Kapitel 12

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«Echt jetzt?» frage ich überrascht nach und kann mein Lachen nicht zurückhalten. Mein Sitznachbar nickt ebenfalls grinsend, aber schaut auch ein wenig verlegen auf den Boden. Ich hatte eben entschieden in die Bahn von Mr. Coleman einzusteigen. Wir haben uns ein ruhiges Plätzchen gesucht, damit niemand auf die Idee kam irgendwelche Gerüchte zu erfinden.

Gerade erzählt er mir über einige Vorfälle aus dem Lehrerzimmer bezüglich seinem ersten Tag auf unserer Schule. «Doch im Ernst. Sie kam auf mich zu und hat mich total entsetzt angeguckt. Ich habe natürlich nicht verstanden wieso, aber es hat sich schnell herausgestellt, dass sie dachte ich wäre ein Schüler aus dem Abschlussjahr. Sie wollte mich aus dem Lehrerzimmer werfen.» erklärt er mir seine kleine Geschichte zu Ende. Ich kann nicht anders und muss wieder lachen. Die Vorstellung, wie er aus dem Lehrerzimmer rausgeworfen wird ist einfach zu komisch.

«Es ist schon Ihre Schuld! Sie sind viel zu jung für einen Referendar.» necke ich meinen Biolehrer und lehne meinen Kopf gegen den Sitz. Mr. Coleman kratzt sich (wie fast immer) am Nacken und zuckt nebenbei mit seinen Schultern. «Da ist was dran.» murmelt er fast unverständlich, aber ich höre ihn trotzdem gehe jedoch nicht weiter darauf ein.

«Sag mal, Emery.. Was war letztens im Sportunterricht los? Du sahst völlig fertig aus.» fragt er mich wirklich neugierig und ein wenig besorgt. Grinsend schüttele ich meinen Kopf. Das kann ich ihm doch nicht sagen, oder? «Ich kann doch nicht mit meinem Lehrer über sowas reden.»

Er lacht auf. «Okay! Dann bin ich für den Rest des Tages nicht mehr dein Lehrer, sondern Matteo.» Überrascht ziehe ich meine Augenbrauen in die Höhe. «Und? Kannst du's mir jetzt erzählen?»

Spielerisch boxe ich meinem Lehrer auf die Schulter. Es ist irgendwie eine Art Reflex oder Angewohnheit, da ich das auch immer mit Travis oder Samuel mache. Schnell entschuldige ich mich. Er winkt nur ab.

«Also gut. Ich hatte einen Kater, da ich am Vorabend mit zwei Freunden etwas trinken war. Ich hatte auch nur drei Stunden Schlaf.» gebe ich dann zögernd zu. Mein Lehrer- Ich meine, Matteo lacht mich erstmal ein wenig aus. Als er sich wieder einkriegt blickt er mich seinen hellblauen Augen direkt an, sodass ich kurz vergesse zu atmen, weil seine Augen wortwörtlich leuchten.

«Immerhin hattest du keine Klausur oder dergleichen. Ich bin schonmal mit dem heftigsten Kater zur Uni und hab mit meinem halbbetrunkenem Zustand meine wichtigste Prüfung im Semester geschrieben.»

«Immerhin haben Sie die Prüfung bestanden. Sonst wären Sie ja nicht hier.» stelle ich stolz fest. Genau im selben Moment spüre ich wie mein Handy klingelt. Ohne zu schauen wer es ist drücke ich die Person weg. «Wohin fährt diese Bahn überhaupt?»

Er lehnt sich kurz über mich (da ich am Rand sitze und er an der Fensterseite) und schaut nach ob er auf den Schildern erkennen kann, wohin wir fahren. Dabei spüre ich seinen Atem sehr nahe an meinem Gesicht, sodass ich selber fast vergesse erneut Luft zu holen.

«Ich glaube Endstation ist Bushey.» meint er und zieht sich zurück. Seine Nase streicht ganz leicht meine Wange. Atmen, Emery.. Atmen. «Und ich bitte dich, Emery, wenn du mich schon mit meinem Vornamen ansprichst, dann sieze mich nicht.» Lachend geht er sich durch die Haare.

«Oh ja klar. Sorry.» Nachdenklich schaue ich diesmal auf mein Handy, da ich einige Nachrichten von meinen Freunden gekriegt habe. Ebenso habe ich fünf verpasste Anrufe von Travis, drei von Mum und zwei von Dad.

3 ungelesene Nachrichten von: Travis
Wo bist du? Deine Eltern machen sich Sorgen.
Du hättest gemeint du bist bei uns?
Fuck, Emery! Wo bist du??

Auch in der Gruppe haben meine Freunde einige Nachrichten geschrieben, da sie sich alle Sorgen machen. Schnell schreibe ich, dass es mir gut geht und ich ein wenig draußen bleiben möchte. Matteo erwähne ich natürlich nicht.

illegal love | ✓ #wattys2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt