12. Flucht

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In dieser Nacht lag ich noch lange, lange wach. Begleitet vom Rascheln der dünnen Decke drehte ich mich immer wieder hin und her. Ich konnte einfach nicht einschlafen, denn ein Problem ließ mir einfach keine Ruhe: Wie konnte ich von hier entkommen?

Ich seufzte und vergrub den Kopf im luxuriösen Kissen. Wer auch immer mich hier festhielt - ich ging inzwischen fest davon aus, dass der Erlan mitbekommen hatte dass ich ihm nicht helfen würde und mich deshalb eingesperrt hatte - wollte trotzdem dass ich so bequem wie möglich war.  Doch so weich das Bett war, so weit entfernt schien mir der Schlaf. Mir war immernoch keine Möglichkeit eingefallen, wie ich aus diesem Raum hier entkommen könnte.

Er besaß weder Fenster noch weitere Türen außer der einen, durch die der Schwarze verschwunden war, und von der ich wusste, dass sie abgeschlossen war. Und einen Draht hatte ich auch nicht, abgesehen davon, das ich keinen blassen Schimmer hatte, wie man so ein Schloss knackte. Selbst mit meinen Kräften bezweifelte ich, dass ich sie aufstemmen könnte, sie bestand aus massivem Metall. Es war einfach aussichtslos...

Schließlich, von der inneren Unruhe angetrieben, stand ich auf. Ich blickte mich nochmal im Raum um, auf der Suche nach etwas, irgendetwas, das mir weiterhelfen könnte...

Nicht einmal eine Fackel hatten sie mir gelassen! Naja, vermutlich, damit ich nicht irgendetwas anfackeln könnte.

Aber das Licht war auch nicht nötig.

Meine Augen sahen auch so in der Dunkelheit so gut, als wäre es helllichter Tag, und ich hatte keine Probleme, den Raum zu erkennen.

Doch auch nach wiederholtem Suchen fand ich nichts, was mir weiterhelfen könnte. Es blieben immer die selben gräulichen Wände, und die selben unverrückbaren Möbelstücke, egal wie oft ich sie nach irgendetwas hilfreichem absuchte.

Frustriert schnaubte ich, und stampfte wütend mit dem Fuß auf. Was sollte das? Ich würde ganz bestimmt nicht hierbleiben. Nicht, wenn ich da noch etwas mitzureden hatte.

Erneut tiegerte ich durchs Zimmer, auf der Suche nach einem Ausweg. Ich besah mir die Dielen genauer, sowohl die der Decke als auch des Bodens, aber nichts ließ sich auch nur ein paar Zentimeter bewegen. Nicht einmal ein paar Splitter ließen sich von dem poliertem Holz ablösen. Und das kleine Tischchen war mitsamt der Schüssel an die Wand genagelt worden. Von der schweren, eisernen Tür ganz zu schweigen.

Schließlich wurde es mir zu viel, und ich brüllte:

"Sagt mal, findet ihr das witzig? Was auch immer ihr da macht, und für was auch immer es nützen soll, holt mich sofort hier raus! Ihr findet es wohl witzig, mich von einer absolut bescheuerten Situation in die nächste zu werfen? Ich sag euch, ich komm auch ohne eure Hilfe hier raus, und dann werdet ihr euch wünschen, selbst hier sein zu dürfen! ICH KOMME HIER RAUS!"

Den letzten Satz hatte ich so laut gebrüllt, dass die Schüssel, die ich vorher nicht hatte entfernen können, einen Sprung bekam. Schwer atmend starrte ich vorwurfsvoll erst sie und dann die Decke an. Das musste doch wer gehört haben! Irgendwer! Doch auch nach langem Warten passierte nichts. Und langsam übermannte mich die Hoffnungslosigkeit. Bestimmt würde ich jetzt für Ewigkeiten hierbleiben. Oder ich würde getötet werden... ich erschauderte. Nein, ich glaubte definitiv nicht mehr an die 'freundlichen' Versprechungen des Schwarzen. Es sprach einfach zu viel gegen ihn. Zum Beispiel die abgeschlossene Tür... vor der jetzt Schritte zu hören waren!

Schnell tappte ich hinüber zum Eingang und stellte mich so hin, das ich im Falle, dass jemand herein kam, von der Tür verborgen sein würde. Weiter kam ich mit meiner Planung nicht, denn tatsächlich ertönte das Knarzen der Türangeln und die schwere Eisentür schob sich in mein Bild. Außerdem hörte ich noch ein anderes, scharrendes Geräusch, das ich nicht einordnen konnte. Gespannt hielt ich den Atem an um mich nicht ausversehen durch mein erschrockenes Keuchen zu verraten, als eine dunkle Gestalt in meinen begrenztes Blickfeld trat. Sie war eher normal groß und hatte unmenschliche Umrisse, was bedeutete, dass es nicht der Erlan war. Mit Entsetzen beobachtete ich, wie das Wesen immer näher an mein Bett trat.

Ich drückte mich an die Wand in meinem Rücken. Bitte, bitte sieh nicht hinter die Tür! Mit gespannter Erwartung beobachtete ich die Gestalt, wie sie erst noch ein paar Schritte in den Raum vordrang, und dann rhythmisch zu leuchten begann. Ich schluckte schwer. Hoffentlich war das kein Sensor, denn hier hinter der Tür hatte ich keine Auswege. Doch... die Gestalt drehte sich nicht zu mir um. Wenn ich mich dadurch nicht verraten hätte, ich hätte vor Erleichterung geseufzt. Was immer das Aufleuchten war, es war nicht gedacht, um mich aufzuspüren. Und das brachte mir einen ungeheuren Vorteil. Ein Grinsen stahl sich auf meine Lippen, als ich die Möglichkeiten durchgang.

Ich hatte mir wirklich umsonst solche Sorgen gemacht, denn nun musste ich nur handeln, bevor die Gestalt erkannte dass ich nicht in meinem Bett war.

Und zwar schnell.

Leise löste ich mich von der Wand und schlich hinter dem Rücken der Gestalt zur Tür. Bei jedem meiner Schritte erwartete ich, dass sie sich mit tödlicher Klinge oder ähnlichem auf mich stürzen würde, doch nichts geschah als ich mich langsam rückwärts zur Tür hinausschob. Weiterhin argwöhnisch beobachtend, wie die Person sich leise fluchend vorbeugte, tastete ich nach dem Türrahmen. Sobald ich ihn zu fassen bekam, machte ich einen großen Satz zurück und schlug mit Wucht die Eisentür zu. Sofort drehte ich den Schlüssel um, der unvorsichtig im Schloss stecken gelassen worden war, und lauschte auf Geräusche. Tatsächlich hörte ich gedämpftes Fluchen und Stampfen, und ich lächelte. Bis jemand kam und den hier befreite, sollte es schon etwas dauern. Aber zur Sicherheit steckte ich den Schlüssel in eine Tasche. Geschah im recht.

Es dauerte nicht lange, bis ich meine Aufmerksamkeit abwandte, denn nun konnte ich auch endlich meine Umgebung beachten. Wie es aussah, befand ich mich in einem langen, von rötlich glimmenden Fackeln beleuchteten Gang, der sich in beide Richtungen bis ins schier unendliche erstreckte. In regelmäßigen Abständen waren Eisentüren wie die hinter mir eingelassen, und ein paar Meter von mir entfernt zweigte sich ein Gang ins Dunkle ab. Ich beschloss, diesen zu nehmen. Mit leisen, schnellen Schritten bewegte ich mich auf die Abzweigung zu. Soweit ich sehen konnte, gab es keine Wachen, aber sicher ist sicher.

Ich atmete erleichtert auf, als ich in in die Schatten des Gangs eintauchte, ohne dass irgendein Alarm ausgelöst wurde.

Jetzt musste ich nur noch den Weg hier raus finden...

Verkehrte Welt (Minecraft ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt