Kapitel 15

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Schon wieder fast vier und ich liege wach
Bitte erklär mir, wieso kommst du nur in der Nacht?
Immer nur in der Nacht?
Und wenn ich dich am allerwenigsten brauch
Ich mich im Griff und dich vergessen hab,
dann tauchst du auf
Genau dann tauchst du auf

~ „Automatisch", Madeline Juno

Narzissa hatte beschlossen, dass es das Beste für Draco war, wenn er erstmal ein paar Tage im Manor verbrachte, statt in die Schule zu gehen. Das passte Draco überhaupt nicht. Gerade dort war der Geist seines Vaters am präsentesten.
Er dachte immer noch schaudernd daran, wie der dunkle Lord sich dort einquartiert hatte und wie Hermine von Bellatrix gefoltert wurde, sein Vater ihm gedroht hatte.
Trotzdem – seine Mutter ließ keinen Widerspruch dulden – lag er in dieser Nacht in seinem Bett im Manor, die grüne Bettdecke bis zum Bauchnabel gezogen, und starrte an die Decke.
Sobald er seine Augen schloss, sah er den grünen Strahl aus seinem Zauberstab schießen, der daraufhin seinen Vater traf. Es ekelte ihn so sehr, dass es ihm tatsächlich gefallen hatte, ihn zu töten, ihm fast schon ein zufriedenstellendes und befreiendes Gefühl verschaffte.
Er war ein Monster.
Auch wenn Hermine behauptet hatte, dass seine Reaktion vollkommen normal gewesen war, teilte er diese Überzeugung nicht. Es war doch nicht normal, einen Menschen zu töten und danach so ein Gefühl in sich zu spüren.
Draco stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Schlafen wollte und konnte er nicht. Er wollte diesen Albträumen nicht die Macht über sich verleihen und sich ihnen komplett überlassen, also hatte er beschlossen, einfach nicht mehr zu schlafen. Mittlerweile war es reichlich spät geworden und der Mond warf sein silbriges Licht durch eines der Fenster in sein Zimmer.
Draco raufte sich die Haare und wünschte sich, seine Gedanken abschalten zu können. Wütend griff er nach dem Wasserglas auf seinem Nachttisch und warf es gegen die Wand, wo es mit einem lauten Knall zerschellte. Es war ihm egal, ob seine Mutter davon aufwachte.
Kraftlos fiel er auf die Knie auf seinen grauen Teppich, der neben seinem Bett lag und schlug die Hände vor sein Gesicht, rieb sich die müden Augen.
Er hörte, wie seine Zimmertür geöffnet wurde.
„Draco, Liebling, was ist passiert?", ertönte die Stimme seiner Mutter. Narzissa erblickte die Scherben des Glases und die nasse Stelle, wo es auf die Wand getroffen war.
Draco schnaubte, konnte jedoch nicht antworten. Wieso konnte ihn niemand damit in Ruhe lassen?
„Rede mit mir, ich möchte dir helfen", versuchte es die blonde Frau erneut und trat einen Schritt näher auf ihren Sohn zu. Wenn er sie doch nur an sich heranlassen würde...
„Niemand kann mir helfen", blaffte er sie an. „Es macht mich kaputt! Verstehst du das nicht?"
Hektisch atmete er ein und aus. Seine Augen waren vor Müdigkeit rot unterlaufen und Narzissa stellte mit Schrecken fest, wie schlimmer aussah.
„Vielleicht hilft es dir, darüber zu reden", meinte sie dann ruhig. Anscheinend hatte sie noch gar nicht geschlafen. Zwar trug sie einen grünen Morgenmantel, jedoch schienen auch sie die Ereignisse zu beschäftigen. Draco konnte es ihr nicht verdenken.
„Ich will aber nicht darüber reden", fuhr er sie erneut an.
Eine Weile sagte niemand der beiden etwas.
„Er ist in meinem verdammten Kopf, Mutter! Und es zerstört mich! Ich kann und will nicht mehr schlafen, weil ich immer wieder diese Albträume habe! Ich habe ihn getötet, verdammt nochmal! Und es hat sich gut angefühlt." Verzweifelt rieb er sich durchs Gesicht und ließ sich mit dem Rücken gegen sein Bett sinken.
„Es hat sich gut angefühlt", wiederholte er etwas leiser und vollkommen erschöpft.

Als die ersten Sonnenstrahlen eines neuen Tages durch sein Fenster fielen, raffte Draco sich auf und ging duschen. Kaum hatte er das Badezimmer verlassen, als auch schon eine der Hauselfen mit einem Plopp in seinem Zimmer auftauchte.
„Trixy möchte wissen, ob Master Draco ein Frühstück wünscht", ertönte auch sogleich ihre piepsige Stimme.
Sie trug ein blaues Kleid und starrte mit ihren tennisballgroßen Augen zu Draco hoch.
„Nein, danke", antwortete dieser daraufhin.
„Aber Master Dracos Mutter wünscht..."
„Es ist mir völlig egal, was meine Mutter wünscht", fauchte Draco die kleine Gestalt an, die, erschrocken von seinem plötzlichen Wutausbruch, zusammenzuckte.
„Es tut mir leid, Trixy, ich wollte dich nicht so anschreien. Ich habe es nicht so gemeint", sagte Draco, dem das kleine Geschöpf plötzlich leidtat. „Ich möchte trotz allem kein Frühstück, danke."
„Wie Master Draco wünscht." Damit verschwand die Hauselfe.
Er ging zum Fenster und sah hinaus. Die Sonne war am Horizont aufgetaucht und tauchte die Landschaft in ihren goldenen Schimmer.
Er war wieder allein mit seinen Gedanken.

Hermine war in der Zwischenzeit wieder in Hogwarts angekommen. Am liebsten hätte sie Draco in dieser schweren Zeit unterstützt, aber seine Mutter wollte ihn unbedingt ein paar Tage bei sich im Manor haben, was Hermine vollkommen verstehen konnte. Jedoch ahnte sie, dass ihre Idee Draco nicht gefallen hatte.
In der heutigen Stunde Zaubertränke wollte Slughorn die Gruppenarbeit fortführen.
Die Gryffindor fand sich also mit Ginny und Blaise, der ebenfalls zu ihrer Gruppe gehörte, an einem der Tische zusammen. Draco fehlte natürlich.
„Wie geht es ihm?", fragte Blaise, der von den Ereignissen der letzten Tage sicherlich Wind bekommen hatte. Dabei sah er Hermine fragend an.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, es geht ihm wirklich schlecht", meinte sie dann leise. Woher er wusste, dass Draco und sie seit einigen Monaten einen engeren Kontakt pflegten, wusste sie nicht. Wahrscheinlich hatten die beiden darüber gesprochen. Sofort fragte sie sich, was genau Draco Blaise erzählt hatte, zwang sich dann aber, die Gedanken wieder auf ihr Projekt zu lenken.
„Vielleicht sollten wir ihn ein bisschen ablenken, wenn er wieder da ist", schlug Blaise dann vor. „Wir könnten zusammen ins Drei Besen gehen."
Ginny warf dem Dunkelhäutigen einen zweifelnden Blick zu. „Was ist denn in dich gefahren, Zabini? Seit wann gibst du dich freiwillig mit Gryffindors ab?"
„Dracos Freunde sind auch meine Freunde", sagte der Slytherin. Obwohl Ginny eigentlich nicht wirklich zu Dracos Freunden zählt, fügte Hermine gedanklich hinzu. Und ich weiß auch nicht, was das zwischen uns ist.

Tatsächlich betrat Draco einige Tage später zusammen mit Blaise die Große Halle. Hermine wäre am liebsten sofort aufgesprungen, besann sich dann aber eines Besseren. Sie wollte die Gerüchte vermeiden, die dann zweifellos umhergingen.
Also geduldete sie sich, bis sie sah, dass die beiden Slyhterins von ihrem Tisch aufstanden.
Zusammen mit Ginny fing sie die beiden schließlich im Gang ab.
„Draco, wie geht es dir?", fragte sie. Blaise und Ginny waren schon ein paar Schritte weitergegangen, um den beiden genügend Freiraum zu lassen.
„Was glaubst du, wie es mir geht?", fragte Draco bitter zurück.
„Hast du schon von Blaise's Idee gehört?", wollte sie dann wissen.
„Klar, können wir gerne machen. Ein bisschen Ablenkung wird mir guttun." Draco versuchte sich an einem schiefen Lächeln.

Draco und Hermine saßen also am Wochenende im Drei Besen. Blaise und Ginny verspäteten sich, da Professor Flitwick noch mit den beiden sprechen wollte. Niemals hätte Hermine sich auch nur ausmalen können, einmal mit Draco Malfoy an einem Tisch zu sitzen und sich freundlich und tatsächlich gut zu unterhalten. Anhand von Dracos Lachen und der regen Beteiligung am Gespräch schloss sie, dass ihm die Ablenkung wirklich guttat.
Draco griff nach ihrer Hand, die neben dem Glas Butterbier auf dem Tisch lag, was Hermine erröten ließ.
„Was, bei Merlin, soll das hier, Hermine?", fragte plötzlich eine ihr bekannte Stimme.
Erschrocken blickte sie auf und sah in das Gesicht von...
„Ron?"

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Ich habe über Nacht übrigens eine richtig lustige Idee für eine weitere Harry Potter-Story bekommen. Ich weiß noch nicht, ob darin auch ein Dramione-Anteil vorhanden sein wird, aber ich freue mich schon, das Ganze aufzuschreiben. Ich hoffe mal, dass es die Idee, so wie ich es mir vorstelle, noch nicht gibt und ihr Gefallen daran finden werdet!
Aber erstmal widme ich mich "I'll be good" :)

I'll be good [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt