Kapitel 25

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Ehe ich auch nur irgendwie reagieren konnte waren seine Lippen auch schon wieder weg. Vollkommen verwirrt saß ich da. Was war das gerade?

„Was?", ich zog beim Sprechen meine Augenbrauen hoch, um ihm zu zeigen, wie verwirrt ich war. Er atmete tief durch und senkte seinen Kopf.

„Ich habe mich in dich verguckt Patrick. Schon als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, merkte ich, das du was Besonderes bist. Als dann der ganze Scheiß anfing, wurde in mir ein Beschützerinstinkt geweckt. Ich hab alles versucht, um dich und meine alten Freunde haben zu können, und zu spät gemerkt, dass du derweil kaputtgehst. Dann war mir klar, beides geht nicht und ich hab versucht dir näherzukommen, dir zu zeigen, wer ich wirklich bin. Meine Gefühle wurden stärker und ich habe gehofft, du fühlst auch so, aber anscheinend nicht. Sorry Patrick, vergiss einfach was gerade passiert ist.", mit diesen abschließenden Worten stand er auf und ging. Er ging einfach weg, ohne mir auch nur die Möglichkeit zu geben, irgendwas zu sagen. Aber wenn ich ehrlich war, wusste ich auch nicht was ich hätte antworten sollen. Mein ehemaliger Mobber und mittlerweile guter Freund hatte anscheinend Gefühle für mich. Problem hierbei war nur, ich wusste nicht, ob ich auch Gefühle für ihn hatte. Und wer weiß, vielleicht war es auch nur ein Scherz von ihm!?

Am nächsten Morgen, ein Mittwoch, war ich extrem müde. Laut meiner Mutter, war ich selber schuld, da ich ja unbedingt unter der Woche, mit Manu seinen Geburtstag feiern wollte. Also machte ich mich auf den Weg in die Schule. Einerseits hatte ich Angst Manu zu sehen, andererseits hoffte ich endlich mit ihm reden zu können. Doch als es zum Unterrichts Beginn läutete und Manu noch immer nicht da war, dachte ich mir schon, dass er heute nicht mehr kommen würde. Der Tag zog sich wie ein Kaugummi, in jeder einzelnen Stunde musste ich gegen die Müdigkeit kämpfen und langweilig war mir auch, ohne Manu hatte ich niemanden zum Quatsch machen während den Stunden. Als dann endlich die letzte Stunde zu Ende ging, war ich einer der ersten bei den Bussen. Den ganzen Nachmittag überlegte, ob ich mich bei Manu melden sollte, ob ich das Gespräch suchen sollte, aber ich wusste nicht wirklich was ich ihm sagen sollte. So ließ ich es lieber sein.

In der Nacht träumte ich viel von Manu und mir. Einmal liefen wir Hände halten durch die Straßen, ein anderes Mal küssten wir uns bei einem romantischen See und einmal lachte er mich aus, weil ich geglaubt hatte, dass er auf mich stehen würde.

Meine Mutter schien zu merken, dass mich etwas bedrückte, aber ich ging ihren Fragen gut aus dem Weg. In der Schule wurde ich von der Anwesenheit von Manu überrascht. Allerdings sah er gar nicht gut aus. Unter seinen Augen waren tiefe Augenringe und er wirkte noch bleicher als sonst. Auf die Frage unserer Englischlehrerin, ob er krank sei, antwortete er sehr gereizt mit einem „Sonst wäre ich ja nicht hier!" Allgemein wirkte er genervt von allem und jeden, weswegen ich mich auch nicht traute, ihn anzusprechen. Zu meiner Überraschung fängt er auch wieder an mit Taddl und Ardy zu quatschen in den Schulstunden. Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass sich die drei gar nicht mehr verstehen würden, aber anscheinend lag ich da falsch. Ich fühlte mich zurückgesetzt an den Schulbeginn, weswegen es auch nicht verwunderlich war, dass ich am Freitag Angst, vor der Nachhilfestunde hatte. Dennoch blieb ich, wie die Freitage davor, in der Klasse sitzen, genau wie Manu. Als dann alle anderen die Klasse verlassen hatten, war es erst einmal Still zwischen uns. Bis Manu zum Reden begann.

„Ich würde sagen, wir fangen mit dem Beispiel aus dem Unterricht an, mit welchem wir nicht fertig geworden sind.", meinte er in einer monotonen Stimmlage. Derweil öffnete er sein Heft und sein Buch und deutete mir dasselbe zu tun.

„Manu? Willst du jetzt wirklich Mathematik machen?", fragte ich vorsichtig.

„Deswegen sind wir doch hier", meinte er. „Also, wie würdest du hier weiter machen?", fragte er mich und deutete auf das Beispiel in meinem Heft.

„Manu, können wir vielleicht zuerst reden?"

„Worüber den?"

„Über Dienstag", flüsterte ich schon fast.

„Was war denn am Dienstag?"

„Manu tu nicht so blöd. Wir beide wissen, was am Dienstag passiert ist und wir beide wissen, dass wir darüber reden müssen. Ich will dich nicht verlieren und ich sehe doch, wie beschissen es dir geht. Also hör auf mit dem Scheiß und lass uns reden!" Ich wurde wütend und das konnte man auch eindeutig aus meiner Tonlage heraushören. Warum tat Manu so, als wäre nie etwas gewesen?

Nach einem langen Seufzer begann er zu reden. „Du weißt wie ich fühle, ich aber nicht wie du fühlst, also müssen nicht wir reden, sondern du."

Danach blieb ich kurz still. Er hatte recht, ich musste mich erklären, ihm sagen, wie ich zu all dem stehe. Das Problem war nur, ich wusste nicht wie ich zu all dem stand. Am besten wäre es, einfach die Wahrheit zu sagen.
„Manu, ich weiß nicht, was in mir vorgeht. Ich mag dich, aber ich hab bis Dienstag nie daran gedacht, dass ich vielleicht nicht Hetero bin. Es ist alles so neu für mich. Ich war noch nie wirklich verliebt. Ich fühle mich wohl in deiner Nähe und bin traurig, wenn du nicht da bist, aber ob das Liebe ist, keine Ahnung." Flüsternd fügte ich noch hinzu „Außerdem hab ich Angst!"

Manu starrte mich an, ich konnte fast schon sehen, wie es in seinem Kopf ratterte. Dann kam er meinem Gesicht näher und flüsterte „Sag mir, wie sich das anfühlt." Und er küsste mich erneut. Ich schloss meine Augen und ließ mich darauf ein. In mir wurde es warm und Glücksgefühle durchströmten mich, dann löste er sich von mir.

„Gut", flüsterte ich nur, was ihn zum Lächeln brachte.

„Ich denke, jetzt weißt du wie sich Liebe anfühlt", sagte er mit einem fetten Grinsen.

„Hoffentlich", fügte ich in Gedanken hinzu.

Nach diesem Ereignis war an Mathe nicht mehr zu denken. Wir beide grinsten nur mehr und schauten uns immer wieder an, bis einer zum Kichern begann und wegschaute. Irgendwann begannen wir zusammenzupacken und wir gingen zu der Bushaltestelle.

„Hast du morgen Zeit?", fragte mich Manu schließlich, „Ich will nicht bis Montag warten, um dich zu sehen." Bei dem letzten Teil spürte ich, wie meine Wangen wärmer wurden, weswegen ich verlegen zum Boden schaute. Manu lachte, wegen meiner Reaktion, weswegen ich mich zusammenriss und ihn wieder anschaute.

"Du kannst, wenn du willst du mir kommen. Meine Mutter freut sich sicher, wenn nach so langer Zeit, mal wieder ein Freund von mir kommt." Den Gedanken an Freddie verbannte ich schnell wieder aus meinem Kopf.

"Gerne. Sag mir nur wo ich hin muss."

Ich lächelte und erklärte ihm dann, welcher Bus zu mir fuhr und bei welcher Haltestelle er aussteigen musste, damit ich ihn dann von dort abholen kann. Dann kam auch schon mein Bus.

„Tschüss und bis morgen." Sagte ich schnell und umarmte ihn kurz. Küssen war mir dann doch zu viel im Moment. Den verwirrten Blick von Manu ignorierte ich so gut es ging und hoffte einfach, dass er mir meine schnelle Verabschiedung nicht übel nahm.

Ich hab diese Geschichte nicht vergessen, es ist nur so, dass ich Anfang November ein freiwilliges, soziales Jahr im Ausland gestartet habe. Im Moment ist alles noch immer so neu für mich und so vieles passiert gerade in meinem Leben, dass ich nicht wirklich einen freien Kopf habe, für diese Story. Das heißt aber nicht, dass die Geschichte pausiert wird oder so, es wird einfach nur unregelmäßig weiter gehen. (So wie die das letzte halbe Jahr auch...)
Außerdem habe ich diese Story bis hier her gut durchgeplant und jetzt weiß ich nur, wie sie enden wird, aber nicht so wirklich, was bis dahin passiert...

Hoffentlich bleibt ihr trotzdem noch weiterhin hier. :D

Mein vergessenes Jahr/KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt