Kapitel 7

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For all of the light that I've shut out,
For all of the innocent things that I've doubt,
For all of the bruises that I've caused in the tears,
For all of the things that I've done all these years
For all of the sparks that I stomped out
For all of the perfect things that I've doubt

~ „I'll be good", Jaymes Young

Draco wachte am nächsten Morgen mit einem Grinsen auf. Hermine hatte ihn gestern nicht verflucht und war auch der Meinung, dass sich etwas zwischen ihnen geändert hatte. Er hatte das Gefühl, dass das Ganze in eine ziemlich positive Richtung gelaufen war. Jetzt musste er nur noch herausfinden, was das mit Hermine zu bedeuten hatte.
Beim Frühstück flatterten über ihren Köpfen die Eulen und ein Brief landete auf seinem Platz. Er öffnete ihn und begann zu lesen.

Mein lieber Draco,

es tut mir leid, aber dein Vater ist gestern Nacht in Askaban gestorben. Man hat mir mitgeteilt, dass er tot in seiner Zelle gefunden wurde. Genaueres zu den Umständen weiß ich leider nicht.
Wenn du ein paar Tage nach Hause kommen möchtest, ist das in Ordnung.

Deine Mutter

Den Teufel würde er tun! Im Malfoy Manor würde ihn das Ganze nur erdrücken. Zu viele schlechte Erinnerungen hatte er dort gesammelt. Draco stürzte aus der Großen Halle und rannte die Flure entlang, damit niemand seine Tränen sah.

„Ich bin gleich wieder da", sagte Hermine zu Ginny mit wachsamem Blick auf Draco, der gerade aus der Halle lief. Sie hatte bemerkt, dass irgendwas passiert war, als er den Brief gelesen hatte, den eine Eule bei ihm abgeliefert hatte. Wie vermutet fand sie ihn auf dem Astronomieturm. Er saß mit dem Rücken an einer der Mauern und hatte den Kopf in den Händen vergraben.
Die Gryffindor legte sanft eine Hand auf seine Schulter, was ihn zusammenzucken ließ. Er hob den Kopf, um zu sehen, wer ihn hier gefunden hatte.
„Hermine", stellte er fest. Seine Augen waren rot und seine Wangen nass vor Tränen. Es war ihm unangenehm, dass sie ihn in einem solchen Zustand sah. Nervös fuhr er sich durchs Haar.
„Was, bei Merlins Bart, ist passiert?", wollte Hermine schockiert wissen. Noch nie hatte sie ihn in diesem Zustand gesehen. So vollkommen aufgelöst.
„Mein... mein Vater. Er ist gestern Nacht gestorben und..." Draco atmete zitternd durch. „Ich bin einerseits traurig, aber auch so erleichtert darüber und ich hasse mich dafür."
Die Braunhaarige ließ sich auf die Knie neben ihn sinken. „Dein Vater war... ein Tyrann." Die letzten Worte waren nur geflüstert.
„Ich stand all die Jahre unter so einem Druck. Die ganze Zeit hatte er mich in seiner Hand und seit er in Askaban war, fühlte ich mich so frei, Hermine", gestand der Slytherin. „Es kommt mir einfach nicht richtig vor, um ihn zu trauern, weil er so ein Monster war."
„Du darfst trauern, Draco", sagte Hermine leise und strich ihm eine Haarsträhne aus dem tränennassen Gesicht. „Immerhin war er dein Vater."
Draco schluchzte und vergrub das Gesicht wieder in seinen Händen. Ein kühler Wind wehte um den Astronomieturm, was Hermine frösteln ließ. Sie zog den jungen Mann an sich, um ihn zu wärmen und ihm Trost zu spenden.
Ihre Gefühle verwirrten sie. Dass es ihr plötzlich überhaupt nichts mehr ausmachte, ihm so nahe zu sein und sie sich sogar wünschte, ihm noch näher zu kommen, machte ihr Angst. Wie konnten sie all die Jahre so erbitterte Feinde sein und sich nun Stück für Stück annähern?
Sie traute diesem Gefühl nicht, aber für den Moment fühlte es sich einfach richtig an, ihn in ihren Armen zu halten und zu trösten.

Am Abend lag Draco in seinem Bett und starrte an die Decke. Er hatte mit einer solchen Nachricht seiner Mutter nicht gerechnet und war geradezu davon überrumpelt worden. Er hasste sich dafür, dass er erleichtert war, dass sein Vater nun endlich nicht mehr darüber zu bestimmen hatte, was er zu tun und zu lassen hatte. Andererseits war er auch traurig darüber, dass er sich gar nicht von ihm hatte verabschieden können – überhaupt war er traurig, dass er ihn in so schlechter Erinnerung hatte.
Früher, als er noch ein kleines Kind gewesen war, war sein Vater sein Held, ja, geradezu sein Vorbild gewesen – bis er ihn angeschrien, eingeschüchtert und komplett über sein Leben bestimmt hatte. Er wollte nie in die Machenschaften des dunklen Lords verwickelt, nie zum Todesser werden. Unter seinem Sweatshirt schaute immer noch das dunkle Mal an seinem Unterarm hervor. Er hasste es so sehr, aber es erinnerte ihn auch täglich daran, dass er nie so sein wollte wie sein Vater. Jeder hatte seine Narben und sie machten ihn stärker. Allein für all die Jahre, in denen er die Menschen von sich gestoßen hatte, in denen er die Dunkelheit willkommen geheißen und das Licht ausgeschlossen hatte und jeder Funke Hoffnung von seinem Vater im Keim erstickt wurde, allein dafür lohnte es sich doch jetzt zu kämpfen und ein besserer Mensch zu werden. Die Welt zu lieben und sie mit anderen Augen zu sehen und endlich mal etwas richtig zu machen, etwas zu machen, was er liebte.

Ein paar Monate, in denen sich die beiden Schüler ein wenig näherkamen, vergingen und der Winterball stand vor der Tür. Es war kurz vor den Weihnachtsferien, der letzte Schultag, den sie alle noch überstehen mussten, bis abends die Festlichkeiten begannen und alle Schüler am nächsten Morgen nach Hause reisen konnten. Draco wollte nicht nach Hause, auch wenn seine Mutter ihn noch so sehr drängte. Was ihn dazu brachte? Nun ja, er wusste, dass auch Hermine nicht nach Hause zurückkehren würde und außerdem wollte er nicht nach Malfoy Manor zurück, in diese erdrückende Stille der dunklen Wände, wo seine Mutter und er mit ihren Gedanken ganz alleine waren. Er hatte das Gefühl, es würde ihm nicht guttun, also hatte er seiner Mutter geschrieben, dass er nicht nach Hause kommen würde. Es tat ihm leid, sie mit seiner Trauer so alleine zu lassen – sein Vater war erst ein paar Monate tot –, aber er konnte jetzt einfach nicht nach Hause zurückkehren.

Hermine ging mit Ginny in Richtung der Großen Halle, wo der Winterball stattfand. Der blaue Stoff ihres Kleides wehte um sie herum und ihre Haare fielen locker über ihre Schultern.
„Ich freue mich so, endlich wieder nach Hause zu gehen!", sagte Ginny. „Mom wird ein großes Weihnachtsessen auftischen und Ron kommt auch nach Hause, hat er geschrieben."
„Das freut mich wirklich!", erwiderte Hermine.
„Du kannst sicher auch vorbeikommen", meinte die Rothaarige.
„Ich werde darüber nachdenken", antwortete ihre Freundin.
Die Große Halle war festlich geschmückt. Schneeflocken rieselten von der Decke, aber es war nicht kalt. Die Magie von Hogwarts eben.
Professor McGonagall eröffnete den Ball und Musik ertönte. An einem Buffet gab es reichlich zu Essen und zu Trinken. Das konnte nur ein toller Abend werden!

„Darf ich um diesen Tanz bitten?", fragte Draco Hermine, die er endlich zwischen all den Schülern entdeckt hatte.
„Habe ich ein Déjà-vu?" Hermine lachte und nahm Dracos ausgestreckte Hand dankend an.
Er führte sie auf die Tanzfläche und legte eine Hand an ihre Hüfte, die andere umschloss ihre eigene.
„Du siehst wunderschön aus", sagte er so leise, dass Hermine es kaum verstand.
Sie spürte, wie sie errötete und hätte sich dafür gleich schon wieder verfluchen können.
Dass er ihr plötzlich Komplimente machte, war ungewohnt.
„Danke", erwiderte sie. „Wie geht es dir?"
„Besser. Danke, dass du damals auf dem Astronomieturm für mich da warst." Draco drückte ihre Hand.
Das Lied endete nach einer Weile und ein schnelleres begann. Bevor die Stimmung vermiest wurde, riss Hermine Draco an der Hand herum.
„Na komm schon", rief sie ihm zu, begann sich zu bewegen und er musste lachen.

Draco war komplett verschwitzt, nachdem er auf einige Lieder mit Hermine getanzt hatte und ging mit ihr an den Rand der Tanzfläche.
Er strich ihr eine schweißnasse Strähne aus dem Gesicht und sah das Glänzen in ihren Augen, das sich mit Sicherheit auch in seinen widerspiegelte.
„Ich muss echt mal an die frische Luft", meinte Hermine außer Atem. Draco nickte und begleitete sie nach draußen.
Kühle Luft umwehte die beiden, als sie in den Innenhof traten. „Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß wie heute", gab Draco zu und sah Hermine in die Augen.
Die Braunhaarige lächelte und sah weg, da sein intensiver Blick ihr schon wieder die Röte in die Wangen trieb.
Der Slytherin trat ein Stückchen näher an sie heran und hob ihr Kinn sanft an.
Sofort huschte ihr Blick wieder zu ihm. Seine Augen hielten sie gefangen und ihr Herz schlug sofort wieder ein Stückchen schneller. Er näherte sich ihr und sie konnte schon seinen Atem auf ihren Lippen spüren.
Die Spannung zwischen ihnen war fast greifbar und Hermine hielt den Atem an.
„Hermine?", rief jemand und die Braunhaarige erkannte, dass es Ginny war.
Draco löste sich von der Gryffindor und verdrehte grinsend die Augen. Hermine boxte ihn in die Seite und schmunzelte. Sie trat hinter der Säule hervor, an der sie gelehnt hatte.
„Bei Merlins Bart...", murmelte Draco und fuhr sich durch die Haare.
Er würde wohl noch warten müssen

I'll be good [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt