Kapitel 15

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Völlig außer Atem, mit Adrenalin und Angst vollgepumpt stand ich nun da, meine Arme um Kyle geschlungen. Panisch drehte ich mich noch einmal um, nur der Unbekannte war verschwunden. Er musste weggelaufen sein als er Kyle sah. Wäre er nicht da gewesen, wer weiß was dann mit mir passiert wäre. War der Unbekannte wirklich der Mörder meiner Mutter? Aber warum verfolgte er jetzt bloß mich, ich hatte doch gar nichts getan. Es musste mehr hinter dem Tod meiner Mum stecken, sie war kein zufälliges Opfer. Wieso sollte derjenige dann mich verfolgen, irgendwas war dabei faul. Dann vor kurzem der Mord von der Zeitung, der mit dem von Mum sehr viele Parallelen hatte. Ich musste unbedingt mit Officer Brian sprechen.

Der Schock saß noch immer tief, mein Herz schlug rasend schnell, ich weinte bitterlichst und war immer noch völlig außer Atem. Kyle versuchte mich zu sich hochziehen, was ich mit mir machen ließ. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust, er drückte mich fest an sich und streichelte dabei meine Arme.
"Shhh.. Alles wird gut Kleines, ich bin ja da." versuchte er mich zu beruhigen, was für kurze Zeit ganz gut funktionierte. Er ließ mir alle Zeit der Welt, was eines der Dinge war die ich so an ihm mochte. Er war der geduldigste und einfühlsamste Mensch den ich kannte. Ich brauchte ihn mehr als je zuvor, ich hätte ihn damals nicht von mir weg stoßen sollen. Es war ein Fehler, aber bekannterweise ist man im Nachhinein immer klüger. Ich kann mich nur glücklich schätzen, dass er mir nach allem trotzdem verziehen hatte.

Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte, ließ ich langsam von Kyle ab. Er gab mir noch einen Kuss auf die Stirn, legte seine Arme um meine Taille und sah mich dabei besorgt an. Ich rieb mir unsicher meine Oberarme und erwiderte seinen Blick. "Was ist passiert?" fragte er vorsichtig nach.
"I..ich war auf d..dem Weg nach Hause und...." meine Augen füllten sich sofort wieder mit Tränen, allein an das Gefühl zu denken, dass ich hatte ließ mich zittern. Ich sah mich wieder panisch um, worauf Kyle mich wieder in die Arme nahm.
"Möchtest du rein gehen Kleines, bevor du dich noch erkältest?"
er war offensichtlich besorgt um mich.

"Bitte.." es war nur ein leichtes flüstern was meine Lippen verließ.
Mein Dad war nicht zu Hause, sonst hätte er ja vorhin die Tür geöffnet, also gingen wir hoch in mein Zimmer. Ich sprang schnell unter die warme Dusche, da ich wegen des Regens völlig durchnässt war. Dannach zog ich noch eine lange Jogginghose und einen oversized Pullover an. Im Zimmer angekommen schloß ich erstmal die Tür ab. Ich ließ mich erschöpft in mein Bett fallen und vergrub mein Gesicht im Kissen. Geborgenheit machte sich in mir breit, ich fühlte mich sichtlich wohler und auch nicht mehr so beobachtet oder verfolgt. Kyle setzte sich vorsichtig zu mir ins Bett, betrachtete mich und strich mir sanft über den Arm. Ich stützte mich auf meine Unterarme und fing schließlich an von meinem Erlebnis zu erzählen.

"Mir ist jemand gefolgt Kyle, er ist mir nachgelaufen und hat immer wieder geschrien ich soll stehen bleiben. Wenn ich mir ausmale was er mit mir angestellt hätte.."  meine Augen füllten sich wieder mit Tränen doch ich konnte es geradeso zurückhalten, zumindest kurz.
"Was?! Ich sah noch jemanden weglaufen, wollte dich so aber nicht alleine lassen. Wenn ich den zwischen die Finger kriege!" er wurde sichtlich wütend.
"Das war noch nicht alles, er hat noch etwas angesprochen womit ich in dieser Situation überhaupt nicht gerechnet hatte..."
Kyle wusste dass meine Mum Tod war, nur nicht wie sie starb, das Ende wäre ja das Gleiche, aber ich musste es ihm jetzt erzählen.

"Und was?" er sah mich dabei erwartungsvoll an.
"Er fragte mich ob ich......" ich musste eine kurze Pause machen, allein den Tod von Mum anzusprechen oder daran zu denken raubt mir meinen Atem. "Ob ich so wie meine Mutter enden will, wenn ich nicht stehen bleiben würde." Meine Stimme bestand am Ende nur noch aus Geflüster, ab jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Kyle nahm meine Hand, legte seine Finger zwischen meine und drückte fest zusammen. Durch seine Nähe und einfühlsame Art wurde ich ein wenig ruhiger und konnte weiter sprechen.

"Kyle du solltest noch etwas wissen... meine Mum sie... sie ist nicht eines natürlichen Todes gestorben." ich musste den Klos im Hals runter schlucken.
"Sie wurde getötet als ich 16 war. Dad und ich hatten sie damals im Bett erstochen aufgefunden." ich wollte nicht noch weiter ins Detail gehen und spielte nervös mit Kyles Fingern. Er war sichtlich geschockt, verstand aber, seinem Gesichtsausdruck zufolge, sofort meinen Gedankengang.
"Dann war der Typ der dir gefolgt ist also ihr Mörder? Wieso hast du mir das nicht schon viel früher erzählt Amy, der weiß doch wo du wohnst und dass schon seit deine Mum tot ist. Ich hätte dich nicht alleine lassen sollen."

In dem Moment als er das sagte fing mein Herz wieder wie wild an zu schlagen, seine Drohung war eindeutig. Er würde kommen um mich zu töten und mit Dad hätte ich nicht unbedingt, sagen wir so, eine gute Verteidigung.
Kyle sah ziemlich schnell wie es mir dabei ging, er legte sich ins Bett und deutete mir an, zu ihm zu kommen.
Nach kurzem zögern kuschelte ich mich an seine Brust, er schlang seine Arme um mich und drückte mich fest an sich.

"Kyle?" fing ich vorsichtig an.
"Ja?" er streichelte mir dabei sanft über den Rücken.
"Kannst du heute bei mir bleiben? A..also ich meine wenn du nichts anderes vor hast."
Meine Frage wurde mir erst jetzt richtig bewusst, immerhin waren wir ja kein Paar und er hatte sicherlich andere Dinge zu tun. Mein Gesicht wurde langsam aber sicher leicht rot, was er aber zum Glück nicht sah.
"Ich hätte dich heute sowieso nicht alleine gelassen kleines."
Mir fiel ein Stein vom Herzen, ich war sichtlich erleichtert. Mit ihm an meiner Seite konnte mir gar nichts passieren, soviel stand schon mal fest. Nur konnte ich dass nicht dauerhaft von ihm verlangen, er war schließlich nicht mein Freund.

Dann fiel mir ein dass Kyle vor mir an meinem Haus war, also wollte er anscheinend was von mir.
"Warum warst du eigentlich hier?" ich drehte mich zu ihm um, dass ich ihm in die Augen sehen konnte. "Ich wollte nachsehen ob du gut zu Hause angekommen bist, wäre ich doch bloß mitgegangen."
Nach kurzer Überlegung antwortete ich ihm schließlich.
"Du hast an dem allem keine Schuld Kyle, ich bin es gewesen die Hals über Kopf abgehauen ist."
Er streichelte mir über die Wange und lächelte mich ein wenig gequält an. Langsam wurden meine Augen schwer und ich schlief schließlich in Kyles Armen ein.

*****

Dunkelheit umgab mich, ich hatte keine Schuhe und nur meinen Pyjama an, was mir in dem Moment ein wenig komisch vorkam. Ich sah kaum meine eigene Hand vor Augen.
Ein schriller Schrei ließ mich zusammenzucken, der aber sofort wieder verstummte.
Langsam wurde die Sicht etwas klarer, ich stand auf einer verlassenen Straße, wo weit und breit niemand zu sehen war. Keine Häuser, Laternen oder Menschen. Langsam kam in mir ein ungutes Gefühl auf, wie bin ich hier her gekommen.
"Lauf!!" Hörte ich eine Stimme schreien. Wie von selbst fingen meine Beine an sich in Bewegung zu setzen. Wo sollte ich bloß hinrennen, es war nichts in der Nähe außer ein paar Bäumen und Sträuchern.

Hinter mir vernahm ich Schritte die immer näher kamen. Ich wollte schneller laufen, wurde aber stattdessen immer langsamer. Ich kam nicht mehr vorwärts, so als würde ich nur auf der Stelle laufen. Mich griff jemand von hinten am Handgelenk und zog mich zu sich.

Ein maskierter Mann stand vor mir, komplett schwarz gekleidet und im nächsten Moment ertönte ein fieses Lachen.
"Ich habs dir gesagt süße, wer nicht hören will muss fühlen."
Diese Stimme würde ich unter tausenden wiedererkennen, es war die von meinem Verfolger. Ich wollte mich los reißen, doch konnte mich nicht bewegen.
Er zückte ein Messer und stach es mir ohne zu zögern in die Magengrube. Aus meinem Mund kam kein Ton, ich wollte vergeblich schreien. Ich fing an zu weinen und sackte auf den Boden. Dass wars also, ich werde sterben.

*****

"Amanda? Wach auf Kleines, komm schon!"
Ich schreckte hoch und sah in Kyles besorgtes Gesicht. Ich spürte etwas warmes am meinen Schläfen, Tränen rollten mir übers Gesicht. "Du hast nur geträumt, alles ist in Ordnung."
Mit zittrigen Händen wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Kyle nahm meine Hand und streichelte sie mit seinem Daumen.
Ich wollte jetzt nicht darüber reden und schmiegte mich wieder, ohne ein Wort zu sagen, an seine Brust. Er gab mir einen Kuss auf den Kopf und legte dann wieder seine Arme um mich. Der Schrei in meinem Traum war der meiner Mutter, meine Gedanken vermischten alles zusammen. Na toll, jetzt bin ich dann bald ein psychisches Frack, das zum schlafen Tabletten bräuchte, wie Mum. Nach langem grübeln schlief ich daraufhin wieder ein.

~Will it ever get better?~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt