Vier

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Livia war vollkommen durcheinander. Es war nicht so, als hätte er versucht, sie zu vergewaltigen, immerhin waren sie verheiratet. Andererseits hatte sie Nein gesagt, versucht sich zu wehren und er hatte ihr wehgetan. War es dann nicht trotzdem eine Art von Vergewaltigung? Hatte sie sich ihm als seine Frau wirklich "hinzugeben"? Sie wusste es nicht. Sie wusste so Vieles nicht. Würde es für immer so bleiben? Würde es besser werden? Oder gar schlechter?

Um sich von diesen Fragen abzulenken, beschloss sie, sich in ein kleines Bistro zu setzen, in dem sie als Schülerin oft gegessen hatte. Livia wusste nicht, warum es ihr gerade jetzt in den Sinn kam, aber sie hatte Durst und keine bessere Idee.

Wenig später saß sie an einem kleinen Tisch in einer Ecke des Cafès und wartete auf einen Kellner. In dem Cafè war kaum etwas los, bis auf sie saßen in dem kleinen Raum nur ein junges Pärchen und ein paar Jugendliche, die wohl nichts Besseres zu tun hatten, als sich über schlechte Witze ihrerseits halb wegzuschmeißen. Das hob zwar deutlich den Geräuschpegel an, sorgte allerdings für unterhaltende Ablenkung und Ablenkung war, was sie brauchte.

„So, was kann ich ihnen bringen?" Die Stimme der jungen Kellnerin ließ Livia aus ihren Gedanken hochfahren. „W..was? Entschuldigen Sie bitte, was sagten sie?" Die Kellnerin lachte und setzte sich kurzerhand zu ihr an den Tisch. „Na, in Gedanken?" Jetzt sah Livia sich die Frau genauer an. Sie war mit ihrer kleinen, leicht molligen Figur vermutlich nicht die Frau, die viele als 'absolutes Schönheitsideal' bezeichnen würden, aber irgendwie hatte sie etwas symphatisches an sich. Ihre hellbraunen Augen blickten keck unter ihrem braunen Lockenwirrwarr von Haar hervor und blickten fragend. „Ehm, ja... Ich hab gerade etwas Stress auf der Arbeit." Das war glatt gelogen, aber hätte sie ihr die ganze Geschichte erzählt, hätte sie wahrscheinlich gleich ihre Klapsen-Einweisung unterzeichnen können. „Stress auf der Arbeit, soso.." schmunzelte die Kellnerin, stand auf und sagte :„ Dass das nicht stimmt sehe ich ihnen doch an der Nasenspitze an. Aber bevor sie mir das genauer erläutern: Was wollen sie denn trinken?"

Als die Kellnerin kurze Zeit später wieder kam, einen dampfenden Tee vor Livia abstellte und sich erneut hinsetzte, guckte sie nur abwartend. Nach einigen Sekunden des eher einseitigen Schweigens fing sie plötzlich an zu reden:„Also ich bin Ava." Wieder betretene Stille. Livia räusperte sich. „ Livia. Ich heiße Livia. Und sie haben Recht, ich habe was die Probleme auf der Arbeit angeht etwas gelogen. Nun, es ist so..."

Zwei Tassen Tee, einige Unterbrechungen wegen Gästen, die bestellen wollten und eine Stunde später, saßen sich die beiden lachend gegenüber und hatten von Livias Problemen mit Mark, (das er sie nicht nur betrogen sondern auch geschlagen hatte, ließ sie natürlich weg) über Avas bekloppte Katze, bis hin zu der Absonderlichkeit von grünen Pfannkuchen wirklich alles besprochen. „Du, es ist wirklich schön mit dir, aber meine Schicht ist in fünf Minuten vorbei." unterbrach Ava sie. Erst jetzt realisierte Livia, wie spät es geworden war. Sie hatte doch tatsächlich eine ganze Stunde hier gesessen und sich mit einer völlig fremden Frau unterhalten! Doch das Seltsamste war, dass es ihr im Nachhinein nicht einmal komisch vorkam, Nein, sie hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt, wie an diesem Abend. Sie hatte sich in Avas Gegenwart so wohl und verstanden gefühlt, wie schon lange nicht mehr. „Oh, wie schade. Es war auf jeden Fall sehr schön!" lächelte Livia. „Na dann, man sieht sich ja bekanntlich immer zwei mal, nicht?" sagte Ava und nahm sie zum Abschied in den Arm. „ Hat mich gefreut, dich kennen zu lernen!" „Mich auch."

Livia ging durch die dunkle Nacht zurück und ließ ihre Bekanntschaft mit Ava Revue passieren. Sie wusste nicht Recht, was sie von der kleinen, flippigen Frau halten sollte. Viele hätten sie vermutlich für aufdringlich, seltsam oder kindisch gehalten aber Livia gefiel ihre fröhliche und offene Art. Sie war anders als die Menschen auf der Straße, in der U-Bahn oder im Supermarkt. Sie strahlte Unbekümmertheit, Fröhlichkeit aber auch Empathie und Verständnis aus. Livia freute sich schon auf das nächste Mal, wenn sie das Bistro besuchen würde.

Hallöchen! Neuer Tag, neues Kapitel! Wie gesagt, ich übe noch und deswegen →Feedback! ;) Falls jemandem Fehler auffallen - ab in die Kommentare! ;) Bis zum nächsten Update!
Lg, Helena :)

He won't break me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt