eine Person. Ich wusste nicht wieso, aber ich brauchte ihn einfach. Ich wollte ihn an meiner Seite. Wusste, dass er mich beruhigen könnte.

"W...wo ist Jung..Jungkook?", brachte ich unter den Schluchzern hervor. Sofort verstummten die Jungs und schauten sich gegenseitig hilfesuchend an.


-Jungkook Pov-

"Jungkook! Komm her.Schnell!", vernahm ich Jimins Schreie auf einmal von unten. Ich hatte direkt ein ungutes Gefühl. Ich sprang auf und rannte die Treppen herunter. Vor dem Badezimmer stoppte ich. Ruby saß zusammengekauert in einer Ecke. Um sie herum die Anderen, die versuchten sie zu beruhigen, doch sie hörte nicht auf zu schluchzen. Mein Herz brannte, bei der Vorstellung ich könnte vielleicht daran Schuld sein. Wieso hatte ich sie auch so angeschrien.

"Sie hat nach dir gefragt. Wir lassen euch am besten alleine", kam es dann von Namjoon, der mir aufmunternd auf die Schulter klopfte. Ich ging sofort auf sie zu und setzte mich neben sie an die Wand. Beschützend drückte ich sie in meine Arme. Sie legte vorsichtig ihren Kopf auf meiner Schulter ab und begann wieder zu weinen. Es zerbrach mir das Herz. Ich mochte es nicht sie traurig zu sehen.

Ich sagte nichts, sondern ließ sie sich einfach von ihren Gefühlen befreien, was auch klappte. Mit der Zeit wurden die Schluchzer weniger. Sanft hob ich ihren Kopf ein wenig an und wischte mit meinen Daumen die restlichen Tränen von ihren Wangen. Dann hob sie ihren Blick und schaute mir direkt in die Augen. Ich erstarrte. Wie jedes Mal. Alleine durch ihre Blicke konnte sie mich vollends fesseln und ich wusste ganz genau, was das hieß.



hello, dieses Kapitel ist etwas deep, aber ich finde sowas muss auch einfach mal sein. Rubys Vergangenheit sollte eben auch noch eine Rolle spielen. Ich war tatsächlich noch nie so zufrieden mit einem Kapitel wie mit diesem. Lasst doch gerne eure Meinung da.

love ya'll M

first love | jungkook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt