Kapitel 24

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Every step I take
Everywhere I go
I see your face, unforgettable

~ „Unforgettable", Robin Schulz & Marc Scibilia

Draco hatte in den letzten Monaten seine düsteren Gedanken erfolgreich verdrängt, jedoch kamen sie gerade dann wieder hoch, wenn er abends alleine in seinem Bett lag und seinen Gedanken völlig ausgesetzt war. Er starrte wie so oft an die Decke und wünschte sich einmal mehr, dass er einfach ein ganz normaler junger Mann wäre – ohne diese schreckliche Vergangenheit und all die Erinnerungen, die ihn manchmal nicht mehr schlafen ließen.
Morgen würde er seine Ausbildung im Ministerium beginnen. Eigentlich sollte er aufgeregt sein und sich darauf freuen. Momentan konnte er aber nur daran denken, dass er das Gesicht seines Vaters in seinen Träumen auf keinen Fall sehen wollte. Manchmal fühlte er sich sogar bei Tag in seinem eigenen Haus von ihm verfolgt. Die Schatten an den Wänden warfen manchmal Muster, die Draco unheimlich an seinen Vater erinnerten, was ihn dazu brachte, schneller als sonst durch die Gänge des Hauses zu laufen und nicht zu genau in die Schatten zu sehen.
Er war verrückt – anders konnte es nicht sein. Vielleicht würden ihn die nächsten Tage, die mit Sicherheit voll mit Arbeit waren, ein bisschen ablenken, zumindest hoffte er das inständig, denn wenn es so weiterging, würde er wirklich wahnsinnig werden.

Hermine fuhr mit dem Fahrstuhl in den 4. Stock des Zauberministeriums, wo sich die Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe befand.
Es herrschte ein reges Treiben im Ministerium – anders kannte Hermine das große Gebäude auch gar nicht. Ein wenig aufgeregt war sie schon, denn heute war ihr erster Arbeitstag, jedoch versuchte sie, sich diese Aufregung nicht anmerken zu lassen. Sie wollte professionell wirken. Ihr Outfit bestand aus einer Bluse mit Rüschen an der Knopfleiste, die ihr sehr gut gefiel und einem knielangen Rock, dessen Falten sie noch einmal glattstrich. Sie war motiviert!
Hermine wollte sich für das Leben der Hauselfen einsetzen, da es für sie irgendwie zu einer Herzensangelegenheit geworden war und sie freute sich schon auf alles, was in der nächsten Zeit auf ihrem Plan stand.
„Miss Granger, schön, dass Sie da sind", sagte ihr Chef, als nach dem Klopfen sein Büro betreten hatte.
Sie besprachen einige Einzelheiten und Hermine wurde dann zu ihrem Büro geführt. Es war ein relativ kleiner Raum, der aber trotzdem nicht zu einengend wirkte. Ein paar Bücherregale standen an den Wänden, ein Schreibtisch und ein Stuhl dahinter dominierten den Raum und ein Staubwedel putzte – wie zuletzt in Kingsley Shacklebolts Büro – die Bücher in den Regalen. Die junge Hexe nahm sich vor, das Büro auf jeden Fall noch ein wenig individueller nach ihren Wünschen zu gestalten, wenn sie sich ein wenig eingelebt hatte.
„Guten Tag, Miss Granger." Eine Frau war hinter Hermine getreten, die gerade ihr Büro betreten hatte.
Sie drehte sich um und sah einer rothaarigen Dame ins Gesicht. Sie war hübsch und strahlte eine unglaubliche Freundlichkeit aus, was sie in Hermines Augen sofort sympathisch erscheinen ließ.
„Mein Name ist Leta Jones. Herzlich Willkommen in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe." Die Rothaarige hielt ihr die Hand hin, die Hermine sofort ergriff und schüttelte.
„Ich werde Ihnen in den ersten Wochen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich jederzeit an mich wenden. Als erstes starten wir mit den neuen Fällen, die erst heute Morgen eingetroffen sind", meinte Miss Jones freundlich und schob Hermine dann sanft mit einer Hand im Rücken zu ihrem Schreibtisch.
Die junge Hexe war motiviert und wollte unbedingt an ihrem ersten Tag einen guten Eindruck hinterlassen.

Auch Draco war freundlich empfangen und an seinen Arbeitsplatz gebracht worden, wo man ihn nach einigen Erklärungen alleine gelassen hatte. In den ersten Wochen würde er Büroarbeit machen, um sich ein wenig einzuleben. Erst dann dürfte er auf einige wenige Einsätze mitkommen, hatte man ihm erklärt.
Um ihn herum hörte er die anderen Zauberer tuscheln. Die Aurorenzentrale bestand aus niedrigen Einzelbürozellen, der große Raum war also in mehrere kleine Arbeitsbereiche unterteilt worden, sodass er gut hören konnte, wie über ihn geredet wurde.
„...Draco Malfoy... gehört, er hätte seinen eigenen Vater getötet..."
„... bestimmt gefährlich..."
„Wer weiß, was passiert, wenn er ausrastet?"
„...Todesser..."
Draco kniff die Augen fest zusammen und raufte sich die Haare, versuchte, die schrecklichen Worte seiner Kollegen auszublenden.
„Draco? Ist alles in Ordnung?", fragte auf einmal jemand und er zuckte zusammen. Auf seinem Schreibtischstuhl drehte er sich um und erblickte ausgerechnet Potter, der ihn besorgt musterte.
Sofort waren die Gespräche um sie herum verstummt. Harry sah mit bösem Blick in die Runde der Zauberer, die unverhohlen zu ihnen herüber starrten, die Augen zu Schlitzen verengt. Man konnte förmlich spüren, wie der ganze Raum die Luft anhielt.
„Nimm es dir nicht zu Herzen. In ein paar Wochen ist das alles vergessen", sagte der Schwarzhaarige.
Einerseits war Draco ihm dankbar, dass er dafür gesorgt hatte, dass die Gespräche verstummten, andererseits hatte er absolut keine Lust auf seine Gesellschaft.
Er drohte wieder tiefer in diese dunkle Gedankenwelt zu driften und dabei machten es ihm die ganzen Tuscheleien auch nicht besser. In der Nacht hatte er kaum geschlafen. Eigentlich hatte er sich auf seinen ersten Arbeitstag konzentrieren wollen, aber damit war es jetzt wohl vorbei.
„Na komm, lass uns Mittagspause machen", schlug Harry vor, was Draco überraschte. Er wollte mit ihm seine Mittagspause verbringen?
„Lass gut sein, Potter. Das sagst du sowieso nur, weil du Mitleid mit mir hast", erwiderte der Blonde.
„Keine Widerrede, Draco", kam es von Harry zurück. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er ihn schon das zweite Mal beim Vornamen genannt hatte, was ihn misstrauisch werden ließ. Was, bei Merlins Bart, hatte Potter vor?
Harrys aufforderndem Blick folgend, seufzte er und stand schließlich auf, um dem Schwarzhaarigen aus der Aurorenzentrale zu folgen, hinter ihnen kollektives Aufatmen.

Hermine kam an diesem Abend geplättet in ihrer Wohnung an. Es war ein relativ anstrengender Tag gewesen, da natürlich alles neu war, sie viel zuhören musste und sich dann Schritt für Schritt ihrem ersten Fall widmen durfte. Trotzdem hatte es ihr wirklich Spaß gemacht und sie freute sich schon auf ihren nächsten Arbeitstag.
Ihre Wohnung bestand aus einer geräumigen Küche, einem kleinen Bad, einem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer. Mehr brauchte sie im Moment nicht. Natürlich hatte Hermine mit dem Gedanken gespielt, mit Draco zusammenzuziehen, aber Draco wollte seine Mutter nicht vollkommen allein im Manor lassen. Auch sie hatte noch mit der Trauer zu kämpfen, obwohl Lucius Malfoy schon einige Monate tot war. Er liebte seine Mutter, obwohl er das manchmal nicht so zeigte.
Draco versuchte trotz allem, Hermine so oft wie möglich zu besuchen – auch wenn er das in Muggel-London tun musste. Hermine hoffte trotzdem, dass sie bald zusammenziehen könnten, da er ihr fehlte und sie sich an manchen einsamen Abenden gerne Gesellschaft gewünscht hätte. Seit einigen Tagen hatten sie sich nicht gesehen, da die junge Hexe in den letzten Tagen der Sommerferien in ihre Wohnung gezogen war, um sich ein wenig einzugewöhnen.
Sie hängte ihre Jacke an den dafür vorgesehenen Haken und zog ihre Schuhe aus. Danach ging sie in die Küche, um Essen zu machen. Sie entschied sich für einfache Spaghetti, auf mehr hatte sie heute Abend keine Lust. Außerdem verlangte ihr Kühlschrank mal wieder danach, gefüllt zu werden. Auf der Theke schrieb Hermine schnell einen Einkaufszettel und widmete sich dann dem Kochen.
Als die Nudeln im Topf waren, klingelte es plötzlich an der Tür. Hermine öffnete verdutzt.
Draco stand mit weit aufgerissenen Augen und vollkommen panisch im Hausflur.
Er atmete hektisch, was darauf schließen ließ, dass er gerannt war.
„Draco! Bei Merlins Bart, was ist passiert?", fragte Hermine besorgt.
„Er... er ist wieder da", kam es nur von ihm zurück und dann brach er vor ihr zusammen.

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Es freut mich wirklich riesig, dass sie euch so gut gefällt! Bin gespannt, was ihr zu den nächsten Kapiteln sagt! :)

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