16. Der Gasthof

214 26 4
                                    

"J-ja, ich bin neu hier..."
Der Barkeeper vor mir lehnte sich gegen einen hölzernen Pfeiler. Ob es das alte Holz oder seine Knochen waren, die daraufhin beunruhigend knacksten, hätte ich nicht sagen können.
"Natürlich. Nur ein völliger Dummkopf oder ein Neuling würde zu dieser Zeit noch draußen in der Stadt herumschleichen. Wie hast du es überhaupt geschafft, an den Wachen vorbeizukommen?"
Äh... Da waren keine Wachen gewesen. Sollte ich ihm das erzählen?
"Also, es ist..." Doch das Skelett winkte ab und unterbrach mich: "Eigentlich will es ich ja gar nicht wissen. Könnt' mich immerhin meinen Kopf kosten, und das will ja niemand, oder?" Er grinste, was zu meiner Erleichterung nur halb so gruselig aussah wie es klang. "Aber ich warne dich, wenn du irgendwelche Probleme bringst, bist du draußen, bevor du 'Player lauf' sagen kannst. Und dann kannst du dich garantiert auf eine Begegnung mit den Wachen freuen."
Ich schluckte. Das hier wahr definitiv kein naives Monster.
Plötzlich jedoch lachte der Barmann, oder auch Barskelett, als wäre nichts geschehen. "Aber wenn du ohne schlechte Absichten hierher gekommen bist, dann ist's einerlei. Was kann ich dir bringen?"
Ach ja. Ich hatte ja ganz vergessen, dass ich KEIN GELD hatte. Abgesehen davon, dass ich nicht mal wusste, was sie hier als Währung hatten.
"Nein danke. Ich bin nur auf der Durchreise... "
Ich beugte mich leicht vor.
"Kannst du mir sagen, wo es zur Oberfläche geht?"
Vielleicht wusste er es ja...
Er erstarrte.
Hatte ich etwa was falsches gesagt?
Das Skelett schien mich plötzlich genau zu mustern. Zu genau. Ich bekam schon Angst, dass es unter meine Kaputze sehen könnte, als es auf einmal herzlich zu lachen anfing.
Ich war ehrlich geschockt. Was war denn jetzt mit dem los?
"Hah... hah... jetzt ergibt's Sinn!"
Das Barskelett lehnte sich vor, und ich lehnte mich irritiert ein Stück zurück. "Du bist einer dieser Jungspunde, stimmts? Die, die nichts anderes im Kopf haben, als da oben Kopf und Kragen zu riskieren, um zu beweisen, dass sie's drauf haben."
Aha. Ich wusste nicht wovon er da redete, aber gut, wenn es mich vor Misstrauen bewahrte würde ich nicht wiedersprechen.
"Ich sag dir eins... geh besser nicht. Ehrlich, das ist es nicht wert. Die Oberwelt ist ein schrecklicher und grausamer Ort. Du wirst da allein keine drei Sekunden durchhalten. Glaub mir, es hat seinen Grund, warum normalerweise nur die erfahrensten Kämpfer dort hoch geschickt werden."
Nun hatte er mich neugierig gemacht. Was war denn so schrecklich an der Oberfläche? Ich hatte bei meinem Aufenthalt jedenfalls nichts allzu schreckliches gesehen.
"Da gibt es Länder ohne Wasser, in denen du tagelang wandern kannst ohne auch nur einen einzigen Tropfen zu finden. Dann gibt es Gegenden, in denen du von einem Schneesturm in den nächsten gerätst!"
Oh ja. Wüsten und Schnee. Brrr.
"Und am schrecklichsten sind nicht Mal die Players! Da oben wirst du Monster sehen, die weder Verstand noch Sprache haben. Seelenlose Puppen die durch die Nächte wandern, auf der Suche nach etwas das sie töten können. Wenn du Pech hast zerfleischen die dich unbarmherzig."
Oh. Ich sollte wirklich mal eine Liste von Dingen machen, die mich töten könnten, dann würde ich es leichter haben in Zukunft einen großen Bogen um sie zu machen.
"Du hast doch sicherlich von den Geschichten gehört... von den Menschen, die im verfluchten Licht der Sonne wandeln, und von Monstern die normalen Leuten wie dir und mir ohne Zögern den Hals umdrehen würden?"
Jetzt fühlte ich mich noch unruhiger als ich so schon war. Nervös rutschte ich auf meinem Sitz hin und her. Das Skelett schien das mit Zufriedenheit zu bemerken. Es nahm eine kleine runde Glasflasche, mit irgendeiner blauen Flüssigkeit gefüllt, und stellte sie mir vor die Nase. "Hier, das geht aufs Haus. Im Gegenzug kannst du ja nochmal darüber nachdenken, ob du wirklich dorthin gehen willst."
Damit wandte sich der Barkeeper ab und verschwand lässig summend durch einen Hintereingang.
Ich betrachtete verdutzt die Flüssigkeit in der Flasche. Sie war dunkelblau, trübe und schimmerte leicht, als ich sie schüttelte. Mir das Zeug nicht ganz geheuer. Aber wenn mich das Skelett vergiften wollte, hatte es mir dann so viel erzählt? Ich wusste nicht wie zu entscheiden, also steckte ich die Flasche weg. Ich konnte ja noch später entscheiden, was zu tun war. Jetzt wollte ich erstmal hier raus. Wie es aussah, würde ich keine weiteren Informationen mehr bekommen.
Ich musste nun vorsichtig sein. Das Skelett hatte Wachen erwähnt. Nur weil ich vorhin keinen begegnet war, hieß das nicht, dass ich es jetzt nicht tun würde. Etwas steif geworden stand ich auf und bewegte mich auf den Ausgang zu. Ich spürte, wie mir wieder einige Blicke folgten, verhielt mich aber so normal wie möglich. Doch gerade als ich die Klinke hinunterdrücken wollte, legte sich mir eine Hand auf die Schulter. Ich erstarrte.
Ich konnte nicht erkennen, wer es war, weil die Person hinter mir stand. Mein Herzschlag raste.
Was soll ich tun?
Ich entschied mich für die Flucht.
Mit einem Ruck riss ich die Tür auf und entwandte mich gleichzeitig dem Griff. Schnell rannte ich die Gasse entlang und rutschte schon fast um die Kurve, um so schnell wie möglich zu wenden. Hinter mir hörte ich die Schritte eines Verfolgers. Gut, dass es nur einer war, so konnte ich ihn leichter abhängen. Ich sprintete in eine weitere Gasse. Diese war es etwas breiter, wodurch ich besser manövrieren konnte. Vor mir lag eine Kurve, und weiter vorne zweigten vier Gassen nach links und rechts ab. Ich würde die zweite von links nehmen. Doch falsch gedacht, sobald ich in die entschiedene Richtung raste, versperrte mir auch schon ein Schatten den Weg. Ich schlug ein Haken und umging ihn, aber nun war ich gezwungen weiterzulaufen. Gab es etwa doch mehrere Verfolger? Wenn ja war in wirklich großen Schwierigkeiten...

_-°•=•°-_

Und damit sind wir jetzt wieder bei der Verfolgungsjagd vom letzten Kapitel.
Mit schmerzenden Füßen jagte ich über die Steine, immer noch darauf bedacht, keinen allzu großen Lärm zu machen.
Doch an der nächsten Biegung war Schluss. Eine Sackgasse! Schlitternd kam ich zum Stehen. Die Wand war vier Blöcke hoch, und schien zur Mauer zu gehören. Das hieß, dass ich, wenn ich da drüber kletterte, draußen und damit sicher war. Hinter mir hallten die langsam werdenden, siegessicheren Schritte der Verfolger. Alle Muskeln angespannt, jederzeit bereit irgendwie zu kämpfen, drehte ich mich um. Es war nur eine einzige Person, von der Größe eines Zombies oder eines Skeletts. Sie trug einen Umhang, also konnte ich nicht erkennen, was es genau war. Mit den Augen verfolgte ich jede Bewegung der Gestalt, während sie sich mir immer weiter näherte.
Kurz bevor ich zum Angriff überging, stoppte sie jedoch und legte stattdessen Ihre Kapuze ab. Gleichzeitig zog sie unter ihrem Mantel etwas hervor, dass sie sich mit geübter Geste auf den Kopf setzte: Einen Hut! Und kein normaler Hut obendrein; soweit ich erkennen konnte war er mit einem dunklen Lila gefärbt, spitz und mit einem Band verziert.
Das verzogene Gesicht der Gestalt schien alt und die große Knollnase, die hier natürlich viereckig war, war von einer großen Warze gekrönt.
Kein Zweifel, was vor mir stand war eine waschechte Hexe.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Und so kommt auch die Hexe ins Spiel. Was wird nun passieren...?

Ha! Auf dieses Update hab ich mich schon gefreut, denn das heißt, dass sie im nächsten Kapitel jemandem wichtigem begegnen wird ;)

Verkehrte Welt (Minecraft ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt