Dreizehn

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,,Livia, was ist mit dir los? Was hat die Ärztin gesagt? Verdammt Livia, ich mache mir Sorgen!" Schon zum wiederholten Male redete Mark eindringlich auf sie ein. Inzwischen saßen sie im Auto, waren allerdings noch nicht losgefahren, nicht bevor Mark wusste, was bei der Untersuchung herausgekommen war. Livia war aus dem Behandlungszimmer gegangen, hatte, noch immer unter Schock, nach seiner Hand gegriffen und ab da kein Wort mehr gesagt. Irgendwie hatte sie es gewusst. Aber dass sie jetzt den Beweis in Händen hielt, den Beweis, dass in ihr ein kleiner Mensch heranwuchs, war erschreckend. Andererseits freute sie sich, immerhin hatte sie nichts zu befürchten. Finanziell ging es ihnen mehr als gut, da sie noch recht jung war, würde es keine Risikogeburt werden, sie hatte sowohl was Schwangerschaften als auch Kinder anging Erfahrung, viel Zeit und einen liebevollen, fürsorglichen Ehemann. Was konnte schon schiefgehen?

,,Ich bin in der fünften Woche schwanger." Jetzt war es heraus. Gespannt auf seine Reaktion schaute Livia ihm in die Augen, welche sich immer mehr zu einem Strahlen verformten. ,,Das ist doch großartig! Oder etwa nicht? Ist das Kind krank?" sofort schaute er wieder sorgenvoll, es war beinahe niedlich. ,,Nein ,Alle sind gesund und munter, soweit man es bis jetzt sehen konnte." lachte Livia und wurde von ihm in eine stürmische, wegen des Platzmangels im Auto etwas unbeholfene Umarmung gezogen. ,,Wann wollen wir es denn den Jungs sagen? Und haben wir eigentlich noch den alten Kinderwagen? Welches Zimmer wird denn das Baby kriegen? Am besten eines der Gästezimmer, oder? Oder doch lieber das Arbeitszimmer? Denkst du, es wird wieder ein Junge?" Er überfiel sie förmlich mit Fragen und sie musste ob des Enthusiasmus, den er schon jetzt für den oder die kleine aufbrachte lachen. ,,Nicht so schnell! Wir haben immerhin noch mehr als ein halbes Jahr Zeit, all diese Fragen zu klären! Jetzt sollten wir uns erst einmal auf die Schwangerschaft konzentrieren." Glücklich und liebevoll schaute sie ihn an und drückte seine Hand.

,,Also ihr beiden... Mami und Papa müssen euch etwas ganz ganz tolles erzählen" sagte Mark und blickte Livia glücklich an. ,,Ihr beiden bekommt ein kleines Geschwisterchen." Livia grinste die beiden erwartungsvoll an. ,,Juhu! Endlich bin Ich auch mal ein großer Bruder! Ist das Baby in deinem Bauch, Mami?" Paul freute sich sehr, während sein älterer nicht ganz so begeistert schaute. ,,Ja mein Schatz. Aber dein Geschwisterchen wird da auch noch eine ganze Weile drinbleiben wollen. Möchtest du nicht auch etwas dazu sagen, Benjamin? Freust du dich denn gar nicht?" wandte sie sich nun an ihren älteren Sohn und guckte ihn besorgt an. Aber anstatt etwas zu sagen, drehte Benjamin sich nur um und lief in Richtung seines Zimmers. ,,Benjamin, komm sofort wieder her!" rief Mark ihm hinterher, aber Livia hielt ihn am arm fest und hielt ihn zurück. ,,Ich mach das, Schatz.

,,Benjamin, darf ich reinkommen?" Als sie nach kurzem Warten nichts hörte, drückte sie die Klinke herunter und ging in das Zimmer. ,,Was ist denn los, mein Schatz?" Livia hatte nicht damit gerechnet, dass einer der Beiden unglücklich über die Schwangerschaft reagieren könnte. ,,Ich hab gedacht, dass wir zu viert eine Familie sind, Mami. Ich will nicht noch ein Geschwisterchen." Livia wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie nahm ihren Sohn in die Arme und drückte ihn fest an sich. ,,Hast du Angst, dir mich und Papa mit noch einem Kind zu teilen?" Der Gedanke kam ihr ganz unerwartet. Sie selbst war Einzelkind und hatte sich nie etwas sehnlicher gewünscht, als Geschwister zu haben. Aber ihre Mutter hatte während ihrer Geburt Komplikationen erleidet und war durch einen notwendigen Eingriff unfruchtbar geworden, woraufhin ihr Vater sie verlassen hatte. Sie hatte ihrem Vater nie verzeihen können ihre Mutter so im Stich gelassen zu haben. Benjamin nickte. ,,Ich will nicht, dass du mich dann weniger lieb hast, Mami." Er schaute sie betreten an. ,,Weißt du mein Schatz, ich habe dich und Paul nicht weniger lieb, weil ihr noch ein Geschwisterchen bekommt. Im Gegenteil, mit jedem von euch, den Papa und ich bekommen haben, wurde unsere Familie nur noch ein Stück schöner. Ich werde mich in der ersten Zeit sehr viel um das Baby kümmern müssen, aber Papa und ich werden aufpassen, dass ihr beiden nicht zu kurz kommt, in Ordnung?" Livia schaute ihn fragend an und er nickte. ,,Ich hab dich ganz doll lieb, mein Spatz." ,,Ich dich auch." Er lehnte sich gegen seine Mutter und so blieben sie eine Weile lang liegen, bis Livia langsam die Augen zufielen.

Livia wurde von einem Klappern geweckt. Orientierunglos schaute sie sich in dem Zimmer um. Natürlich, sie war ja in Benjamins Zimmer eingeschlafen. Benjamin war verschwunden, vermutlich war er unten. Schnell machte sie sich ebenfalls auf den Weg in das Wohnzimmer, wo der Rest ihrer Familie am Esstisch saß und lachend redete. ,,Livia! Entschuldige, dass ich dich nicht geweckt hatte, ich dachte du brauchst doch deinen Schlaf. Magst du auch etwas essen?" ,,Klar, gerne." Und mit diesen Worten setzte sie sich neben ihren Mann und er schaufelte ihr eiin Gericht auf den Teller, das mit etwas Fantasie an Reis mit Gemüse errinnern könnte. ,,Hast du gekocht? Du weißt doch nicht einmal wo das Besteck ist!" Livi lachte und beäugte ihren Teller kritisch. ,,Oh wohl! Und jetzt iss, sonst wird es noch kalt." sagte Mark lachend und guckte gespielt beleidigt. Nachdem siue die ersten Bisse genommen hatte und feststellen musste, dass es tatsächlich gar nicht einmal schlecht schmeckte, beugte er sich zu ihr herüber und flüsterte: ,,Weißt du eigentlich, dass du mit verstrubbelten Haaren ziemlich niedlich aussiehst?" Sie knuffte ihn schmunzelnd in die Seite und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. Dies war einer der Momente, in denen Livia sich einfach nur glücklich fühlte. Wäre da nicht diese eine Person, die sie einfach nicht aus dem Kopf bekam...

He won't break me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt