Kapitel 9

170 16 8
                                    

Und dann kam der Freitag. Normaler Schultag dachte ich zumindest. Doch schon der Morgen begann seltsam, meine Mutter saß nicht wie immer am Tisch und las Zeitung, stattdessen lag ein Zettel am Tisch. Ich las leise vor mich hin „Patrick, ich musste früher in die Arbeit, hoffe, du schaffst es dir selber Frühstück zu machen. Und zu Mittag geh bitte nicht zu Oma. Hab dich lieb. Mama" Verwirrt legte ich den Zettel hin, eine Erklärung, warum ich nicht zu meiner Oma kommen sollte gab es nicht. Kurz überlegte ich meine Mutter anzurufen, aber ich ließ es bleiben und machte mich lieber fertig für die Schule.

Der Schultag verlief einigermaßen normal. Meine Deutschlehrerin war zwar etwas komisch drauf, aber es war ganz amüsant ihr zuzuhören, wie sie von ihrer Kindheit am Land erzählte. Als schließlich Mathematik und somit die letzte Stunde vor dem Wochenende, anfing, machte ich innerlich kleine Freudensprünge. Kurz vor dem läuten beugte sich Freddie zu mir hin „Du ich werde nicht auf die warten. Muss mich beeilen, wir fahren heute noch zu meiner Familie." Ich nickte und meinte, schmunzelt „Ich schaff es doch nicht allein aus der Schule" Er schüttelte nur lachend den Kopf. Schließlich läutete es und Freddie stürmte mit den meisten anderen aus meiner Klasse hinein ins Wochenende. Ich ließ mir wie immer etwas Zeit und achtete nochmal, ob ich auch alles Wichtige für das Wochenende eingepackt hatte. Gerade wollte ich gehen, als ich meinen Namen hörte. Ich drehte mich um und sah Manuel mit seinen zwei Freunden mitten in der Klasse stehen. Leichte Panik kam in mir auf und wollte schnell aus der Klasse verschwinden. Aber ich kam nicht weit. Wieder einmal wurde ich festgehalten und die Klassentür zugeschlagen. Diesmal wehrte ich mich gleich von Beginn, aber erfolglos. Meinen erfolglosen Befreiungsversuch schien auch Manuel zu bemerkten, „Oh, er ist aktiver geworden." Ich schaute ihn an und meinte „Können wir diese Spiele bitte lassen. Ich habe letzte Woche schon gemerkt, dass mit euch nicht zu spaßen ist. Also Bitte lasst mich einfach in Ruhe." Manuel ging auf mich zu und da er größer war, als ich blickte er auf mich herab. Krampfhaft versuchte ich seinem Blick standzuhalten, aber irgendetwas an ihm machte mich nervös, weswegen ich auf den Boden blickte. Von seiner Seite hörte ich nur ein Lachen. „Weißt du, es macht Spaß dich untergeben zu sehen. Warum sollten wir dann aufhören?" Ich schluckte, das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie weiter machen würden. Ich nahm aber meinen ganzen Mut zusammen und schrie fast „Ihr seid kranke Schweine. Dass es euch aufgeilt, wenn jemand verletzt wird. Ihr gehört weggesperrt." Daraufhin warf Manuel Taddl nur einen Blick zu und dieser ging auf mich zu. Verzweifelt versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien, allerdings scheiterte ich. Also musste ich zusehen wie Taddl immer näherkam und mir mit voller Wucht in den Bauch schlug. Wie eine Woche zuvor schlug er mir immer wieder in den Bauch und ich hängte nur mehr in Ardys Armen. Immer mehr Schläge prasselten auf mich ein und mit jedem Schlag wurden meine Augen wässriger und wässriger, aber ich wollte nicht weinen und ihnen damit zeigen, dass ich noch schwächer war.
„Genug für heute." Manuels Stimme drang durch den Raum und sie klang in dem Moment, für mich wie eine Erlösung. Ardy ließ mich dann auch los, worauf ich mit voller Wucht auf den Boden knallte. Gerade so konnte ich noch mein Gesicht schützen. Als ich mich aufrichten wollte, wurde ich von einem Fuß auf meinem Rücken gehindert. Manuel sprach wieder „Findest du es nicht auch spaßig. Also mir gefällt diese Situation sehr. Bis nächste Woche Neuer." Der Fuß verschwand und ich hörte die Tür zufallen. Unter starken Schmerzen stand ich auf, im Vergleich zur letzten Woche schmerzte es noch mehr. Wahrscheinlich, weil es noch von letzter Woche weh tat, dachte ich mir. Trotzdem machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich wusste nicht so genau, wie ich mit der Situation klarkommen sollte. Hieß das jetzt, dass ich immer verprügelt werde, oder war das doch nur eine zweimalige Sache. Erleichtert sperrte ich die Wohnungstür auf, endlich war ich aus dem Bus herausgekommen, welcher mich fast umbrachte. Heute fuhr der Busfahrer nämlich extra so, dass er alle Schlaglöcher mitnahm und in so einen Bus mit schmerzendem Körper zu stehen war schwer. Und jetzt war ich zu Hause und das auch noch allein. Ich freute mich alleine zu sein, denn so müsste ich niemanden etwas erklären. Meine erste Aktion war es mich ins Bad zu schleppen und mich dort auf den Wäschekorb fallen zu lassen. Unter enormen schmerzen beugte ich mich zu der Lade mit der Creme hinunter und versuchte mit zittrigen Händen diese herauszuholen. Nach dieser Prozedur lehnte ich mich erst mal gegen die Wand und atmete hektisch ein und aus. Schließlich cremte ich mich ein und ich fühlte mich viel besser. Trotzdem konnte ich mich nicht wirklich bewegen, weswegen ich in mein Zimmer ging und dort aufs Bett schmiss. Zuerst dachte ich, Ruhe würde mir jetzt guttun, aber es war genau anders. Durch die Stille in meinem Zimmer begannen meine Gedanken immer lauter zu werden. „Warum bist du so schwach?" „Warum hast du dich nicht einfach gewährt?" „Warum warst du so dumm und hast dich nicht beeilt?" Ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass die Gedanken in meinem Kopf waren, sie waren überall, sie nahmen mein ganzes Zimmer ein. Verzweifelt versuchte ich meine Ohren zuzuhalten, aber der Lärm ging nicht weg. Doch dann ertönte in meinem, von Lärm getränkten, Zimmer ein andere Ton, mein Handy klingelte. Mit einem Schlag war ich zurück in der Realität und außer dem klingenden Handy vernahm ich keinen Lärm. „Papa" stand auf dem Bildschirm und ich atmende tief durch bevor ich abnahm.

Sind die Kapitel von der Länge her eigentlich angenehm oder zu kurz? Ich weiß nur, dass es mich selber immer nervt, wenn ein Kapitel mega kurz ist... :) 

Mein vergessenes Jahr/KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt