Kapitel 7 - Please, don't be cruel

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Hiromu POV

Bereits seit einer Stunde fuhr das Auto über den dunklen Asphalt. Es war nicht so groß wie die Limousine mit der wir sonst immer fuhren aber dennoch ziemlich geräumig für ein Vehikel auf vier Rädern. Gelangweilt starrte ich aus dem Fenster. Am klaren Nachthimmel konnte man unzählige Sterne sehen. Keine Wolke verdeckte die Sicht auf das glitzernde Band. Automatisch versuchte ich verschiedene Sternbilder zu erkennen. Da Neumond war hoben sie sich besonders deutlich ab. Plötzlich stuzte ich. Wenn man die Sterne sehen kann bedeutete es dass es Nacht ist. Und nachts schliefen für gewöhnlich alle. Jetzt hatte doch überhaupt kein Geschäft mehr geöffnet. Verwirrt wandte ich mich an Reiji. Immer wen ich ihn ansprach überlegte ich es mir genau. Nie konnte man einschätzen wie er im nächsten Moment reagieren würde. Und egal was auch passiert, alles war besser als noch einmal in diesen Zustand der Hilflosigkeit versetzt zu werden. Allein schon bei der Erinnerung daran bekam ich eine Gänsehaut.
Er sah ebenfalls aus dem Fenster. Wen ich ihn so betrachtete wirkte er wie ein ganz normaler junger Mann. Mitten im Leben. Ganz normaler Stress und vielleicht unglücklich verliebt. Doch ich wusste das er im dritten Jahr der Oberstufe war. Und das wohl nicht zum ersten Mal. Das machte ihn theoretisch zu einem achtzehn oder neunzehn jährigen. Was bedeutet das ich älter oder gleichalt war wie er. Verstört schüttelte ich die Gedanken aus meinen Kopf. So ein Unsinn. Ich wusste das selbst Subaru, der jüngste von allen deutlich älter war als ich. Ich hasste diese Erkenntnis.
"Was ist?"
Reiji Frage holte mich in die Realität zurück. Er blickte ungeduldig zu mir herüber.
"Entschuldige, was hast du gesagt."
"Wieso starst du mich an als wäre hättest du den Teufel vor dir stehen."
Diesen Vergleich fand ich gar nicht schlecht, behielt ihn jedoch für mich. Man war das peinlich. Die ganze Zeit über hatte ich ihn angestarrt. Zögernd begann ich zu sprechen.
"Ich hatte mich gefragt wie wir zum Friseur gehen sollen. Es ist mitten in der Nacht."
Er grinste kurz. "Mach dir darüber keine Gedanken das hab ich schon geregelt."
Ich fragte nicht weiter nach sondern akzeptierte es einfach so wie es ist. Als ich wieder aus dem Fenster sah konnte ich mein Glück kaum fassen. Was für andere ihr täglich Brot ist war für mich grade das schönste auf der ganzen Welt, abgesehen von Shu natürlich. Belichtet Läden, Straßen und Menschen, andere normale Menschen. Zwar nur ganz wenige aber immerhin. Vor Freude rutschte ich unruhig auf meinem Sitz hin und her und meine Nase klebte förmlich an der Fensterscheibe. Ich spürte den Drang auszusteigen und alles frei zu erkunden.
"Ich verriegel besser die Tür sonst springst du mir noch raus und das wäre nicht schön. Shu wäre bestimmt nicht sehr erfreut darüber wenn du abhauen würdest."
Ich erstarrte. Warum erwähnte er Shu? Versuchte er mich damit unter Druck zu setzen? Doch dieser Gedanke war grade mein kleinstes Problem, denn würde ich mich jetzt umdrehen würde ich mitten in sein Gesicht starren. Ich spürte wie dicht er zu mir hinübergerückt war. Meine Hände begannen zu schwitzen und rutschten vom Plastik der Autotür. Plötzlich ruckelt es und wir blieben stehen. Wir hatten auf einem kleinen, abgelegenen Parkplatz einen Platz gefunden.
"Wir sind da." ertönte die Stimme des Fahrers.
"Ok. Wir kommen gleich. Warten Sie einfach irgendwo."
Es kam keine Bestätigung aber die Autotür ging auf und knallte wieder zu. Jetzt war ich alleine mit ihm. Aus Angst klammerte sich meine Finger um den Griff der Tür und versuchte sie zu Öffnung. Vergeblich. Egal wie stark ich auch dran zog und rüttelt, sie blieb verschlossen. Ich war eingesperrt. Mit ihm. Plötzlich tauchte ein Kopf neben meinem auf. Ich spürte den warmen Atem an meiner Haut.
"Endstation."
Die Stimme war leise und langsam. Ich zuckte so heftig zusammen das ich mir auf die Zunge biss. Schmerzerfüllt versuchte ich einen Aufschrei zu unterdrücken. In meinem Mund schmeckte es nach Blut. Jetzt legte sich eine Hand auf meine Schulter. Ich war wie erstarrt. Ich konnte nirgendwo hin.
"B-Bitte…Reiji-san" Panik ergriff besitz von mir. Ich hatte Angst vor ihm, eine Abwehrreaktion meines Körpers vor drohender Gefahr oder einfach nur ein weiteres Trauma das ich meiner Sammlung hinzuzufügen könnte? Meine Stimme bebte. Angestrengt versuchte ich es zu unterdrücken. Nein, ich musste versuchen die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Ich schluckte und schlug die Hand von meiner Schulter und versuchte erneut auszubrechen doch die Tür öffnete sich keinen Millimeter. Also blieb nur die Flucht zur Seite über sie Sitzte und nach Vorne. Sofort sprang ich auf doch ehe ich die Mitte erreichte hatte er mich gepackt. Er zog mich zurück. Mit seiner Hand bedeckte er meine Atemwege. Unsanft drückte er meinen Kopf auf den Sitz. Drohend hing er über mir. Ich konnte mir sein Grinsen vorstellen. Ich schüttelte meinem Kopf um ihn loszuwerden. Gleichzeitig wandte ich mich unter ihm. Erneut beugte er sich zu mir hinunter.
"Nanu, hast du etwa Angst?"
"Hmpf"
Er hielt mir weiter mit der Hand den Mund zu während er gleichzeitig meine Halsschlagader näher erkundet. Meine Panik wurde zur Wut. Das Adrenalin schoss durch meine Adern. Jetzt war es genug. Ich ließ mich nicht behandeln wie ein Gegenstand. Ich Biss mit aller Kraft in seine Hand. Meine Zähne gelitten durch sein Fleisch, ich spürte die Handknochen und zum ersten Mal schmeckte ich das Blut eines Vampirs. Gleichzeitig trat ich nach ihm und erwischte irgendwie seinen Oberschenkel. Angewidert spuckte ich das Blut aus und wischte mir keuchend über mein Gesicht. Er schrie wütend auf und ließ mich los. Sofort ergriff ich meinen Chance und hastete über den Sitz nach vorne und drückte mich gegen die Tür. Ohne Wiederstand ging sie auf und ich fiel nach draußen. Überrascht landete ich auf dem Pflastersteine doch stand sofort wieder auf und rannte. Die kalte Luft peitsche mir ins Gesicht. Ich rannte ohne Nachzudenken. Ich war frei, die Luft der Stadt strömte in meine Lungen. Ich musste lachen. Nach so langer Zeit war ich endlich wieder zurück wo ich hingehörte. Die Stadt, Menschen, Lichter. Die Umgebung flog an meinen Augen vorbei. Ich genoss dieses Gefühl. Ich sah eine kleine Gruppe angetrunken Männer aus einer Kneipe kommen. Lachend verschwanden sie aus meinem Sichtfeld. Mein Herz tat bereits weh vor Anstrengung doch das war mir egal. Ich bog in eine Seitenstraße in Richtung Hauptplatz ab. Doch dann hielt die Welt plötzlich an. Verzweifelt bewegte ich meine Füße doch die baumelten hilflos in der Luft. Und atmen funktionierte nicht mehr. Schmerz schoss durch meinen Körper. Zu viele Einflüsse rieselt gleichzeitig auf mich herrab bis ich es realisierte. Vor meinen Augen sah ich das spärliche Licht der Stadt. Ein Platzt mit einem Springbrunnen rückte immer weiter in die Ferne. Meine Füße schliffen über den Asphalt. Ich streckte meine Arme aus, wollte es greifen doch es verschwand immer schneller. Nein, lass mich los, ich will zu diesem Ort. Mein Hals brannte als ich bemerkte das ich schrie. Und dann waren sie Weg, die Lichter, die Menschen, einfach alles. Nur noch Dunkelheit. Erst als mein Körper gegen etwas schlug kam ich wieder auf die richtige Spur. Bei dem harten Aufprall schoss Schmerz durch meinen Rücken. Benommen blieb ich liegen. Ich versuchte zu atmen. Schnell und flach. Luft! Es fühlte sich an als könnte nicht genug Sauerstoff gleichzeitig in meinen Körper gelangen. Keuchend japste ich um mein Leben und stützte mich langsam auf meine Unterarme. Ich wollte wieder aufstehen, umdrehen, zurück in die Freiheit. Dann wurde ich am Kragen gepackt und hochgerissen. An meinem Rücken spürte ich die Wand und direkt vor meinen Gesicht blickte ich in die wütenden Augen von Reiji. Sein Ausdruck war voller Hass. Ich musste lächeln. Ich wusste das jetzt alles vorbei war, er würde mich umbringen. Nie wieder würde ich Shus blaue Augen sehen oder die Lichter einer Stadt. Ich spürte wie etwas warmes meine Wangen hinunterglitt.
"Du hast einen riesigen Fehler gemacht. Dafür wirst du jetzt bezahlen. Am liebsten würde ich dich umbringen. Qualvoll und deine Schreie hören bis sie langsam verstummen."
Ohne ein weiteres Wort riss er meinen Kopf an den Haaren zur Seite und schlug seine Zähne in meinen Hals. Ich schrie, es tat so weh. Es war schlimmer als alles andere bisher. In diesem Moment wollte ich nur eins, sterben. Wieso brachte er mich nicht um? Bitte töte mich. Bitte, bereite meinem unnützen Leben ein Ende. Ich hörte mein eigenes schluchzen, leise und hoffnungslos. Mein Körper erstarrte zu Eis.
"Es tut…mir lied"
Meine Stimme war nicht mehr als ein leises Flüstern. Was hatte ich mir nur dabei gedacht. Mir hätte klar sein müssen das es zu keiner Zeit eine Chance für mich gab ihm zu entkommen. Ich war so naiv.
Wimmernt glitt ich die Wand hinunter. Ich konnte einfach nicht mehr stehen. Die Kraft verließ langsam meinen Körper. Endlich ließ er von mir ab und zog mich kraftvoll zurück auf meine Beine. Er drückte mein Kinn zu sich nach oben und blickte mich an. In seinen Augen loderte der Zorn. Doch auch Triumph über seine Macht war nicht zu übersehen.
"Lass dir das eine Lehre sein. Beim nächsten Mal wirst du nicht lebend davonkommen. Und jetzt sei schön brav und komm mit. Ich will nicht länger als nötig an diesem Ort sein."
Ich erwiederte nichts sondern stemmte mich schwanken wieder auf meine Beine und folgte ihm langsam. Der Lichter der Stadt waren verschwunden. Alles erschien mir jetzt grau und lustlos.

Diabolik Lovers - Der Stich der blauen RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt