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Es war dunkel im Zimmer. Stock dunkel. Kein Wunder es war spät.

Sehr spät.

Ich konnte nicht schlafen. Vor dem Fenster flackerte eine Straßenlaterne unentwegt in gedämpften Licht.

Ich weiß nicht ob es an ihr lag, dass ich nicht schlafen konnte. 

Mit offenen Augen starrte ich an die kahle Decke.
Plötzlich hörte ich ein Klirren. Mein Magen zog sich zusammen. Ich ahnte was das bedeutete. 

"Was hast du denn damit zu tun?! Du bist doch eh nie zu Hause!" Hörte ich Mum schreien.

"Ach ja?! Warum wohl? Wenigstens habe ich eine Arbeit!" 
Brüllte mein Dad zurück.

"Du Arschloch! Du weißt genau, warum ich gefeuert wurde!"

"Dann mach mir keine Vorwürfe, Jessica! Ich versuche uns das hier finanzieren zu können!"

"Das hier?! Was ist das hier überhaubt?? Nichts! Warum ziehen wir nicht um, dann wird es besser!"

"DAMIT DIE NACHBARN DANN NOCH MEHR ZUM REDEN HABEN, ODER WIE? Das ist Schwachsinn!"

"Was ist daran Schwachsinn, hu? Schwachsinn ist deine Ansicht der Dinge! Und überhaupt. Du bist doch Schuld an alle dem!"

"Ich? ICH? Hör dich doch einmal selber reden!"

Ich stand mit zittrigen Beinen auf und tappte zur Treppe.

Die Stimmen meiner Eltern wurden lauter.

""Wer wollte denn UNBEDINGT HIER HIN ziehen? Ich nicht! Und die Kinder sicherlich auch nicht!"

"Ach jetzt seid ihr drei die guten und ich der böse oder wie? Wer war denn immer für dir Kinder da? Wer hat ihnen Football spielen beigebracht, oder surfen? DU SICHERLICH NICHT, JESSICA!"

"Unterstellst du mir, dass ich meine Rolle als Mutter vernachlässigt hätte? Du WOLLTEST ihnen diesen Unsinn beibringen! Auto fahren und so weiter, dafür waren sie noch viel zu jung!"

"Ich habe sie aufs Leben vorbereitet! ANDERS ALS DU!"

"UND ICH BIN HIER, ANDERS ALS DU! SUCH DIR DOCH EINFACH EIN HOTELZIMMER UND EINE ANDERE, DIE DU BESCHEIßEN KANNST!"

Ich beobachtete jetzt die beiden Menschen, dort in der Küche, aus dem dunklen Flur. Ich erkannte sie nicht mehr wieder. So gemein. So gebrochen. So zerstritten.

Mein Dad hob die Hand und klatschte sie auf die Wange von Mum.
Mein Herz setzte für einen Moment lang aus. Entsetzt musste ich mich zwingen nicht aufzuschreien. Dad hatte sie geschlagen.

Mein Atem beschleunigte sich. Panisch schnappte ich nach Luft. 

Nein...

Nein...

"Nein!"
Ich riss den Kopf hoch.

"Thea! Himmel!" Cillian kniete vor mir und umfasste meine Schultern. Hinter ihm stand Faye, die mich ängstlich ansah.

Mein Atem ging Stoßweise und ich schloss entsetzt die Augen.

Ein Albtraum.

Einer der Träume, vor dem ich am meisten Angst hatte. 

"Alles ist gut!" Cillian strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. "Du bist hier in Sicherheit. Du bist nicht alleine!"

Ich versuchte mich zu beruhigen, aber Schock saß noch zu tief.

"Nur ein Albtraum..." flüsterte ich stockend.

"Nur ist gut," hörte ich Faye antworten. 

Was machte Cillian hier?

"Ist der Film daran Schuld?" Fragte Faye vorsichtig und setzte sich neben mich auf das Bett.
Ich antwortete nicht, Cillian tat das für mich.

"Es hat dich an... an deine Vergangenheit erinnert nicht?"

Er seufzte. "Ich lass dich nie wieder einen Horrorfilm schauen."
Da hatte ich wirklich nichts dagegen.

"Das war nicht nur ein Albtraum, dass war eine halbe Panikattacke..." stellte Faye fest.

"Und das weißt du woher?" Fragte ich schroffer als beabsichtigt.

"Weil ich das von Cilli kenne."

Stille.

"Tut mir leid," wisperte ich und senkte den Blick. Ich wusste ja, was Cillian erzählt hatte.

"Hör auf dich zu entschuldigen für etwas, wofür du rein gar nichts kannst. Hast du häufiger solche schlimmen Albträume?" 

Ich zuckte mit den Schultern. "Also ja," beantwortete sich Cillian seine Frage selber.

"Und was tust du wenn du alleine bist?" mit zusammen gekniffenen Augen musterte er mich.

Wieder zuckte ich mit den Schultern. "Ich bleibe den Rest der Nacht wach und schaue Netflix."

Cillian lachte rau. "Du bist ihm wirklich ähnlich."

"Wem ähnlich?" 

"Ilay."
"Schlimmer wärs, wenn sie dir ähnlich wäre," 
Cillian schnaubte und warf Faye warnende Blicke zu.

Ein leichtes Lächeln huschte über meine Lippen. 

"Was macht ihr eigentlich hier?" Stellte ich die Frage, die mir schon seid dem Aufwachen auf der Zunge lag.

"Faye kam panisch in das Zimmer gerannt, wo ich geschlafen habe und hat irgendetwas von schreien geredet."

"Sonst wäre ich zu Valenin, aber da Cillian sich mit sowas wohl besser auskennt..." murmelte die blonde Schönheit und ließ sich in die weiche Matratze sinken. "Ich will schlafen." 

"Ich nicht," erwiderte ich trocken.
Cillian lachte rau.
Er schmiss sich auf das Sofa, was noch in diesem Zimmer stand.
Verwundert beobachtete ich ihn.

"Was? Erstens ist das eh mein Zimmer und zweitens will ich sichergehen, dass du nicht nochmal einen Albtraum bekommst."

"Und wie willst du das anstellen?" Fragte ich misstrauisch.

"Indem ich anwesend bin. Glaub mir. Du wirst danach schlafen wie ein Stein."

Ocean PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt