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Am nächsten Morgen bekam ich eine Nachricht von Tanya. Ich hatte nicht wirklich gut geschlafen und fühlte mich platt und ausgelaugt.
"Heute Abend Party bei Jonas. Ich hab gesagt, dass wir kommen."
Ich verzog das Gesicht. Bock auf Party hatte ich nun wirklich nicht. Nach der Umarmungssituation mit Frau Jansen hatte ich erstmal genug von Menschen und sozialem Miteinander.
"Ich bin nicht wirklich in Stimmung. Ein anderes mal vielleicht." Sie antwortete prompt. "Ä das las ich nicht durchgehend. Die besten Partys beginnen mit 'ich hab eigentlich keine Lust' oder muss ich dich an Stuttgart erinnern? Also ich hol dich um 10. Basta!"
Ich musste grinsen. Sie hatte recht. Stuttgart war geil gewesen und da hatte niemand von uns Bock gehabt, auch nur irgendwas anderes außer Netflix and chill zu machen.
"Nagut. Unter einer Bedingung. Ich fahre und wir gehen heim, wenn ich das sage, Ok? Was is das eigentlich für ne Party?"
"Ok einverstanden. Da kann ich wenigstens trinken. Ach ä ich glaub ne Altweibersommergartenparty oder so.?!"
"Ok .... was auch immer das sein soll." "Ach irgendein Familienfest mit allen Leuten die man kennt also Freunde Familie usw. Seine Eltern feiern auch mit und haben Freunde eingeladen. Das wird echt witzig. Sein Vater is ultra geil drauf. Wenn der nicht die Shisha auspackt, weiß ich nicht." Ich lachte und schüttelte den Kopf. "Wenn du mir in die Karre speist bezahlst du die Reinigung." "Jaja schon klar." Ich konnte praktisch ihr Augenrollen bildlich vor mir sehen. Wir tauschten noch ein paar Formalitäten aus und besprachen das, was wir mitbringen wollten. Natürlich entschieden wir uns für Alkohol.

Gegen 20 Uhr begann ich, mich fertig zu machen. Ich war kein Fan von Schminke oder High Heels, trug eher schlichtere Kleidung, Hose und Tshirt, aber mit viel Farbe.
Ich entschied mich für eine dunkleblaue High Waist und eine übergroße hellblau weiß vertikal gestreifte Bluse, deren Ärmel ich hoch kremplelte und die ich in die Hose hinein stopfte.
Meine Mutter und ich sammelten Mäntel jeder Art, Farbe, Schnitt, Stoff oder Aufmachung, was dazu führte, dass wir mittlerweile etwa 28 davon in 2 großen Schränken bei Opa auf dem Dachboden lagerten. An diesem Abend entschied ich mich für einen fast bodenlangen schwarzen mit schlichtem schwarzen Pelzkragen aber goldenen Innenfutter. Es war mein Lieblingsstück und nicht gerade billig gewesen. Ich mochte, wie er bei jeder Bewegung Wellen schlug und man so das sonst versteckte Gold sehen konnte. Das alles kombinierte ich mit einem breiten knallroten Gürtel, den ich mir beinahe 2 mal um meine Hüfte schnallen musste, und meinen blauen Plateauschuhen in Lackoptik. Ich sah für meine Verhältnisse recht schick aus.

Nachdem ich mir große Kreolen in die Ohren gesteckt hatte, stieg ich in mein Auto und fuhr zu Tanya. Anders als sonst, stand sie pünktlich 21Uhr, mit 2 Sektflaschen beladen vor ihrer Einfahrt und wankte in der Frische, die außerhalb herrschte, hin und her.
"Uh heute mal pünktlich." Empfing ich sie, als sie sich neben mir auf den Sitz fallen ließ. "Nur für dich, Baby." Sie grinste breit, wobei ihr eine rote Locke ins Gesicht viel. Anders als sonst, trug sie kein bauchfrei, sondern einen mit Spitze verzierten hautengen Pullover und eine hellblaue Jeans, dazu weiße Nike.
Sie entsprach also dem Zeitgeist.

Wir fuhren etwa 20 Minuten. Erst als ich das Ortseingansschild sah, wurde mir bewusst, dass ich diesen Weg 24h zuvor bereits gefahren war.
Das Ereignis des Vortages hatte ich so gut es ging verdrängt und ich bekam gleich Herzklopfen und eine Art Unwohlsein machte sich in meinem Unterleib breit. "Scheise." Entwich meinen Lippen. "Was is?" Fragte Tanya, die die ganze Fahrt über am Handy war und nur nebenbei meinen Beschwerden über Bio beigewohnt hatte. "Ach nichts. Ich mag bloß dunkle Alleen nicht. Wildunfälle usw." Versuchte ich davon abzulenken, dass ich aufgeregt auf meinem Sitz hin und her rutschte. "Fahr halt vorsichtig." War alles, was von ihr kam, bevor sie sich wieder ihrem internetfähigen Endgerät, kurz Handy, zuwandte.

Pünktlich 21:30 Uhr drückte ich die Kingel an Jonas Gartentor. Es ging mir bis zum Bauchnabel und solang wir warteten, betrachtete ich seine mit Girlanden verzierte Einfahrt. Seine Eltern hatten Geld, das konnte man sehen.
Den Weg zur Haustür flankierten mittelgroße, akkurat geschnittene Buksbäumchen und im Vorgarten befand sich ein Zierteich, samt Kois und Wasserspiel.
"Geld könnte man nicht besser anlegen." Bestätigte Tanya meine Gedanken. Anders als ich, hatte ihr Blick aber den Tesla in der Einfahrt fokussiert.
"Das Tor is offen! Ihr könnt ums Haus rum in den Garten gehen." brüllte uns Jonas Mutter von der Haustüre aus zu. "Machen wir so." Schrie ihr Tanya zu und wir betraten das Grundstück und gingen ums Haus.

Ihr Weg zu DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt