Song: High Hopes-Kodaline
Mein Brustkorb tut weh, mein Hals brennt, ich bekomme kaum noch Luft, aber ich renne weiter. Weiße Atemwolken kommen aus meinem Mund. Gleich bin ich endlich zu Hause.
Morgens zu laufen ist das Beste, was es gibt. Leichter Nebel schwebt über dem nassen Asphalt, die Straßenlaternen gehen langsam aus, alles ist verschlafen, nur ich bin voller Leben.Mein Herz rast noch immer, da stehe ich schon längst unter der Dusche und lasse warmes Wasser auf meinen Rücken rieseln.
''Bis heute Abend!'', ruft Lia und ich höre, wie die Tür zu fällt. Ich frühstücke, ziehe mich an, mache mich auf den Weg zur Schule.
Die Bahn heute morgen ist unglaublich leer und ich muss wieder an den Jungen denken, so wie jeden Morgen, jeden Abend und jede Nacht seit ich ihn begegnet bin. Ich will ihn wiedersehen, aber ich will mir keine Hoffnungen machen, das wir uns wiedersehen ist unmöglich.Ich steige aus, von der Station ist es nicht mehr weit bis zur Schule, der Bass aus meinen Kopfhörern pulsiert in meinen Ohren, es gibt kaum was besseres.
Noch bevor ich durch die Tür gegangen bin, sehe ich sie schon bei den anderen stehen. Am liebsten würde ich auf der Stelle kehrt machen. Als Jule zu mir guckt, senke ich schnell den Blick. Schlagartig weicht all meine Freude aus meinem Gesicht, wo sich ein Lächeln bei dem Gedanken an den Jungen festgesetzt hatte.Eigentlich ist sie eine meiner besten Freunden. Zumindest diejenige von ihnen, der ich am meisten Vertrauen geschenkt hab. Bis Gestern, als ich herausgefunden hatte, dass sie es gebrochen hat.
Ich hatte ihr Dinge erzählt, bei denen ich ihr extra zweimal gesagt hatte, dass sie es nicht weiter erzählen soll. Auch nicht ihrem Freund, den ich sowieso nicht abkann, den niemand abkann. Und dabei ist es ganz egal, was diese Dinge waren, solange ich sie gebeten hatte, es für sich zu behalten. Aber sie ist direkt zu ihm gegangen, und hat ihm alles weiter erzählt.
Dass ich es herausgefunden habe, war nur ein Zufall.Ich bin so verletzt, weil ich finde, dass Vertrauen fast das wichtigste in einer Freundschaft ist. Und sie hat es trotzdem einfach weiter erzählt.
Das Miese ist aber, dass sie es nicht als schlimm ansieht. Deswegen will ich ihr nicht begegnen, weil ich es nicht abkann, wie sie trotz alldem, was passiert ist, mit mir redet.
Aber ich habe schließlich noch andere Freunde.
Und trotzdem vermisse ich jemanden. Ohne es zu wissen.-----------------
Ein paar Tage später fahre ich zu meiner Oma. Ich bin super schlecht gelaunt, komme von der Schule. Jule zu sehen macht mich immer noch einfach fertig. Aber ich will jetzt nicht mehr an sie denken müssen.
In dem Moment, als ich in die Bahn steige und mich nach einem freien Platz umschaue, sehe ich einen roten Rucksack. Mein Herz setzt eine Sekunde aus. Das kann nicht sein, denke ich, weil der Junge immer noch nicht aus meiner Erinnerung verschwunden ist. Ich muss immer noch jeden Tag an ihn denken. Will an ihn denken.Grade verlässt der rote Rucksack die Bahn. Auch ich springe, wie vom Blitz getroffen, wieder hinaus, renne hinter dem Typen hinterher. Bei ihm angekommen, klopfe ich, ohne irgendwie über die Situation nachzudenken, auf seine Schulter. Ich spüre, wie mein Herz vor Aufregung fast zerspringt. Ruckartig dreht er sich um und ich erstarre. Es ist nicht der Junge aus meiner Erinnerung.
Ich schaue in die müden Augen einer jungen Frau, die mich voller Erstaunen ansieht.
''Tschuldigung, hab dich verwechselt'', presse ich hervor, unfähig mehr zu sagen. Es fühlt sich an wie ein Schlag mitten ins Gesicht.
Doch sie fängt nur an zu lachen. ''Hey! Das macht doch nichts!'' Sie ist echt hübsch. Ich grinse jetzt auch, aber innerlich gefriert alles in mir. Wieso bin ich nur so ein Idiot?''Na dann...'' Etwas verloren gucke ich auf meine Schuhe. Ich bin nicht gut im reden mit Fremden. ''Ich bin übrigens Jo, und ich würde ja echt gerne weiter plaudern, aber ich muss jetzt wirklich los. Man sieht sich!'' Lustig, wenn das unmöglich ist.
''Ja, bis irgendwann mal'', flüsterte ich noch, dann ist sie weg.
Ich drehe mich um, aber meine Bahn hab ich verpasst. Es wäre zu schön gewesen, wenn ich ihn wiedergetroffen hätte. Aber es ist unmöglich. Und trotzdem ist es ebenso unmöglich, ihn zu vergessen.Er war nicht wirklich der erste, der meinen Blick in so einer Situation erwidert hatte, aber vor ihm hatte mich noch nie jemand fremdes so lange und intensiv angesehen. Es fühlt sich einfach an, als wäre es mehr als eine zufällige Begegnung. Deswegen kann ich das auch nicht einfach aus meinem Gedächtnis löschen oder ignorieren wie ich Jule ignoriere. Aber was mache ich mir hier vor?
Traurig sehe ich auf die Schienen, stehe wie ein Fels in der Brandung, Menschen strömen an mir vorbei.
Am liebsten würde ich heulen. Ich fühle mich einsam, vermisse meine Eltern, ich kann niemanden mehr meine Geheimnisse erzählen, nicht mehr vertrauen. Und dieser Junge, den ich nie wieder sehen kann. Ich kenne ihn überhaupt nicht, aber trotzdem fühlt es sich so an.
Das ist einfach ein Scheißgefühl. Als hätte ich Liebeskummer. Obwohl das nicht mal sein kann._____________
Lasst gerne eure Meinung und einen Vote dazu da, würde mich echt riesig freuen:)
Habt eine schöne Woche!
DU LIEST GERADE
Vincent (boyxboy)
Teen FictionLiebe auf den ersten Blick, kann das funktionieren? Wenn man weiß, dass man sich nie wieder sieht? Als er eines Tages diesen Jungen in der U-Bahn sieht, weiß er sofort: Er muss ihn wieder finden. Wie aber, wenn in seiner Stadt Millionen Menschen le...