Song: New Age - Marlon Roudette
Moritz:
Es fällt mir schwer, ihn nicht zu küssen. Aber es wäre zu früh. Erst will ich wissen, wohin das alles hier führt, obwohl ich weiß, dass wir uns beide Hals über Kopf in einander verliebt haben. Trotzdem.
Eben hat sich ein komisches Gefühl in mir breit gemacht. Ich habe eine krasse Angst, ihn zu verlieren, dabei habe ich ihn nicht einmal. Doch als er mir erzählte, wohin sein Weg ihn nach seinen Schulabschluss führt, wollte ich es zuerst nicht wahrhaben.
Aber Vincent hat recht. Ein halbes Jahr ist eine verdammt lange Zeit.Mir wird langsam kalt und das scheint auch Vincent zu spüren. Er löst sich von mir, schaut mich noch einmal lange an, dann nimmt er meine kalte Hand in seine, die so wunderbar warm ist und streicht mit seinem Daumen über meine raue Haut.
'Lass uns noch ein Stück gehen, sonst frieren wir hier noch fest.', sagt er.Ich muss grinsen. 'Wenn du lachst, bist du noch viel hübscher als sowieso schon. Das solltest du öfters tun.' Seine Worte lassen mich rot werden, ein warmer Schauer läuft über meinen Rücken. Ich drücke als Antwort seine Hand.
Ein Eichhörnchen flitzt vor uns über den Weg und ist schnell in einer kahlen Baumkrone verschwunden. Vögel fliegen auf, erschreckt von dem kleinen Tier.Immer noch gibt es soviel, was ich Vincent fragen will, aber mir fehlen die Worte. Ich betrachte ihn von der Seite. Er ist ein ganz bisschen kleiner als ich, ich habs erst gemerkt, als wir uns vorhin wieder so nah waren. Ich spüre noch immer seinen warmen Atem auf meiner Haut.
Vincent trägt einen bronzefarbenden Ohrring, der perfekt zu seinem Hautton passt. Seine dunkelblonden Haare sehen frisch gewaschen aus. Ganz so, als hätte er noch geduscht bevor wir uns getroffen haben. Am liebsten würde ich meine Hand ausstrecken und sie berühren.Er ertappt mich bei meinem Blick, schnell schaue ich weg. Aber es ist mir überhaupt nicht unangenehm, so wie sonst immer, wenn mir das passiert.
Vincent schmunzelt leicht, seine grünen Augen blitzen, die untergehende Sonne spiegelt sich darin, es sieht unglaublich aus. 'Was ist?', fragt er leise, ohne dass sein Lächeln erlischt.
'Wieso hast du letzte Woche Dienstag so traurig geschaut? Als wir uns das erste Mal gesehen haben.' Ich gucke ihn ernst an. Für einen winzigen Moment entgleisen seine Gesichtszüge, aber er hat sich blitzschnell wieder im Griff.'Ach das, nicht wichtig.', sagt er tonlos. Doch ich weiß, dass nicht stimmt. Ich sehe das nicht nur an seiner Mimik. Ich spüre das. Also schüttel ich den Kopf. 'Erzähl es mir, ich merke doch, dass es nichts belangloses ist. Und ich will das hier nicht ohne Ehrlichkeit und Vertrauen anfangen.' Ich meine es ernst. Mein Herz kann nicht noch einmal so brutal gebrochen werden, dass halte ich nicht aus.
'Das anfangen?' Ich nicke. Das Lächeln kehrt zurück auf Vincents Lippen, er drückt meine Hand. 'Wenn du so guckst, siehst du so verdammt süß aus, Moritz!' Seine Stimme ist ein bisschen rau und seine weichen Fingerkuppen streichen sanft über meine kalte Wange. Lange sehen wir uns in die Augen, bevor er seufzt und anfängt, zu erzählen.
'Du hast recht. Ich sollte nicht immer alle Probleme mit mir selber ausmachen. Wahrscheinlich ist es am besten es jemanden zu erzählen, der völlig unbeteiligt in der Situation ist.'
Er macht eine kurze Pause, scheinbar sucht er nach den richtigen Worten. 'Der ganze Tag war mies gelaufen, schon der Abend davor. Eine meiner besten Freunde, zumindest war sie das bis letzte Woche, sie heißt Jule, hat mich ziemlich verletzt. Ich hatte ihr vor ein paar Wochen erzählt, dass ich seit den Herbstferien ziemlich viel Kontakt mit einem Mädchen hatte. Eigentlich wollte ich ihr das gar nicht sagen, ich hatte schon die ganze Zeit ein komisches Gefühl dabei. Aber wir hatten uns an dem Tag lange unterhalten und dann sind wir eben doch irgendwie auf dieses Thema gekommen. Wahrscheinlich wusste sie schon irgendwie davon. Das Mädchen ist nämlich die Schwester von Jules Freund.' Wieder macht er eine Pause.
'Alles klar?', frage ich Er schüttelt kurz den Kopf, dann redet er weiter.'Ich kann den Typen nicht ab, er ist so ein Arschloch und ich kann nicht verstehen wieso Jule ihre Zeit mit ihm verschwendet.'
'Tja', sage ich. 'Wo die Liebe hinfällt.' Vincent lacht kurz, dann zwinkert er mir zu. 'Da hast du recht Moritz.' Die Art, wie er meinen Namen ausspricht, lässt mein Herz hüpfen, es ist unglaublich.
'Jedenfalls dachte Jule sofort, dass mehr dahinter steckt als eine normale Freundschaft, weil wir soviel geschrieben haben.''War es das denn?', frage ich ohne Hintergedanken. Vincent legt den Kopf in den Nacken, um die weißen Flocken in seinem Gesicht zu spüren. Es hat wieder angefangen zu schneien.
'Von ihr aus kann sein, ich glaube sogar schon ein bisschen, und ich selber wusste es nie so genau. Aber selbst wenn wäre das jetzt eh egal und vorbei.' Das Funkeln in den Augen, die meine in der Dunkelheit suchen, genügt mir als Antwort. Mein Herz wird sich nie wieder beruhigen können, glaube ich.'Ich hatte Jule also davon erzählt, aber nie davon, ob ich oder das Mädchen mehr als nur Freundschaft wollten, das hatte sie sich alleine zusammen gereimt. Vorher, währenddessen und danach hatte ich immer das Gefühl, dass es die falsche Entscheidung gewesen war. Und genau das hatte sich letzte Woche Montag bewiesen, als ich Abends eine Nachricht von Jules Freund erhielt, in der er fragte: Du willst also was von meiner Schwester, hab ich recht?
In dem Moment sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Denn ich konnte mich noch genau an die Augenblicke, vor, nach und auch in dem Gespräch mit Jule, erinnern, in dem ich sie ehrlich gebeten hatte, niemanden, nicht mal ihrem Freund etwas davon zu erzählen. Und sie hat jedes mal geantwortet, sie würde das niemals tun. Wie sehr ich mich getäuscht habe...'Ich hebe meinen Kopf um ihn anzusehen. Auf seiner Wange glitzert etwas. Ich weiß nicht, ob es einfach nur eine geschmolzene Schneeflocke ist oder eine Träne. Anstatt etwas zu antworten, drücke ich seine Hand fest, ich spüre, dass er noch nicht fertig ist.
'Ich kenne Jule noch nicht so unglaublich lange wie meine anderen Freunde, höchstens zwei Jahre oder so. Aber sie war immer diejenige, der ich von allen fast am meisten vertraut habe, ich wusste, Geheimnisse sind bei ihr sicher. Bis sie mit diesem Kerl zusammen gekommen ist. Ich versteh es einfach nicht.' Vincent verstummt und schüttelt nur den Kopf, traurig lässt er seine Schultern hängen. Ihn so zu sehen, verletzt mich ganz tief in mir drin.
'Das aller schlimmste von allem ist aber, dass sie nicht im geringsten merkt, dass sie mir so weh getan hat. Wenn wir uns in der Schule sehen, tut sie so, als wäre nie was gewesen. Sie redet mit mir genauso wie vorher. Obwohl sie weiß, dass ich enttäuscht von ihr bin. Und das finde ich absolut schlimm. Ich meine natürlich, es war jetzt nicht so die krasseste Sache, die ich ihr da erzählt hatte-'
Ich unterbreche ihn. 'Aber trotzdem verletzt es dich. Es kommt auch nicht darauf an, was das Geheimnis war. Sie hat dein Vertrauen gebrochen und das ist einfach nur verdammt scheiße, vorallem wenn du ihr sooft gesagt hast, dass sie es für sich behalten soll. Sowas machen Freunde nicht. Zumindest sollten sie es nicht.'Ich sehe Vincent in die. Augen. 'Ja, eben.', antwortet er. 'Und was machst du jetzt?', will ich wissen. 'Im Moment versuch ich sie soweit es geht irgendwie zu ignorieren. Nicht die netteste Art, ich weiß, aber ich will auch irgendwie, dass sie spüren soll wie traurig ich wirklich über das was passiert ist bin.' Ich nicke nur, bevor er seine Arme um mich schlingt. 'Ich will dich nicht mit meinen dummen Schulproblemen nerven.', flüstert er in mein Ohr. Ich schiebe eine Hand zwischen uns und drücke ihn ein ganz klein wenig von mir weg, um ihm in die Augen schauen zu können. 'Du nervst mich überhaupt nicht damit. Ich will schließlich wissen, wer du bist, was in deinem Kopf vorgeht. Außerdem merke ich, dass du diese Geschichte endlich loswerden musstest. Ich will dir helfen.'
Vincent drückt seine Stirn gegen meine. 'Ich kann immer noch nicht glauben, dass jemand wie du mir einfach über meinen Weg gelaufen ist. Danke, Moritz.'
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Heyy, ich hoffe, das Kapitel hat euch nicht gelangweilt oder so, aber ich wollte das endlich loswerden. Mir ist das nämlich ziemlich genauso passiert, ich war, bin, sehr verletzt, und wollte das alles einfach irgendwie verarbeiten, da kam mir diese Idee.
Wie hättet ihr gehandelt? Wie Vincent oder hättet ihr demjenigen vergeben?
Tut mir bitte den Gefallen und passt auf, wen ihr eure Freunde nennt und wem ihr vertraut:)Habt eine schöne Woche!
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Vincent (boyxboy)
Teen FictionLiebe auf den ersten Blick, kann das funktionieren? Wenn man weiß, dass man sich nie wieder sieht? Als er eines Tages diesen Jungen in der U-Bahn sieht, weiß er sofort: Er muss ihn wieder finden. Wie aber, wenn in seiner Stadt Millionen Menschen le...