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All die Taten der anderen, was sie machten, worüber sie sich stritten, es geschah alles aus Verzweifelung.

Ilay wandelte seine Zweifel in Wut um. Leo in Sticheleien. Faye in Angst. 
Und ich glaubte auch, dass sich Willow, so angespannt und unruhig sie war, Sorgen machte.
Ali verkniff sich heute seine Witze, nicht einmal ein kleines Lächeln lag auf seinen Lippen, er stand in unserer Nähe und starrte regungslos zur Tür.

Valentin schwieg fast die ganze Zeit, seine Augen waren stumpf, irrten unfokusiert im Raum umher.

Ich wollte nicht wissen, wie ich nach dem heutigen Tag aussah.
Denn niemand von ihnen hatte heute all das Blut gesehen, was ich gesehen hatte. Cillians Blut.
Und egal wie poetisch es in Büchern beschrieben wurde, sein Blut war nur rot, einfach blutrot, dunkel und es roch nach Tod. Blut roch nach Tod.
Und Tod roch nie gut.
Ich kniff meine Augen zusammen und versuchte die verschwommenen Bilder aus meinem Kopf zu verbannen.

"Valentin?” Sein Blick wurde klarer und richtete sich auf mich.

"Ich seh ihn die ganze Zeit. Ihn und das Blut-" flüsterte ich, meine Stimme brach gegen Ende des Satzes.

Valentins Gesichtszüge verzogen sich schmerzvoll und er stand abrupt auf.
"Tut mir leid," er schüttelte seinen Kopf und fasste sich an die Schläfen.

“Ich kann nicht klar denken,” seine Stimme war zu rau, zu labil, um Standhaftigkeit zu beweisen. 
Er dachte an Cillians Tod.

Ali, der meinen Satz wohl gehört hatte, sprang für meinen Freund ein, der sich mit glasigen Augen weg drehte und zum Fenster ging, um alleine zu sein.

"Nimm es ihm nicht übel,” Er kannte Valentin deutlich länger als ich, er ahnte wohl wie Valentin sich fühlen musste. 
Ilay begab sich zu Valentin ans Fenster und sie redeten leise.

“Denk an etwas anderen, vergiss das Blut, Cillian," Ali stockte, doch in seinen Augen erkannte ich die Hoffnung, das Feuer, den Glauben daran, dass er überleben würde.

“Hat so viel erlebt.” Er setzte sich auf den Stuhl, auf dem Valentin eben gesessen hatte. “Er wird das hier überleben.”

Er lächelte mit Tränen in den Augen. “Hörst du? Er wird das überleben.”

"Da war so viel Blut-" 

Er schüttelte hastig den Kopf, verbot mir jeden weiteren Gedanken an das Blut und Cillians Tod. 
Vor mir umarmten sich Valentin und Ilay brüderlich und das nicht gerade kurz.

In diesem ruhigen Moment, ging die Tür das Wartezimmers abermals auf und ich erkannte Malik, der sie aufgestoßen hatte.
Meine Augen wurden groß. Ich sprang auf und beeilte mich zu ihm zu kommen.
Er zog mich in seine Arme und ich vergrub meinen Kopf an seiner Schulter.

"Du hast mir so einen Schrecken eingejagt, als ich dich nicht mehr gesehen habe," seine Stimme klang leicht vorwurfsvoll, doch er hatte sich nur Sorgen gemacht.

Ich schloss meine Augen. Jetzt musste dort hinten noch Cillian auf dem Gang auftauchen, aber egal wie sehr ich mir das wünschte. Es würde doch nicht eintreten.
 
Dann betrat hinter meinem Bruder ein junger Mann, in weißem Kittel, den Raum und blieb mit ernster Miene an der Tür stehen.

"Wer von euch ist ein direkter Angehöriger?"
Ilay begegnete dem Mann mit einem kühlen Lächeln und schüttelte ihm kurz die Hand.
"Das bin ich, aber alle anderen hier, dürfen es ebenfalls hören."

Der Arzt nickte kurz und holte einen Papierbogen hervor.
"Cillians Blutungen könnten relativ gut gestoppt werden, er muss sofort operiert werden, das findet gerade statt. Der junge Mann ist allerdings nicht mehr in Lebensgefahr. Wenn es Neuigkeiten gibt, werdet ihr informiert." 
Schon machte sich der Arzt wieder auf den Weg nach draußen, er hatte es wohl eilig.

Für kurze Zeit herrschte angespannte Stille zwischen uns.
Dann schlug sich Faye die Hand vor den Mund und stieß einen leisen Schrei der Erleichterung aus.
"Cillian lebt! Und er ist nicht mehr in Lebensgefahr!"
Sie fiel in Willows Arme und fing an vor Erleichterung zu weinen.

"Aber gut geht es ihm auch nicht..." Ilay schien nicht sonderlich beruhigt, er schien dem Glück nicht zu trauen.
Das Warten hatte zwar noch kein Ende, aber irgendwie war die Anspannung verschwunden.
Ich schloss die Augen und lehnte meinen Kopf an Malik Schulter. Er lenkte mich ein wenig ab, in dem er von James und Louis erzählte, die irgendeine Scheiße angestellt hatten. 
Seine Freunde waren irgendwie wirklich dumm.
"Malik?" Unterbrach ich ihn und sah ihn aufmerksam an. 
"Danke das du da bist."

"Ich würde mir es nie verzeihen können, nicht für meine Schwester da gewesen zu sein, wenn sie jemanden braucht."
Er brachte mich zum lächeln, was in den letzten Jahren, nicht so häufig vorgekommen war.
"Cillian war lange Zeit ein guter Freund von mir gewesen," Maliks Gesichtszüge spannten sich an.
Er schien sich an vergangene Zeiten zu erinnern.
"Ich weiß, dass er es schafft. Da bin ich mir zu mehr als 100 Prozent sicher."

Augenblicklich fragte ich mich, was zwischen den beiden passiert war.
"Warum seid ihr jetzt nicht mehr befreundet?"

"Wir haben uns auseinander gelebt, andere Freunde gefunden, Cillian hat aufgehört Football zu spielen. Wir haben uns zerstritten. Zwar auch wieder vertragen, aber eben nie mehr zurück gefunden." Er musste leicht schmunzeln.

"War vielleicht ein Fehler mir James und Louis und die anderen als Freunde zu suchen."

Ich kicherte.
"Aber nur gaaanz vielleicht."

Ocean PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt