Ocean Princess

15

"Spast wo bleibst du? Valentin bringt dich um, wenn du ihm nicht sofort seine kleine Prinzessin bringst." 

Man hörte aus dem Hintergrund laute Flüche und über Cillians Gesicht huschte ein fettes Grinsen.
Ich würde rot. Zum Glück sah Cillian gerade nicht mich an.

"Korrektur, Vollspast er bringt uns beide um!"
Dann nahm Cillian sein Handy vom Ohr.

"Komm Prinzessin, dein Ehemann wartet."
Ich boxte ihm in den Bauch.

"Halt die Klappe."
"Steig ein."
"Idiot."
"Los jetzt."
"Ist ja gut."

Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und Cillian drückte auf Gas.
"Thea?"

Ich sah alarmiert auf, als Cillian meinen richtigen Namen benutzte.
"Wenn du mal reden willst, dann ruf mich an ja? Oder wenn es dir nicht gut geht."

Ich dachte sofort an die Tage, an denen es mir jeden Monat scheiße ging. Es waren im übrigen immer Donnerstage. Und folgend der Freitag.
Am Donnerstag rutschte meinem Dad damals die Hand aus, am Freitag war er für immer fort.
Am Samstag war Mum komplett betrunken nach Hause gekommen und hatte ein Fenster zerschlagen. Am Sonntag war sie ins Krankenhaus eingeliefert worden, weil sie einen Nervenzusammenbruch zugrunde gelegen war.
Diese vier Tage holten mich einmal im Monat ein.

"Sollte ich das nicht eher dir anbieten?"
Cillians Mundwinkel zuckten.

"Ich schlage manchmal auf nen Boxsack ein und stell mir vor, dass das mein Vater ist. Dann geht es mir besser. Aber du?" Vorsichtig warf er mir einen Blick zu.
Bei mir half nicht einmal surfen. Auf etwas einschlagen schon gar nicht, da ich keine Wut empfand. Nur Angst.

Ich nickte langsam, sah ihn aber nicht an. "Vielleicht." 
Cillian richtete seinen dunklen Blick sofort auf mich.

"Nicht vielleicht." Seine Stimme war mehrere Oktaven tiefer gewandert.

"Wenn es dir scheiße geht, dann bin ich mit einem Anruf bei dir. Und helfe dir da raus zu kommen." 

Er konnte sich also vorstellen, wie es bei mir war.

"Okay," gab ich mich geschlagen und sah aus dem Fenster.
"Gut." 
Er bremste scharf.
Wir waren da.

Als ich Ausstieg sah ich Leos schwarzen Sportwagen schon von weitem. Daneben parkte Valentins Pickup quer vor Leos Wagen. Wie ein King.
Cillian schüttelte amüsiert den Kopf.

"Ich frage mich, warum Valentin es trotz seines mickrigen Wagen immer schafft wie der coolste auf dem Platz zu wirken." 
Ich kicherte.

Cillian baute die Surfbretter ab und übergab mir meines.

Schon von weitem sah ich Leo und Valentin, die wie Könige an ihren Brettern lehnten, die sie in den Sand gesteckt hatten.
Bei dem Anblick konnte ich nicht anders als anfangen zu lachen.
"Wieso sieht das sowas von komisch aus?"

Cillian zuckte mit den Schultern. "Jetzt weißt du wer der ältere hier ist." 
Stolz klopfte er sich auf die Brust.

"Juhungs! Ihr seht aus wie Vollspasten!" 

Beleidigt kam Valentin uns entgegen.

"Und du wie der letzte Junkie! Hast du nen Joint geraucht, Cil?"
Grinsend klatschte Cillian mit ihm ein und nickte.
Valentin legte den Kopf schief. 

"Geht es euch gut?" Er musterte uns beide nach einander. Er konnte unmöglich sehen, dass wir vor kurzem an unserem Limit gestanden hatten.
"Uns geht's beschissen," Cillian zuckte mit den Schultern.

Leo klopfte ihm brüderlich auf die Schulter und drehte sich dann zu mir.
"Seht auch beschissen aus," er zog die Augenbrauen zusammen und umarmte mich.

"Irgendwie bist du heute noch hübscher als letztes Mal, Thea, auch wenn ihr ziemlich mitgenommen aussieht." 
Wie ging das?
Und irgendwie hatte Leo doch eine Freundin, oder?
Verwirrt sah ich Leo an, der sich Sand aus den Haaren strich.
"Du hast eine Freundin?"

"Der macht jedem Mädchen Komplimente, ignoriere den Guten einfach."

"Warum bist du hier, Cilli, wenn es dir beschissen geht? Und hast sie auch noch mitgenommen?"

"Liegt daran, dass es ihr genauso geht," brummte der Idiot mit den pechschwarzen Haaren. Schwarz wie seine Vergangenheit.

"Also noch ein Sorgenkind?" Leo zeichnete einen Kreis in den Sand.
"Valentin? Frag sie ob sie dich heiraten will. Du hast es doch so mit Sorgenkindern."

Sowohl Cillian, Valentin als auch ich sahen Leo mit offenen Mündern an.

"Du bist so ein Arsch, Leonardo. Alter warum bist du eigentlich hier?" Cillian zeigte ihm seinen schönsten Finger, seinen Mittelfinger, und zog sich dann sein T-shirt aus.

Leo tat es ihm gleich und grinste dabei.
Valentin wandte sich an mich. Auf seinen Lippen lag ein sanftes Lächeln.

"Also ich kann dir anbieten, dass du immer zu mir kommen kannst, aber ich denke mal, dass Cillian da mehr Ahnung von hat..." 
Er warf seinem besten Freund einen Blick zu.

"Dafür kann ich dich aufmuntern." Er zwinkerte mir zu und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. 

"Ich bin immer für dich da." 

Dann begann auch er sich bereit zu machen.
Mein Blick folgte diesem Jungen.
Auch wenn ich wohl eher mit Cillian reden würde, war Valentins Angebot süß. Unglaublich süß.

Sein Charakter war genauso gold wie alles an ihm.

The hell, Jesus!

Und er war eindeutig besorgt gewesen. Mein Herz fing an schneller zu schlagen, als ich daran dachte, dass er sich Sorgen um mich gemacht hatte.

Ich glaube ich hatte mich verliebt.