Kapitel 10

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The demons we're running from
They are begging to stay

~ „Red Desert", 5 Seconds of Summer

Draco hatte in dieser Nacht furchtbare Albträume gehabt, doch war es ihm noch nie passiert, dass sie ihn selbst tagsüber verfolgten. Mitten in einer Stunde Zaubertränke – der ersten nach den Ferien – stürzte er aus dem Raum.
Vor seinen Augen war das Gesicht seines Vaters aufgetaucht. Er hatte gesehen, wie er ihn maßregelte, sein wütendes Gesicht, wie er ihn angeschrien hatte, dass er es noch nicht einmal schaffte, seine verdammte Aufgabe zu erledigen, Dumbledore zu töten. Dass er eine Schande für die ganze Familie war. Doch er hatte es einfach nicht gekonnt.
Draco ließ sich auf den Boden einen Gang weiter sinken und lehnte sich mit dem Kopf an die Wand, schloss die Augen.
„Ich werde ein guter Mensch sein", sagte er immer wieder und versuchte, seine zitternden Hände zu beruhigen. Er merkte, dass er schwitzte.
„Bei Merlin, Draco. Reiß dich zusammen", flüsterte er wutentbrannt. Plötzlich hörte er Schritte. Er blickte auf.
Hermine war ihm gefolgt und ging vor ihm in die Hocke.
„Draco, was ist passiert?", fragte sie besorgt und legte im sanft eine Hand auf den Arm. Doch das passte ihm gerade gar nicht. Er wollte einfach nur allein sein und in Ruhe gelassen werden – auch von Hermine.
„Lass mich bitte", sagte er deshalb.
„Bitte rede mit mir", versuchte die Gryffindor es erneut. Sie ertrug es nicht, ihn so leiden zu sehen. „Ist es wegen deinem Vater?"
„Ich sagte, du sollst mich in Ruhe lassen, du Schlamm...", blaffte Draco und hielt erschrocken die Luft an. Dann schüttelte er grob ihren Arm ab. Hermine war zurückgezuckt. Scheiße, was hatte er nur getan? Ihr entsetztes Gesicht zu sehen machte es nur noch schlimmer.
„Was..."
„GEH!"
„Ist... ist okay", sagte Hermine, stand auf und ging schnellen Schrittes davon.
Draco wusste, dass er sie verletzt hatte und es tat ihm sofort leid. So grob hatte er nicht sein wollen. Er wollte doch nie wieder so zu ihr sein. Er war einfach vollkommen fertig von diesen Träumen und allem, was damit zu tun hatte.
Was war er nur für ein Idiot?

Als er am Abend in die Große Halle zum Abendessen trat und Hermine ihn nicht eines Blickes würdigte, obwohl er genau wusste, dass sie bemerkte, dass er sie sehnsüchtig ansah, war klar: Er hatte es so richtig vermasselt.
Frustriert ließ er sich neben Blaise fallen und stocherte in seinem Essen herum.
„Was ist los, mein Freund?", fragte dieser und legte ihm freundschaftlich einen Arm um die Schulter.
„Nichts", gab der Blonde zurück. Er musste das alleine klären, dafür brauchte er nicht den Rat seines Freundes. Das fehlte gerade noch!
„Komm schon, Draco, du kannst nicht immer alles in dich hineinfressen." Blaise klopfte ihm auf die Brust. „Erzähl schon, was ist los?"
Genervt verdrehte Draco die Augen. „Ich habe Mist gebaut", brachte er schließlich heraus.
„In Bezug auf Granger?", wollte Blaise wissen und sah kurz zu besagter Gryffindor herüber. Auch Draco hob kurz den Blick. Schließlich nickte er.
„Ach, das wird schon wieder." Blaise ließ seinen besten Freund los und sah ihn zuversichtlich an. „Rede einfach nochmal mit ihr. Das wird sich schon wieder regeln."
„Nein, wird es nicht. Ich habe wirklich Mist gebaut. Großen Mist." Der Blonde fuhr sich verzweifelt durch die Haare und berichtete dann seinem Freund, was geschehen war.
„Ich wollte doch nie wieder dieses Wort vor ihr in den Mund nehmen." Der Slytherin kniff die Augen zusammen.
„Na ja, ganz ausgesprochen hast du es ja nicht. Es hätte auch etwas völlig anderes gemeint sein können", gab Blaise zu bedenken.
Also das konnte ja nun wirklich nicht sein Ernst sein. Draco hob die Augenbrauen.
„Ich meine ja nur..." Blaise hob die Hände. „Wie dem auch sei: Du solltest nochmal mit ihr sprechen, glaub mir."
„Ich sage dir doch, das wird nicht wieder. Ich weiß ganz genau, wie sehr sie das verletzt hat. Bei Merlin, ich war einfach nicht ich selbst in diesem Augenblick..."

„Du bist so still", sagte Ginny zur gleichen Zeit zu ihrer besten Freundin.
Hermine seufzte. „Mir geht es einfach nicht sonderlich gut, Ginny."
„Was ist passiert? Rede mit mir darüber, dann geht es dir bestimmt besser." Die Rothaarige legte eine Hand auf Hermines Arm.
„Es geht um Draco. Es ging ihm nicht gut und ich wollte ihm helfen, aber anscheinend wollte er meine Hilfe nicht, jedenfalls ist er ausgerastet und hat mich Schlammblut genannt", berichtete die Braunhaarige.
Ginny zog überrascht die Luft ein.
„Na ja, zumindest fast. Er konnte sich gerade noch bremsen", fügte Hermine hinzu.
„Wusste ich doch, dass dieser Kerl nichts Gutes im Schilde führt", murmelte ihre Freundin.
„Was?"
„Nichts, nichts. Wenn es dir wirklich wichtig ist, warte bis er mit dir spricht und sich bei dir entschuldigt, geh ja nicht von selbst auf ihn zu! Aber lass ihn noch ein bisschen zappeln. Gib ja nicht zu früh nach – das hat er verdient!" Ginny blickte sie entschlossen an.
Hermine schmunzelte.
„Er weiß doch ganz genau, wie sehr es mich verletzt..."
„Am Ende ist es immer noch deine Entscheidung, ob du ihm verzeihst oder nicht", sagte das Mädchen.
„Es lief doch gerade so gut." Hermine schüttelte frustriert den Kopf. „Hätte ich mir ja denken können, dass das alles nur Spaß für ihn ist."
Obwohl Ginny es immer noch nicht gutheißen konnte, wollte sie Hermine aufheitern. Ihre Freundin sollte nicht den Kopf hängen lassen.
„Gib nicht so schnell auf. Auch wenn das vielleicht nicht sein bester Moment war und ich immer noch misstrauisch bin... Man merkt, wie er dich ansieht und dass du ihm wirklich etwas bedeutest. Ich bin der festen Überzeugung, dass er das gar nicht so gemeint hat. Du sagtest, er sei aufgewühlt gewesen. Vielleicht war er nicht er selbst, hat nicht nachgedacht", versuchte sie Hermine zu beruhigen.
„Vielleicht hast du recht... Aber ich brauche einfach ein bisschen Zeit", sagte sie.

„Hermine! Hermine, warte doch!" Die vertraute Stimme Dracos ertönte hinter ihr, als sie sich mit Ginny auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machte. Der Slytherin hielt sie am Arm fest.
„Hermine... Können wir reden?", fragte er vorsichtig. Die Braunhaarige seufzte. Ginny war einige Schritte hinter ihr stehen geblieben, um den beiden genug Freiraum zu lassen. Sie sah zu ihr zurück – ihre Freundin warf ihr einen warnenden Blick zu – und dann wieder zu Draco, der ihr flehend in die Augen blickte.
Sie machte ihren Arm los. „Lass mich in Ruhe", meinte sie dann leise und wandte sich ab.
„Hermine, bitte! Es tut mir leid", versuchte er es ein weiteres Mal. Sie drehte sich noch einmal zu ihm um.
„Lass mich, bitte. Gib mir Zeit", war alles, was sie noch zu ihm sagte, bevor sie endgültig mit Ginny in Richtung Gemeinschaftsraum ging und ihn stehen ließ.
Sie kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und blinzelte einige Male. Er musste verstehen, dass er sie verletzt hatte. Gerade hatte es so gut zwischen ihnen beiden funktioniert... Sie hatte wirklich nicht damit gerechnet, vor allem nicht nach allem was er zu ihr gesagt, für sie getan hatte, dass sie beide wieder so in alte Zeiten verfallen konnten.
Hermine war enttäuscht und das zutiefst.
Verbittert ging sie an diesem Abend ins Bett und konnte immer noch kaum glauben, was passiert war.

I'll be good [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt