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,,Wer sind Sie?"
Eine Sturmflut segelte Richtung Land, zerbrach an der Küste jeglichen Vertrauens, spaltete den Strand in seine Einzelteile. Zerstört wie mein jenes Gefühl von Realitätsbewusstsein.

Blicke, die sich in die Tiefen meines Gehirns prägten und noch in Jahren dichte Narben aufweisen würden.
Wegen meiner äußerst guten Art, mit solchen Situationen klarzukommen, wurde mir beinahe die Tür vor der Nase zugeschlagen.
Wie immer war ich der stille Fels in der Brandung, der sich nicht regte und all die Emotionen auf sich einprasseln ließ.

,,Halt!"
Ein Schlag von mir, der die Tür zum stehen brachte, bevor es zu spät gewesen wäre. Mein Arm prägte sich tief in das Eichenholz.
Ein winzig kleiner Schlitz blieb offen, hauchdünn, dass ich nicht mal meine Hand hätte durchstrecken können.
,,Angesichts der Tatsache, dass ich Sie für so eine Aktion wegen Hausfriedensbruchs verklagen könnte, würde ich immer noch gerne wissen, was Sie auf meinem Grundstück zu suchen haben?"

Pfandfragenähnliche Untertöne erhoffte ich in seinen Sätzen, wovon jedoch keinerlei Spur war.
Ich verfiel der blanken Melancholie, sobald ich dem Ernst der Lage in das Gewissen blickte.
Konnte ein so vertrauter Mensch mir so sehr ins Gesicht lügen?

,,P-papa"
Alles, was ich in einer Situation wie dieser von mir lassen konnte.
Die Erde vergaß über die Sonne, der Gott über die Menschen und das Meer über das Wasser und der Vater vergaß seinen einzigen Sohn.
Hätten wir so viele Leben, wie es Sterne am Himmel gab, so hätte man dem Mann zustimmen können, dass es tatsächlich nicht leicht war, sich alle Namen einzuprägen.
Doch nun stand hier sein Fleisch und Blut, so wie jeden Tag, und er vergaß.

,,Sind Sie völlig verrückt, sich als meinen Sohn auszugeben!?"
Der wütende Ausdruck seiner Stimme, passte nicht mit der Mimik seines Ichs zusammen.
Weinerlich beäugte er mich genau.
Seine Tränen schrien mich an.
In all den Jahren meiner Kindheit konnte ich mich an keinen einzigen Augenblick erinnern, in den ich meinen Vater zum Weinen gebracht hatte.

Ich bin aber dein Sohn!
Mein Gehirn platzte vor Verwirrung, als hätte jemand einen Luftballon zu sehr aufgepumpt und ihn nur zur Freude schamlos ausgenutzt.
Aus meinen Lippen fiel kein einziges Wort, welches seine Trauer beheben konnte.
Stattdessen starrte ich ihn bemitleidenswert an.

,,Sie haben doch gar keine Ahnung!"
Er war der erste, der sein Wort gegen mich erhob.
Der Schauer prickelte unangenehm an meinem Körper, die Beine wackelten und auch mein Herz pulsierte ungleichmäßig, beinahe gefährlich.

,,W-wieso? Was ist denn mit ihrem Sohn geschehen?"
Sobald ich diese Frage aussprach, färbte sich sein Gesicht in blankes Pink. Ich hatte erbarmen vor seinen Zähren, die sich ihren nassen Weg bis zu seinem Kinn bannten.

,,E-er... Er.."
Er verfiel dem endlosen Stottern.

,,Er ist tot und jetzt verschwinden Sie!" Meine Augen weiteten sich, noch mehr als zuvor, als eine neue Stimme auftauchte und mich zum Zittern brachte.
Mutter.
Vor Schock realisierte ich erst später ihre Worte, als mir die Tür bereits vor der Nase zugeknallt wurde.
In mich zusammensackend schürfte ich die Knie an dem steinernen Boden auf, schmerzvoll brüllte ich meine Gefühle aus mir heraus.
All die Furcht, die Hilflosigkeit und auch die Panik, die Herr über mich wurde. Er war tot.

Mamas Worte klebten in meinen Erinnerungen, nach jedem kläglichen Schrei.
Ich sah sie vor der Schwärze meiner Gedanken ihre Hand zu mir reichen und sagen:

,,Mein Sohn, du bist tot."

Author || ChanbaekWo Geschichten leben. Entdecke jetzt