Kapitel 26

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My heart still beats
And my skin still feels
My lungs still breathe
My mind still fears
But we're running out of time

~ „Running with the wolves", Aurora

Eine Woche war vergangen, seit Draco geglaubt hatte, seinen Vater zu sehen. Seitdem hatte er ihn nichts mehr bemerkt und es war auch sonst zu keinen weiteren Vorfällen mehr gekommen. Heute durfte er auf seinen ersten Auftrag zusammen mit Harry und – zu seinem Leidwesen – auch Ron. Drei ältere Auroren begleiteten die drei.
Der Wind wehte, als die sechs Männer an einem abgelegenen Stück Land in der Nähe von Hogwarts ankamen. Der Himmel war dunkel und bewölkt, was Draco vermuten ließ, dass es bald regnen musste.
„Er müsste sich hier in der Nähe befinden! Durchsucht alles und lasst es mich wissen, wenn ihr ihn seht", erklärte der ältere der Männer. Steward. Sein jüngerer Kumpane hieß Dorkins. Er war ihm von Anfang an sympathisch gewesen, obwohl er noch nie ein Wort mit ihm gewechselt hatte. Der dritte im Bunde – Graves – stand die ganze Zeit schweigend ein Stück weit hinter den beiden Männern und schien wohl nicht sehr gesprächig zu sein. Seine dunklen Brauen waren zusammengezogen.
„Malfoy!", sprach Steward Draco an. „Sie werden mit Mr Dorkins die Gegend absuchen. Mr Potter und Mr Weasley bilden eine Gruppe und ich werde mit Mr Graves gehen."
Mit diesen Worten waren alle entlassen. Dorkins schloss sich Draco an, der direkt davonging.
„Edward Dorkins", stellte er sich direkt vor und reichte Draco seine Hand. Etwas misstrauisch schüttelte er sie.
„Draco Malfoy", erwiderte er.
„Ich weiß", kam es von dem jungen Mann zurück. „Tut mir leid, das war ein bisschen schnippischer als gewollt." Ein schiefes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.
„Keine Ursache", antwortete Draco.
Eine Weile gingen die beiden schweigend durch das hohe Gras und hielten wachsam ein Auge auf ihre Umgebung. Ein Zauberer war aus Askaban entkommen, was eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war, aber seit sein eigener Vater aus dem Gefängnis entkommen war, hielt Draco nichts mehr für unmöglich. Die Auroren wurden herbeigerufen, da er in der Nähe von Hogwarts gesichtet wurde und sollten ihn wieder einfangen, denn so nah am Schulgelände war er eine große Gefahr.
„Ich habe gehört, was über Sie gesagt wird, Dorkins. Sie scheinen ein angesehener Auror zu sein", meinte Draco dann.
„Das habe ich mir hart erarbeitet. Sie werden mit Sicherheit auch mal einen solchen Ruf haben. Ich sehe Großes in Ihnen", sagte sein Begleiter.
Draco wurde misstrauisch. Wieso war er so nett zu ihm? Einerseits hatte er von Anfang an schon eine gewisse Sympathie für den Dunkelhaarigen gehabt, andererseits war er so ziemlich der einzige Auror – abgesehen von Potter – der nett zu ihm war. Weasley hatte kein einziges Wort mit ihm gewechselt, seit Draco seine Stelle angetreten hatte und alle anderen waren entweder genauso oder redeten hinter seinem Rücken über ihn.
Draco sagte nichts, da er nicht wusste, was er darauf antworten sollte. Es überforderte ihn ein wenig, doch auf ein freundliches Gesicht getroffen zu sein.
„Keine Angst, Malfoy. Ich will Ihnen nichts Böses. Es trifft sich immer gut, einen Verbündeten zu haben, finden Sie nicht?", meinte Dorkins dann, als hätte er seine Gedanken gelesen.
Der Blonde brummte etwas Zustimmendes, konnte die Lage aber noch nicht wirklich einschätzen.
Vielleicht tat er ja auch nur so, als würde er sich mit ihm verbünden wollen. Zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls, denn Draco fand es komisch, dass er der einzige in dieser verdammten Abteilung war, der nett zu ihm war.
„Sie sollten sich nicht so zu Herzen nehmen, was die anderen über Sie sagen", brach Dorkins erneut das Schweigen. „Ich finde, Sie haben nichts falsch gemacht. Und das Meiste sind doch sowieso nur Gerüchte, die erzählt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da auch nur ein Fünkchen Wahrheit dahintersteckt."
„Wenn nur alle so wären wie Sie", sagte Draco und lachte dann trocken.

In ihrer Mittagspause saß Hermine mit Miss Jones – Leta, wie sie sie nennen sollte – in einem Café. Die beiden Frauen hatten sich Sandwiches bestellt und tranken dazu Wasser.
„Wie hat dir die erste Zeit hier gefallen?", fragte Leta.
„Bis jetzt ganz gut. Ich denke, dass es wirklich Spaß machen wird, wenn ich mich eingearbeitet habe", erwiderte die Braunhaarige.
„Das wird es! Ich bin ja schon einige Jahre in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe und ich brenne wirklich für diesen Job!" Entzückt lächelte die Rothaarige. Sie trug ein blaues Kostüm und einen abstrakten Hut. Anscheinend fiel sie gerne auf – ganz im Gegensatz zu Hermine. Zwar war sie seit der Horkruxjagd und dem Sieg über Voldemort bekannt in der Zauberwelt, da fast täglich über sie im Tagespropheten berichtet wurde, aber Hermine konnte immer noch nichts mit dem ganzen Ruhm anfangen.
Hermine biss genüsslich in ihr Sandwich. Hier konnte sie wirklich öfter hingehen!
„Und wie sieht es sonst so in deinem Privatleben aus? Ich weiß ja, dass du mit dem jungen Malfoy liiert bist – ein guter Fang, wenn ich das so sagen darf. Er sieht wirklich unglaublich gut aus!" Die junge Frau ihr gegenüber blickte schwärmend zu Hermine, die sich fast an ihrem Sandwich verschluckt hätte. Dass sie so schnell zu privaten Themen kommen würde, hatte sie nicht vermutet.
Sie räusperte sich und merkte, wie sie rot wurde.
„Keine Angst – ich selbst bin seit letztem Jahr verheiratet, aber schwärmen darf man doch", fügte Leta schnell hinzu.
„Nun ja, ich denke, ich habe wirklich Glück gehabt", erwiderte die junge Hexe dann. Etwas unangenehm war es ihr schon, dass Leta so über ihren Freund redete.
„Ich glaube ja nicht an die ganzen Gerüchte, die im Ministerium erzählt werden." Sie sagte das beiläufig, jedoch wurde Hermine sofort hellhörig.
„Gerüchte? Welche Gerüchte?"
„Dann hast du noch nichts davon gehört? Mein Mann ist Auror und erzählt mir schon seit einer Woche davon. Er soll seinen eigenen Vater umgebracht, ihn kaltblütig ermordet haben, als er wehrlos war."
Hermine stockte der Atem. Wieso hatte Draco ihr noch nichts von diesen furchtbaren Dingen erzählt, die man über ihn sagte? War er deshalb so komisch gewesen?
„Das ist absolut nicht richtig!", rief Hermine, plötzlich wütend. „Wer behauptet nur solchen Unsinn?"
„Schon gut, schon gut. Ich verstehe auch nicht, wie man so kaltherzig sein kann und solche Dinge in die Welt setzt. Ich glaube kein Wort davon", sagte Leta.
„Ich habe bis jetzt tatsächlich nichts davon gewusst." Hermine schüttelte den Kopf.
„Dann hat er es dir verschwiegen?" Unsicher sah Leta sie an.
„Sieht wohl so aus", meinte die junge Frau trocken.

„Da! Haben Sie das gesehen?", fragte Draco alarmiert und deutete auf einen Hügel, bei dem sich etwas bewegt hatte.
„Ja... Ich glaube, da ist etwas", bestätigte Dorkins.
Vorsichtig gingen die beiden Männer weiter. Dracos beobachtete seine Umgebung genau, scannte jedes Detail und hatte seinen Zauberstab einsatzbereit in der Hand.
Zu allem Überfluss fing es nun auch noch an zu regnen. Es war zwar noch ein leichter Nieselregen, jedoch würde sich das bald ändern, wenn man die Wolken am Himmel betrachtete.
„Ich werde die anderen benachrichtigen", sagte Dorkins leise und Draco nickte, lief noch ein paar Schritte weiter nach vorne.
Nun stand er ziemlich in der Nähe der Erhebung. Die Bäume um ihn herum wurden vom aufgezogenen Wind schon ordentlich geschüttelt.
Erneut bewegte sich etwas im hohen Gras. Es fing stärker an zu regnen, was es schwerer machte, klar zu sehen. Bald schon war Draco vollkommen durchnässt.
Er machte einen weiteren Schritt nach vorne und auf einmal sprang eine Gestalt einige Meter weiter vor ihm auf und rannte los über den Hügel.
„Das ist er!", rief Dorkins von irgendwo hinter ihm. Draco rannte dem Mann hinterher und hörte auch, wie sein Begleiter hinter ihm durch den Matsch rannte.
Gerade als sie ihn fast erreicht hatten und Draco einen Zauberspruch rufen wollte, der den Geflüchteten fesselte, blieb der Blonde schlitternd und wie vom Blitz getroffen stehen.
Hinter einem der Bäume vor ihm schaute das Gesicht seines Vaters ihn unverwandt an. Der junge Mann war so geschockt, dass er sich nicht rühren konnte.
Potter rannte an ihm vorbei, hatte Dorkins anscheinend überholt, und lief einen Abhang hinunter. Wahrscheinlich befand sich vor ihnen eine Talsenke.
Immer noch starrte Draco auf das Gesicht seines Vaters. Die Sekunden fühlten sich an wie Minuten.
„Malfoy, was machen Sie da?" Steward war neben ihm stehen geblieben. Erschrocken blickte Draco zu dem älteren Mann, dessen blonde Haare an seiner Stirn klebten. In seinem Schnurrbart hatten sich Wassertropfen verfangen. Anscheinend hatte er vollkommen die Zeit und seine eigentliche Aufgabe vergessen.
Als er wieder zu der Stelle sah, an der er seinen Vater gesehen hatte, war dieser verschwunden.
„Er ist weg", sagte Potter vollkommen außer Atem, der wieder zurückgekehrt war.
Dorkins kam kurze Zeit später hinter ihm an.
„Verdammt, Malfoy! Was ist nur in Sie gefahren?", fuhr Steward Draco an. „Sie waren so nah dran und haben ihn entwischen lassen!"

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Auch auf diesem Wege nochmal vielen, vielen Dank für 1.000 Reads auf diese Geschichte! <3
Das bedeutet mir unglaublich viel!

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