Breaking Point

377 31 6
                                    

»Numbing the pain for a while
will make it worse when you finally feel it.«
J.K. Rowling


8. KAPITEL – BREAKING POINT
HOGWARTS, 11.10.1941

Kaum hatte Irene die Tür zum Gemeinschaftsraum hinter sich geschlossen, wurde ihr auch schon etwas von Zarina in die Hand gedrückt; reflexartig umfassten Irenes Finger die kühle Flasche. 

»Du hast ja mal ein perfektes Timing, wir sind fast fertig mit den Vorbereitungen!«

»Vorbereitungen für...?« 

Doch Irenes Frage erübrigte sich, als sie sich genauer umsah: Die vielen Sofas und Sessel waren an die Wände gerückt worden, sodass eine riesige freie Fläche in der Mitte des Raumes entstanden war. Feen in allen Farben des Regenbogens flatterten in und um Laternen herum, welche auf jeder ungenutzten Oberfläche standen. Auf den gelben Wandbehängen glitzerte nun zusätzlich die Zahl ›18‹ und die gewölbte Decke war vor unzähligen schwarzen Luftballons nicht mehr wiederzuerkennen. Dutzende Schnatze funkelten unter dem dunklen Firmament um die Wette, schwirrten mit ihren stummen Flügeln auf der Stelle wie goldene Kolibris und verwandelten die schwarze Decke in einen Sternenhimmel.

Zarina grinste. »Rate mal, wer die als Teil seines Geschenks wieder einsammeln darf.«

»Ich dachte, Tates Geburtstag wäre morgen?«

»Wir feiern rein!« Sie setzte Irene ein blaues Partyhütchen auf den Kopf und schob sie auf ein Sofa zu. »Pflanz dich doch schon mal zu diesen zwei reizenden Damen, ich komm' gleich nach!«

Und so fand Irene sich auch noch nach einer Viertelstunde neben Olive und Phyllis wieder, mit einem blauen Partyhütchen auf den zerzausten Locken und einer Butterbier-Flasche in der Hand. Sie fühlte sich ausgetrickst. Ihr Daumennagel kratzte unablässig über das Etikett, das bereits an mehreren Stellen in losen Fetzen herunterhing und wo die abgerissenen Streifen das braune Glas der Butterbier-Flasche zum Vorschein brachten. Ihre Augen folgten Zarina, als sie durch den Raum flitzte und jeden Kopf, der ihr nicht entwischen konnte, mit der gleichen Bedeckung schmückte.

Irene hatte keine Ahnung, was sie hier eigentlich tat oder warum sie überhaupt noch hier war, aber aus purer Neugier genehmigte sie sich tatsächlich einen Schluck des bernsteinfarbenen Getränks – und hätte ihn beinahe wieder ausgespuckt. Es war pappsüß gewesen, wie flüssiger Honig gemischt mit geschmolzenem Toffee.

»Du weißt schon, dass du die Uniform außerhalb des Unterrichts nicht tragen musst, oder?« Olive zupfte das grüne Hütchen von ihrem Scheitel und kämmte sich mit den Fingern durch die roten Ponyfransen. »Vor allem auf Partys?«

Irenes Daumennagel hielt bei der Malträtierung des Etiketts inne und sie begutachtete Olives Outfit: ein knielanges, marineblaues Kleid mit weißem Kragen und Knöpfen, Puffärmel und dazu passenden Keilsandalen. Es ähnelte verdächtig dem Ensemble, das auch Cordelia zur Schau stellte, die gerade an einem Grammophon herumhantierte, aus dem kurz darauf die liebliche Stimme einer Frau dudelte, die von einem Leben über dem Regenbogen sang. Allerdings wurden Cordelias Füße von eleganten Stöckelschuhen geziert; ihre lackierten Zehen lugten durch die offenen Spitzen und ein Ledergürtel betonte ihre schmale Taille.

»Ich wusste nicht einmal, dass es überhaupt eine Party geben würde«, sagte Irene ein wenig geistesabwesend. Ein Mädchen, das sich in Irenes erster Schulwoche mit einem enthusiastischen »Jolene Bones, Vertrauensschülerin, stets zu Diensten!« vorgestellt hatte, tippte Cordelia fast schon nervös auf die Schulter und fragte die Blondine scheinbar etwas, wobei sie mit einer Girlande wedelte, die sie auf dem Boden hinter sich hergeschliffen hatte.

Well Lived / Tom Riddle FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt