19. Mehr Feinde als gedacht...

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"... Und jetzt da lang!"
Ich schaute noch einmal auf die Karte und lief dann beschwingt den Weg hinunter. "Ich kann schon die Lichter sehen! Viel mehr als eine Tagesreise kann es nicht mehr dauern."
"Wenn wir uns beeilen sogar weniger als das."

Es hätte nicht besser laufen können. Die Hexe und ich waren schon seit drei Tagen unterwegs, und ehrlich gesagt hatte ich mich längst an die karge Landschaft (nichts als Stein und hier und da ein paar Bäume mit Gras), sowie an die ständige Dunkelheit gewöhnt. Die Hexe war ein diskreter Reisepartner, sie hatte weder zu meiner Verkleidung noch zu meinem Ziel Fragen gestellt. In der Dunkelzeit, wie sie die nachtartige Zeit nannte, hatten wir uns in einer selbst gebauten Hütte schlafen gelegt. (Es war erstaunlich, wie viele Miniaturblöcke in eine Tasche passten...) Ab und zu hatten wir auch andere Reisende gesehen, aber unterhalten hatten wir uns mit diesen nicht. Alles in allem verlief die Reise relativ ereignislos. Im Nachhinein dachte ich mir nur, dass es mir hätte auffallen sollen: Es war zu friedlich.

Ich kletterte gerade auf eine Steigung in der Straße und half der Hexe hinauf. Glücklich betrachtete ich die fremdartige und doch schöne Landschaft, während wir weiter liefen. Ich achtete nicht großartig auf den Weg, und so sah ich die Gruppe erst, als ich fast in sie hineinkrachte. Überrascht blieb ich stehen. Es waren rund ein Dutzend uniformierter Skelette mit einem eisenrüstungsbewehrten Zombie als Anführer. Ich spürte den Blick seiner triefschwarzen Augen auf mir, erwiderte ihn jedoch vorsichtshalber nicht. Wer weiß, er könnte es ja als Provokation auffassen. Die Gruppe wandte sich langsam mir und der Hexe zu, sodass sie den Weg versperrten. Alle bis auf den mit einem schwarz glänzenden Schwert bewaffneten Zombie hatten außerdem Speere dabei, die sie nun auf uns richteten. Ich ging automatisch in Verteidigungsposition, kam aber nicht umhin mich zu fragen, warum zum Teufel sie uns bedrohten. Ich hatte noch immer meine Kaputze auf, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass man plötzlich nach mir suchen lassen würde, nachdem man mich so lange in Ruhe gelassen hatte, geschweige denn Leute so weit entfernt vom Schloss kontrollierte... Obwohl es ja nicht allzu lange her war, dass ich geflohen war... Dennoch, man hätte doch wohl nicht so lange gezögert.
Mehr Zeit zum Nachdenken bekam ich jedoch nicht, denn der Zombie richtete nun auch sein Schwert auf mich und die Hexe, die starr neben mir stand. Seltsamerweise hatte ich von ihr noch keine einzige Reaktion zu dem Ganzen gesehen.
"Ihr da! Laut Verkündigung von Dheus, herrschender König von Dior Thekor, muss jeder Reisende sein wahres Gesicht offenbaren. Wenn ihr nicht diejenige seid, die wir suchen, könnt ihr unbehelligt weiterziehen, doch Wiederstand wird nicht toleriert. Macht schon!"
Also suchten sie doch nach mir. Mist, und hier hatte ich noch gedacht ich könne ohne weitere Schwierigkeiten davonkommen. Aber anscheinend wollte das Schicksal etwas anderes. Ich hätte es wissen müssen; Glück blieb mir nie lange.

Hmm. Und das Land in dem ich mich jetzt befand hieß also Dior Thekor. Dieser König war hinter mir her? Dem würde ich es zeigen...

Egal.

Ersteinmal musste ich seine Soldaten loswerden. Sollte ich rennen? Oder doch kämpfen?
Die Entscheidung wurde mir aus der Hand genommen, als plötzlich die Hexe neben mir einen Schritt nach vorne tat und den Zombie und seine Soldaten harsch anfuhr: "Und warum sollten wir das tun? Manche Leute haben gute Gründe, sich zu verbergen, und das können auch sehr wichtige sein. Nach wem auch immer ihr sucht, hier werdet ihr niemand besonderen finden. Aber vielleicht haben wir sie ja gesehen, und können euch so besser weiterhelfen. Nach wem sucht ihr?"
"Oh, ich denke nicht..." begann ein Skelett, wurde jedoch vom Anführer unterbrochen. "Wir suchen eine Hexe. Und die könnte sich mithilfe ihrer verdammten Sprüche als fast alles ausgeben. Also nehmt die Verhüllung ab wenn ihr nicht in die Kerker wollt! Ihr seid mehr als verdächtig, schließlich benutzt ihr die Kapuzen und Mäntel um euch zu verbergen. Nehmt sie ab!"
Sprüche? Hexe? Ich verstand nur teilweise das, was hier vor sich ging. Wurde ich jetzt gesucht oder nicht? Wenn sie nach einer Hexe suchten... Ich spähte aus dem Augenwinkel zur Hexe. Nein, sicherlich war es nicht sie. Oder doch? Ich beobachtete ihren harten, maskengleichen Gesichtsausdruck. Es war offensichtlich, dass meine Reisegefährtin von der Bestimmung hielt; und sie war sichtlich angespannt. Es war nur die Frage, ob das wegen den falschen Anschuldigungen war, oder weil die Wahrheit gesprochen wurde. Vorsichtig beobachtete ich auch die Soldaten. Plötzlich sah ich eine Bewegung, und mit einem verschwommenen Sprint war die Hexe auch schon über den Skeletten. Ich hörte Glas splittern, und ich sah ein Skelett heulend vor Schmerz zurückstolpern. Sein Schädel war von einer dampfenden orangenen Flüssigkeit bedeckt, die immer weiter seine Knochen wegätzte. Mit großen Augen sah ich, wie ein Skelett nach dem anderen von einer fragilen Flasche getroffen und mit offensichtlich tödlichen Flüssigkeiten bedeckt wurden. Jedenfalls solange bis der Zombie endlich reagierte und der Hexe das nächste Glasgefäß aus der Hand schlug. Sein nächster Hieb traf die Hexe am Fuß, was sie dazu brachte sich mit einem erstickten Schrei zurückzuziehen.
Schien, als hätte nur der Überraschungsmoment die Soldaten außer Gefecht gesetzt. Nun wurde ihnen richtig klar, dass sie angegriffen wurden und die Verbliebenen richteten sich in Formation gegen die Hexe auf, die Verletzten in die Mitte nehmen. Drei Skelette blieben einfach auf dem Untergrund liegen, wahrscheinlich tot.

Irgendwie fühlte ich mich hier ziemlich zur Seite gelassen. Sollte ich mich einmischen?

"Also waren wir doch richtig. Du bist die Gesuchte, nicht wahr? Glaub mir, es wäre wesentlich einfacher für uns alle, wenn du einfach mitkommen würdest." Ich war überrascht, wie viel Hass in der Stimme des Zombies mitschwang, und noch überraschter, als die Beschuldigte mit noch mehr Hass erwiderte: "Niemals! Ich stehe zu meinen Taten, aber nicht dadurch, dass ich mich ergebe! Ich habe mich nicht gewehrt, bin gegen das System aufgestanden, nur um mich nach ihm zu richten und mich fangen und ohne Wiederstand töten zu lassen! Niemals!"
Und damit stürmte sie wieder der Gruppe entgegen, Feuer in den Augen. Sie duckte sich unter dem ersten Angriff hinweg und schleuderte dann wie aus dem Nichts zwei Flaschen auf die Skelette. Jedoch schien das diesmal nicht so gut zu klappen, denn keine trafen ihr Ziel sondern zersprangen auf dem Boden, wo ihre Flüssigkeiten harmlos versickerten. Die Skelette unterdessen bearbeiteten die Angreiferin mit ihren Speeren. Auch wenn sie gut im Ausweichen war, konnte ich sehen, dass sie gegen so viele Gegner keine Chance hatte. Wie aufs Stichwort bemerkte ich, wie der Anführer vor der Hexe auftauchte, und seinen Schwertknauf auf ihren Kopf niederbrachte. Sie ging sofort zu Boden, offensichtlich bewusstlos. Perplex beobachtete ich, wie zwei Soldaten sie schnell aufhoben und fesselten. Keiner schien mich auch nur zu bemerken.
Schließlich erwachte ich jedoch aus meiner Schockstarre und brachte ein "Hey!" heraus.
Keine gute Idee. Auf einmal war alle Aufmerksamkeit auf mich gerichtet. Ich sah, wie sie sich vorbereiteten mich zu umzingeln.
Ich hatte keine Ahnung, was hier los war, aber das würde ich mir doch nicht gefallen lassen! Und abgesehen davon, ich brauchte diese Hexe noch, wer auch immer sie war oder was sie getan hatte. Wie hatten einen Deal, und ich hatte nicht die geringste Interesse darin, ihn zu brechen!

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Oh, je, da gibt es noch viel, viel zu klären! ;)
Was wird unsere Hauptperson denn nun tun?
Ein schöner Kliffhänger :P

Und hey, danke für über 1,4 k! Ihr seid super :D

Verkehrte Welt (Minecraft ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt