Kapitel 24

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Nach all den Strapazen und neu gewonnenen Informationen, ging ich gestern Abend erstmal zu Lisa.
Sie war immerhin noch die einzige der ich vertrauen konnte. Gestern konnte und wollte ich ihr nichts mehr erzählen, was sie aber zu meiner Erleichterung sofort verstand. Langsam bahnten sich die ersten Sonnenstrahlen den Weg durchs Fenster, worauf ich mich erstmal ordentlich streckte. Meine Augen waren noch geschwollen von dem ganzen heulen gestern, der Gedanke daran trieb mir nur wieder Tränen in die Augen. Mein ganzes Leben basierte auf einer riesigen Lüge, nichts war mehr so wie vorher. Die Liebe meines Lebens belog mich, auch wenn er es zu meinem Schutz getan hatte. Ich wusste er meinte es nicht böse, aber es wäre trotzdem wichtig gewesen zu wissen. Vielleicht wäre es nie so weit gekommen, wenn mich Kyle in diese Sache eingeweiht hätte. Allein Kyle die Schuld zu geben wäre unfair, immerhin hatten Dad und Sam genauso ihren Teil dazu beigetragen. Vielleicht versteifte ich mich nur so auf Kyle weil ich es von ihm am wenigsten erwartet hätte.
Der Geruch von Kaffee und der Klang einer sanften Stimme rissen mich aus meinen Gedanken.

"Guten Morgen Mäuschen. Kaffee?" Lisa lächelte mich einfühlsam an und hielt mir die Tasse hin, die ich dankend annahm. Ich setzte mich fürs erste aufrecht hin und nahm einen großen Schluck Kaffee.
"Willst du darüber reden süße? Ich bin immer für dich da, vergiss das nicht."
Ihre Worte ließen mich lächeln und Wärme in mir aufkommen. Ich war so froh sie zu haben, Lisa war wie mein Fels in der Brandung.
"Danke dass du für mich da bist und immer die richtigen Worte findest." ich griff daraufhin nach ihrer Hand.
"Das weißt du doch, daran wird sich auch nichts ändern. Ich hab mir so unendliche Sorgen gemacht um dich, keiner wusste wo du warst."
in ihrem Gesicht zeichnete sich Trauer ab, worauf ich sie in eine Umarmung zog.
"Jetzt bin ich ja wieder hier, du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen." meine Worte schienen sie sofort ein wenig zu beruhigen.
"Also erzähl es mir, was ist vorgefallen?" ihre einfühlsame Art gab mir sofort ein Gefühl von Geborgenheit.

Ich fing an ihr alles von vorne weg zu erzählen. Was damals bei mir zu Hause auf mich gewartet hatte und dass ich von einer der gefährlichsten Gangs hier entführt wurde. Nach einer kurzen Schockstarre fing Lisa schließlich an Fragen zu stellen, was ich ihr aber auch nicht verübeln konnte.
"Und was wollten diese Typen von dir? Warum haben sie dich entführt?"
"Das ist komplexer als es zuerst den Anschein erweckt. Der Anführer der Gang.. Er.. er war oder besser gesagt ist mein leiblicher Vater. Er will dass ich die neue Anführerin seiner Gang werde, deshalb hat er mich entführt." ich sah dabei verlegen zu Boden, um meine Tränen unter Kontrolle bringen zu können.
"Was?! Dein Dad ist also gar nicht dein... Aber wie? Und noch wichtiger, wie bist du entkommen?"
Ich beschloß ihr einfach alles zu erzählen, wenn nicht jetzt wann dann.
Ich erzählte ihr unter Tränen von meiner Mum, die ja in der Gang war und eigentlich an allem Schuld war.
Dann erwähnte ich noch Sam, der ja mein Halbbruder war und auch derjenige war der mir da raus geholfen hatte. "Kyle wusste über all das Bescheid, sagte aber die ganzen Jahre kein Wort zu mir. Du musst wissen, ich war auch in einer Gang und zwar in Kyle seiner. Von dort kennen wir uns ursprünglich."
Am Schluss erzählte ich ihr noch von dem Streit zwischen Kyle, Sam, meinem Dad und mir.
Lisa hörte sich meine Geschichte mit aller Ruhe an, sie war mir offenbar nicht böse wegen meiner ganzen Geheimnisse.

Sie nahm einen großen Schluck Kaffee und wandte sich dann wieder mir zu. "Da hast du aber ganz schön viel das du mit dir rumschleppen musst. Ok bei einer Sache muss ich dir wohl oder übel zustimmen. Kyle ist vielleicht ein Idiot und ja er hätte es dir vielleicht sagen sollen, aber er meinte es bestimmt nicht böse. Er will dich doch nur mit all seiner Kraft beschützen. Er liebt dich und dass nicht erst seit gestern Amanda. Geh nicht zu hart mit ihm ins Gericht, du brauchst ihn mehr als jemals zuvor und er dich genauso." sie nahm meine Hand und lächelte mir dabei entgegen. Ich wusste dass sie recht hatte, aber dennoch hätte er sowas nicht alleine entscheiden dürfen.
"Du findest wirklich immer die richtigen Worte. Ja du hast ja mit allem recht, aber findest du nicht er hätte es mir sagen sollen? Immerhin hat er ganz alleine entschieden es für sich zu behalten und es geht doch schließlich um mich."
"Ja du hast ja teilweise recht süße, aber dann hätte er auch deinem Dad die Entscheidung abgenommen. Ich finde dein Vater hätte es dir sagen sollen, Kyle hatte ja nicht wirklich eine Wahl."

Dads Verhalten war mit Abstand das Schlimmste. Er belog mich 22 Jahre lang, wobei in meinen ersten Lebensjahren bekam ich ja noch nicht so richtig etwas mit.
Ich hatte alles für ihn aufgegeben, hatte keine richtige Familie mehr und keine Freunde. Er hatte es anscheinend nie für nötig befunden mich in alles einzuweihen, aber dass wäre dann ja nicht gerade zu seinem Vorteil gewesen. Er schlug mich und ließ mich für unseren Lebensunterhalt aufkommen. Alles in allem war er einfach der egoistischte Mensch den ich kannte. Plötzlichen vibrierte mein Handy und ich griff wie von selbst dannach. Es war Kyle, er hatte mir schon beinahe einen Roman geschrieben.

Hallo Amy!

Ich bitte dich jetzt nur um eines, lies die Nachricht bis zum Ende durch.

Alles was ich je wollte war es dich zu beschützen, dieses Gefühl habe ich schon seit unserer ersten Begegnung. Du warst mir von Anfang an schon so unendlich wichtig Prinzessin, du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr.
Als Sam sich damals das erste Mal bei uns blicken ließ warst du nicht da. Ich kannte ihn damals schon vom sehen her, er war bei den Vice Kings. Als er mir erzählte dein Halbbruder zu sein brannten bei mir Sicherungen durch, du warst offensichtlich mit Ricko verwandt.
Ich wollte nicht dass du Teil der Vice Kings wirst und ich hatte Angst Sam würde dir einreden dass es besser so wäre. Einfach gesagt, ich hatte Angst dich zu verlieren Amanda. Ich war daraufhin bei deinem Vater, ich wollte mit ihm über diese Sache reden. Er hielt es jedoch für besser dir nichts zu sagen und immerhin war er mehr Familie für dich als ich es war.
Wenn ich könnte so wie ich wollte, würde ich alles anders machen und dich nicht belügen. Amanda ich liebe dich, würde es aber verstehen wenn du das was zwischen uns ist nicht mehr willst. Ich hoffe du verzeihst mir, wenn nicht jetzt vielleicht nach einer Zeit.

Dein Kyle

Ich laß mir seine Nachricht mit gemischten Gefühlen durch, er tat mir leid. Ihm allein die Schuld zu geben war falsch. Ich war ja schließlich auch seit längerem in ihn verliebt. Ihn gehen zu lassen wäre die schlechteste Entscheidung meines Lebens, er war mir einfach zu wichtig.
Ich zeigte Lisa die Nachricht, die darauf nur mit einem 'Ich habs dir ja gesagt' kommentierte.
"Los, geh zu ihm. Du liebst ihn und er dich. Lasst das nicht zwischen euch stehen!" Lisa schob mich währenddessen schon beinahe ins Badezimmer.
"Mach dich fertig Mäuschen und fahr zu ihm."
Ich werde es machen, ich musste mich ja mal aus meiner Komfortzone raus bewegen.
Ich machte mich schnell fertig und ging los zum Quartier. Ich wusste noch nicht was mich dort erwarten wird, aber es war mir in dem Moment auch egal.

~Will it ever get better?~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt