22 | Der Abschied ✓

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Miles

Ich schaue ein letztes Mal auf ihr engelsgleiche Gesicht und versuche jedes Detail mir zu merken. Ich möchte ihr Gesicht nie wieder vergessen. Ich möchte ihre roten Haare nie wieder aus dem Kopf haben. Ich möchte ihre braunen funkelnden Augen nie aus dem Kopf haben. Ich möchte sie nie wieder aus meinem Leben haben.

Aber ich muss es. Ich muss jetzt gehen, auch wenn es mich stört, muss ich gehen und mich an meine Arbeit ranhalten. Ich muss weiterhin mein Geld verdienen und keinen weiteren Urlaub erlauben.

Ich hauche ihr einen Kuss auf die Lippen und streiche ihre Haare auf die Seite. Nochmal küsse ich sie auf ihre vollen Lippen und schließe genießend meine Augen. Diesen köstlichen süßen Geschmack werde ich niemals mehr vergessen. Niemals.

Mit meinem Daumen fahre ich ihren Lippen nach und schon gebe ich ihr einen Kuss. Fuck! Ich muss mich von ihr lösen. Auch wenn ich es nicht will und mein Herz einfach nicht gehen möchte, muss ich das tun.

Ich decke sie noch gescheit zu, dass ihr ganzer Körper in der Wärme eingehüllt ist und gehe rüber zu meinem Koffer. Owen hat meinen Koffer hochgebracht, weil er wohl gedacht hat, dass ich hier wohl für immer bleiben würde. Aber das ist nicht der Fall.

Den Koffer ziehe ich leise hinter mir und verlasse mein altes Jugendzimmer. Nachdem ich den Flur entlang gelaufen bin, nehme ich den Koffer in meine Hände und steige die Treppen runter. Es ist sieben Uhr morgens und die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen ein früher Vogel ist, ist sehr gering.

Ich lege den Koffer wieder auf dem Boden ab und gehe Richtung Haustür. Dort bleibe ich aber nochmal stehen und ziehe meine schwarzen Stiefel an und schnappe mir meine Jacke, die ich genauso überziehe.

»Miles?«

Stocksteif bleibe ich stehen und rühre mich nicht vom Fleck.

»Was tust du da?«, höre ich ihre grüblerische Stimme. Ich presse meine Lippen aufeinander und drehe mich angespannt zu ihr. »Aria. Guten Morgen.«, lächele ich gezwungen.

Aria sieht mich fragend an. »Was tust du da?«, wiederholt sie ihre Frage und ihr Blick wandert zu meinem Koffer, dann wieder zu mir und Erkenntnis tritt in ihren Augen auf. »Du gehst.«

Ich nicke. »Ich gehe.«

Eilig schüttelt sie dann ihren Kopf. »Du darfst aber jetzt nicht gehen. Nicht jetzt!« Sie kommt auf mich zu und möchte nach meinem Koffer packen, aber ich halte unsanft ihr Handgelenk fest und sehe ihr ausdruckslos in die Augen. »Lass mich einfach gehen.«, bitte ich neutral.

Sie schüttelt erneut ihren Kopf und Tränen sind in ihren Augen zu sehen. »Du darfst das Owen nicht antun!«, zischt sie. »Er hat schon einmal wegen dir gelitten. Ein zweites Mal erlaube ich es nicht! Du wirst bleiben!« Sie kommt mir mit ihrem Gesicht verdammt nah und schaut mich wütend an.

»Nein«, erwidere ich und lasse ihr Handgelenk los, schiebe sie leicht zurück. »Er wird es schon verkraften. Lass mich jetzt bitte gehen. Bitte.« Mein flehender Unterton ist rauszuhören.

»Nein.«, sie ballt ihre Hände zu Fäusten. »Du wirst hier bleiben! Für Owen und für Ruby!«

Ich kann nicht.

Ich schweige und schaue ihr immer noch tief in die Augen.

»Ruby ist völlig verschossen in dich, merkst du das etwa nicht? Sie hat nur Augen für dich und du wirst nach einer tollen Nacht verschwinden? Weißt du, wie sich ein Mädchen fühlen wird, wenn sie erstmal mit dem Typen schläft und dann wacht sie ohne ihn auf? Weißt du wie man sich fühlt, verdammte Scheiße?« Ihre Stimme wird immer lauter und plötzlich klatscht es.

Callboy | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt