16.12

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"Ach Kacke Fuck"

Stieß ich genervt aus und wischte mir den Schnee von der Hose. Diese verdammte Glätte, dieser verdammte Winter. Ich hatte mal wieder viel zu viel getrunken, doch anders konnte ich den Schmerz nicht kompensieren.
Miriam war ihr Name.
Melodisch.
Ich könnte kotzen beim Gedanken daran wie nett und schön sie war.
Ich könnte kotzen von meiner Intoleranz gegenüber ihr.
Aber warum sollte ich eine Person mögen, welche mir die Liebe meines Lebens genommen hatte?
Ich durfte sie hassen, zumindest redete ich mir dies ein.
Der Schnee fraß sich langsam in meine Hose, doch ich machte keine Anstalten aufzustehen.
Vielleicht würde ich ja erfrieren, oder einfach verschwinden. Langsam zu einer Eisblume werden und zwischen dem ganzen Schnee nicht mehr auffallen.
Genauso Unsichtbar, wie ich für Karl geworden war.
Er hasste mich und er hatte auch allen Grund dazu. Ich hatte Ihn betrogen und nun beschwerte ich mich noch darüber, das er endlich jemanden gefunden hatte, der loyal, wunderschön und lieb war.
Ich war so ein schlechter Mensch.
Die kälte fraß sich langsam in meine Beine, doch noch immer wollte ich nicht aufstehen, am liebsten nie wieder.
Ich fühlte mich so ehlend. Was wohl die Passanten denken mussten?
Eine kleine betrunkene Frau mit bibbernden Lippen, welche den Boden mit ihrer Präsens einnahm.

"Pia?"

Eine dunkle Stimme zog mich aus meiner Gedankenwelt und als ich den Kopf hob um zu sehen wer mich da gerade angesprochen hatte, erstarrte ich.
Vor mit stand Karl. Eingemummelt in eine schwarze dicke Jacke mit einem großen gestrickten Schal. Seine wilden Lock versteckten sich unter einer Mütze, welche mir verhinderte einen Blick auf sie zu werfen. So wie er da vor mir stand, erinnerte ich mich an jede Sekunde, an jede Minute. An einfach alles was ich mit Ihm erlebt hatte. Ich sah uns auf diesem Konzert, im Alten Schlachthof in Dresden, wo wir uns das erste mal begegnet waren. Ich sah uns am Großkopf, bei unserem ersten Kuss. Ich sah uns in unserer ersten gemeinsamen Wohnung mit Balkon und Badewanne. Alle diese schönene Dinge, welche ich mit dieser wunderschönen Person erlebt hatte. Doch seine braunen Augen, welche immer noch verletzt wirkten, ließen mich an den Abend erinnern der mir diese Person nahm.
Der 30. August.
Die Gartenparty bei Felix und seiner Freundin Lena.
Der Alkohol, welcher in Massen geflossen war und Konrad.
Konrad, welcher mich einfach geküsst hatte. Konrad, welcher mir immer ein guter Freund gewesen - und nun zu jemanden geworden war den ich fast mehr verachtete als mich selbst.

Es hatte mir wortwörtlich die Sprache verschlagen. Seine Augen. Seine verdammten Augen, welche so verletzt aussahen das ich mich nur noch elender fühlte.

"Komm steh auf..Du holst dir noch eine Grippe."

Sagte Karl beinahe zögerlich und fasste mit starken Griff meine Arme und zog mich vom Boden hinauf, doch ich war immer noch unfähig irgendetwas zu sagen, denn Karl war nicht allein.

"Karli, ich hab dir Apfel-Zimt GlühVino mitgebracht, ich hoffe du magst es"

Miriam erschien hinter ihm, mit ihrer widerlich fröhlichen Art Vino...
Pff, noch schlimmeres Wort für Wein konnte man nicht erfinden.

"Ach Gottchen Du musst Pia sein? - Ich bin Miriam! Karls neue Freundin"

Sie streckte mir ihre Hand entgegen und lehnte sich demonstrativ an ihn. Ich könnte so Kotzen. Karli. Oh Gott wie alt war sie, 13?
Ich schüttelte ihre Hand zögerlich und sah dann wieder zu Karl, welcher seine Augen noch immer nicht von mir genommen hatte.
Sein Gesichtsausdruck wirkte leer und noch so voller Schmerz.

"Ja also, ich..ich muss dann auch mal wieder-"

"Bist du etwa mit Konrad verabredet? Will er dich trösten?"

Schoss Karl mir entgegen mit so viel Verachtung in der Stimme, welche er mir noch nie zu spüren gegeben hatte.
Unweigerlich stiegen mir wieder Tränen in die Augen. Miriam kuschelte sich immer weiter an seinen Arm und das gab mir den Rest.

adventsKARLender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt