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Ich drücke die schwere Glastür vor mir auf. Sofort kommt mir der bekannte Geruch der Praxis entgegen. Jasmin, gemischt mit einem leichten Unterton von Lilien. Rosen wären mir lieber, aber es riecht auch so sehr gut.

Der Duft hat eine beruhigende Wirkung auf mich.

Die Praxis ist auch sonst sehr entspannt eingerichtet. Die Wände sind in einem hellen Flieder gestrichen und der Boden besteht aus dunklem Laminat. An den Wänden hängen vereinzelt Kopien von Gemälden verschiedener Künstler. Es sind abstrakte Bilder.

Verschiedene Farben und Formen wurden kombiniert und unregelmäßig angeordnet. Das Licht der rosenförmigen Glaslampen füllt den Raum hell aus. Es muss sicher ein Vermögen gekostet haben, die Praxis so einzurichten.

Kaum habe ich den Raum betreten, kommt mir auch schon Dr. Mendes aus dem Raum gegenüber der Eingangstür entgegen.

„Guten Tag Jasmin!" begrüßt sie mich mit einem Strahlen im Gesicht. Ihr macht die Arbeit als Therapeutin wirklich Spaß. Sie lächelt eigentlich so gut wie immer und ist ständig gut gelaunt. Sofort muss auch ich Lächeln.

Ihre braunen Haare trägt sie wie immer offen. Zusammen mit ihrem weißen Kittel wirkt sie damit jünger, als sie eigentlich ist. Außerdem besitzt sie verhältnismäßig wenige Falten.

„Hallo" erwidere ich, „Ich habe in wenigen Minuten eine Sprechstunde bei Ihnen."

„Mhm. Dann bräuchte ich einmal deine Krankenversichertenkarte." bittet sie mich.

Nachdem Sie den Termin bestätigt hat, laufen wir in den Untersuchungsraum und beginnen mit der wöchentlichen Therapiestunde.

„Du wirkst heute so zerstreut. Geht es dir gut?" fragt mich Dr. Mendes in einem sanften Tonfall.

Ich nicke. „Zurzeit ist nur ziemlich viel los. Es-" ich schlucke schwer, „es ist nur so, dass..."

Kann ich es ihr anvertrauen? Zu gerne möchte ich ihr von meiner Schwester und Shawn erzählen. Aber ich weiß nicht, ob das so eine schlaue Idee ist.

Wobei, jetzt wo ich meine Schwester vielleicht wieder gefunden habe, brauche ich es nicht weiter zu verheimlichen. Es wird sowieso irgendwie herauskommen.

„Du kannst mir alles erzählen. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich dich nicht verurteile, egal was es ist." beruhigt sie mich.

Also gut.

„Ich habe Ihnen die ganze Zeit über etwas verheimlicht." beginne ich. Dr. Mendes betrachtet mich mit einem Blick, den ich nicht deuten kann.

Ich schaue auf meine Finger, die ich auf meinem Schoß verschränkt habe.

Nachdem ich tief eingeatmet habe, spreche ich weiter. „Ich habe eine ältere Schwester. Ihr Name ist Leyla und sie ist 24 Jahre alt." Meine Stimme bricht. Es ist schwer über meine Schwester zu sprechen. Zum ersten Mal seit 6 Monaten rede ich von ihr. Damals habe ich nur mit meiner Mutter darüber geredet. Mein Vater hat es vermieden, das Thema anzuschneiden. Jedes Mal, wenn ich über meine Schwester reden wollte, ist er ganz komisch geworden.

Als ich wieder hoch blicke stelle ich fest, dass Dr. Mendes mich verständnisvoll anblickt.

„Sind Sie denn nicht wütend, dass ich Ihnen das verschwiegen habe?" frage ich sie und ziehe die Augenbrauen zusammen.

Sie schüttelt den Kopf. „Natürlich wundert es mich, dass du mir in den ganzen Monaten, die du schon bei mir in Therapie bist, nichts erzählt hast. Aber es ist eine private Angelegenheit und du bist nicht wegen deiner Schwester in Therapie. Oder hat sie auch etwas damit zu tun?"

Patience [S.M. Fan-Fiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt