Waiting Game

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»To beguile the time, look like the time.
Bear welcome in your eye, your hand, your tongue.
Look like th' innocent flower,
but be the serpent under 't.«
– William Shakespeare


13. KAPITEL – WAITING GAME
HOGWARTS, 24.10.1941

Vier Tage waren seit jenem ersten Legilimentik-Vorfall mit Tom Riddle verstrichen und trotz ausreichender Beweise, dass Meiden und Ignorieren keineswegs seine Bemühungen bremsten, in Irenes metaphorische Karten zu spicken, klammerte sie sich eisern an diesen Plan. Was blieb ihr auch schon anderes übrig? Ihn direkt zu konfrontieren bedeutete offen zu gestehen, dass sie wusste, was er tat – und folglich zu gestehen, was sie selbst tat.

Irene wollte es absolut nicht darauf anlegen, irgendwelche möglichen Verdachte, die Riddle gegen sie hegen könnte, zu verschärfen, geschweige denn zu bestätigen, also hielt sie ihren Geist hinter Schloss und Riegel und würde ihn einfach so lange an der Tür kratzen lassen, bis er der ganzen Sache überdrüssig wurde. Oder sie von hier weg war. Je nachdem, was zuerst eintrat.

Montag, Dienstag und Mittwoch waren... eine Herausforderung gewesen, um es milde auszudrücken, aber seit dem gestrigen Tag – Donnerstag – trug Irenes Strategie endlich Früchte. Zugegebenermaßen war das allein äußeren Umständen zu verdanken und nicht irgendeinem plötzlichen Sinneswandel seinerseits; so hatten sie donnerstags keinen gemeinsamen Unterricht und freitags saß Riddle in Zaubertränke stets vorne, während Irene sich einen Platz am anderen Ende des Raumes gesichert hatte – wie auch jetzt. Bei dieser Sitzordnung mit ihr Augenkontakt herzustellen, würde Riddle einiges an sehr auffälliger Nacken-Gymnastik abverlangen.

Das Einzige, was Irene nicht verstand, war seine Zurückhaltung in Verwandlung, wo die Situation genau umgekehrt war: er in der letzten Reihe und sie in der ersten. Zunächst hatte sie am Mittwoch in Verwandlung noch naiverweise geglaubt, dass Riddle nach ein paar weiteren erfolglosen Anstrengungen in Alte Runen und Arithmantik das Handtuch geworfen hätte, und ein kleiner Funken Hoffnung war in Irene entzündet worden – welchen er am selben Abend in Astronomie wieder sehr schnell im Keim erstickt hatte.

Doch auch an diesem Freitagmorgen hatte Riddle sich in Verwandlung erneut von seiner vorbildlichsten Seite gezeigt und sich einmal mehr in Zurückhaltung geübt... Obwohl Irene sehr stark bezweifelte, dass der Grund dafür von rücksichtsvoller Natur gewesen war und er ihr lediglich eine Verschnaufpause gönnen wollte, in der sie sich von seinen gescheiterten Unternehmungen erholen durfte, denn diese hatten in Kombination mit Irenes allgemeiner Abgeschlagenheit einen beträchtlichen Tribut von ihr gefordert. Sie hatte das Gefühl, als hätte jemand sie an den Haaren gepackt und versucht, ihren Kopf entzwei zu reißen.

Acht Wochen. Irene holte tief Luft und sog den beruhigenden Duft von getrockneter Pfefferminze und Lavendel ein, die sie in ihrem Mörser zerrieb. Nur noch acht Wochen, dann bin ich hier weg. Sie musste sich nur noch bis zu den Weihnachtsferien mit Riddle arrangieren und danach wäre sie wieder in England, in ihrem Haus in Great Hangleton, ganz weit weg von alldem hier.

Kurz hatte Irene überlegt, ihren Eltern einen Brief zu schreiben, in dem sie die Lage schilderte, in die sie sich irgendwie hineinmanövriert hatte. Doch was sollte sie schon schreiben? Und was würden ihre Eltern danach von ihr denken?

Hallo Mum, hallo Dad,

ihr habt mir zwar davor nie eine Antwort gegeben, egal wie oft ich gefragt habe, also warum solltet ihr es auch jetzt tun, aber wie ist denn so der Stand an der Front? Vielleicht habt ihr ja mittlerweile Grindelwalds Hauptquartier aufgespürt? Und was genau lässt er Hitler mit seiner Wehrmacht in der Sowjetunion veranstalten? Das hört sich dort drüben irgendwie richtig nach Massenpanik an. Oder glaubt ihr, die hatten es schon nach schlappen acht Monaten einfach satt, uns mit Bomben abzuwerfen? Kann bestimmt eintönig werden.

Well Lived / Tom Riddle FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt