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Charlies POV

-21.11.2019-

„Maik, jetzt mache doch nicht so ein Geheimnis! Wo fahren wir hin?"
Es ist mittlerweile ca. ein Jahr vergangen seit dem Wincent und ich uns so gestritten haben. Maik lacht.
„Ich werde dir nichts verraten. Du musst jetzt da durch."
Ich seufze und sehe ihn mit einem Schmollmund an.
„Nein, dieses Mal bringt auch das nichts meine Schöne. Habe Geduld. In sechs Stunden sind wir da."
„Das sind sechs Stunden zu lange, Schatz." Wieder lacht Maik und zuckt mit seinen Augenbrauen.
„Das bekommst du wieder", sage ich beleidigt und lehne mich an die Seite.
„Ach Süße, du wirst sehen, dass es sich lohnen wird."
Maik drückt sanft mein Knie.

Mein Herz sackt schließlich in die Hose, als ich sehe, wo wir halten. Das ist doch nicht sein Ernst?
Doch Maik sieht mich strahlend an.
„Na, habe ich dir zu viel versprochen? Wir haben sogar beide einen Fast-Lane-, Pass! Wir können gleich schon rein!"
Ich nicke und sehe mit blassen Gesicht zur Halle.
„Ach und ich konnte noch ermöglichen, dass du ohne diese Überraschung von der Tour-Managerin zum Meet & Greet kannst."
Ich zeige ihm mein schönstes Lächeln.
„Ach ist das so...wow, Maik! Ich weiß nicht wie ich dir...danken soll..."
Maik beugt sich grinsend zu mir rüber.
„Ich schon. Aber das kann bis morgen warten, wenn wir wieder Zuhause sind."
Ach ja, ihr könnt es ja noch nicht wissen. Ich bin wieder mit Maik zusammen gezogen und wir haben eine teure 4- Zimmer- Wohnung, beziehungsweise, sie gehört ihm.

Wir steigen gemeinsam aus und er nimmt meine Hand. So gehen wir in die Halle und ich sehe überall sein Gesicht, wie es in Gedanken versunken zur Seite schaut, es ist das Cover von seinem aktuellen Album, das Bild was ich gemacht habe.
„Das Bild ist nicht schlecht, nur etwas düster, wenn du mich fragst", sagt Maik und ich spüre die Verletztheit meines Stolzes.
Vielen Dank, denke ich seufzend und gehe mit ihm zum Stand, wo man seinen Merch kaufen kann.
Dort steht ein Mann mit schwarzer Cap, Brille und Bart vor uns.
„N'Abend. Was darf es für euch sein?", fragt er.
„Ich nehme den schwarzen Hoodie mit dem bunten Logo für meine Freundin. Ich brauche nichts. Ich bin kein Anhänger."
Der Mann nickt. „Sonst noch was?"
Mann, der ist ja echt freundlich..., denke ich seufzend.
„Ja, ich nehme noch die Tourbecher und das Album. Oh und den weinroten Hoodie und das Crewshirt. Alles in S bitte."
Der Mann sieht mich eindringlich an.
„Sehr wohl, ich hätte da noch einen tollen Popsocket für Sie, auch mit dem bunten Logo."
Spinne ich gerade oder kommt er mir so eigenartig bekannt vor?
Maik macht eine weg werfende Bewegung.
„Ja klar, wir nehmen das alles. Was macht das?"
Mir stechen noch die zwei Wintermützen ins Auge.
„Die Mützen hätte ich auch noch gerne", sage ich und will meinen Geldbeutel rausholen, doch Maik legt eine Hand auf meine.
„Schatz, ich habe dich eingeladen, also zahle ich heute alles."
Ich möchte etwas erwidern, weiß aber, dass es bei Maik nichts bringt und schließe den Mund also wieder.
Stattdessen bedanke ich mich und küsse ihn liebevoll. Lediglich bis sich der Verkäufer lauthals räuspert.
„Wäre es dann damit? Wir haben noch andere Kunden."
Ich löse mich und sehe den Verkäufer an. „Trotzdem müssen Sie nicht so unfreundlich sein! Ja, wir haben alles!"
Der Verkäufer widmet sich jetzt Maik zu.
„Das macht 224 €!"
Ich muss schlucken, als Maik, ohne mit der Wimper zu zucken 300 € rausholt.
„Mach 250 € draus. Der Rest ist für dich."
Ich höre den Verkäufer etwas von 'Proll' murmeln.
„Baby, ich muss mal kurz weg, ja? Für kleine Mädchen. Und da kann ich noch mein neues Shirt anziehen."
Maik lächelt. „Klar, gerne."

Schnell verschwinde ich ins Bad, ziehe das Shirt an und rufe bei Wincent an. Komischerweise geht er sofort ran.
„Werner?", so stellt er sich vor und ich schüttele den Kopf.
„Was sollte die Nummer gerade? Hältst du mich für so dumm?", herrsche ich ihn an und höre Maik, wie er nach einer Tüte fragt.
„Ich weiß nicht was du meinst. Außerdem muss ich arbeiten und, dass ich mich verkleidet habe ist nicht wegen dir."
Ich höre seine gedämpfte Stimme. Anscheinend versucht er nicht so aufzufallen. „Du bist so kindisch! Dann reiß dich zusammen!"
So lege ich auf und komme wieder.
Wincent sieht zu mir und will auf mich zu gehen, als er den Stand verlassen hat. Doch ich nehme Maiks Hand und gehe.
„Mädels! Der verkleidete Typ ist Wincent Weiss!", rufe ich noch und ziehe Maik in den Backstage- Bereich. Ich höre, wie sich die Mädels auf ihn stürzen.
Ja, es ist vielleicht nicht sehr reif gewesen, aber er hat es verdient.

Während des Konzertes sind Maik und ich uns nochmal näher gekommen.
Da wir einen Backstagepass haben können wir uns auch in den kleinen Raum vor der Absperrung stellen.
Maik hat gedacht, dass es mir ne Freude machen würde, meinem Lieblingssänger so nah zu sein, doch das war es im Gegenteil. Das Rockmedley hat es mir besonders angetan und ich verfolge Wincents Bewegungen.
Er aber scheint mich fleißig am Ignorieren zu sein, denn auch wenn er mich entdeckt hat, seine Augen sind sofort leer geworden und ich habe gesehen, wie er Maik mit vernichtenden Blicken gestraft hat.
Das kann gleich ein Spaß werden, denke ich seufzend und lehne mich an Maiks Körper heran, der ebenfalls gespannt zuhört.
„Du hast Recht. Schlecht ist er nicht.", sagt er lächelnd und küsst meine Wange.
Ich seufze erneut.
Wincent ist alles andere als schlecht. Er ist großartig. Man spürt einfach alles, was er fühlt und das nur durch seinen Gesang. „Hoffentlich lässt er sich gleich blicken..."
Ich lache und sehe Maik an.
„Das wird er. Immerhin ist das der Sinn von einem Meet & Greet, dass man den Künstler sieht und sich kurz mit ihm unterhalten kann."
Von Außen wirke ich so, als ob ich mich freuen würde, aber im Inneren sieht es bei mir ganz anders aus.

Wincents POV

„VIELEN DANK, Hannover! Ihr seid ein großartiges Publikum! Kommt gut und heile zuhause an und ich wünsche euch eine gute Nacht", sage ich zum Abschied, nachdem ich nochmal meine Band vorgestellt habe.
Charlie ignoriere ich geflissentlich, auch wenn ich zugeben muss, dass ihr Gesicht echt cool anzusehen war, als sie meinen Pullover gefangen hat, den ich beim Anfang des Konzertes getragen habe.
Jetzt hat sie nicht nur eine Erinnerung an diesen Abend, sondern auch etwas von mir. Dieser Maik scheint nicht zu wissen, was zwischen seiner Freundin und mir gelaufen ist. So viel zu deiner Ehrlichkeit, Charlie, denke ich und werfe ihr noch ein kleines Zwinkern zu.

Nach einer schnellen Dusche begebe ich mich in den Aufenthaltsraum, wo außer Charlie und ihrem Typ noch ein paar Mädels und jüngere Kinder warten.
Leider ist keines der Damen annähernd in meinem Alter und doch scheinen sich ein paar sehr für mich zu interessieren, denn sie tuscheln und kichern. „Moin!", sage ich grinsend in die Runde, dabei meide ich es Charlie anzusehen.
„Wer möchte als Erstes ein Foto und Autogramm oder beides haben? Leider haben wir nur eine halbe Stunde Zeit, da wir gleich weiter müssen."
Die Kinder stürzen sich sofort auf mich und ich mache Fotos, schreibe auf Shirts oder in Gesichtern herum und mache auch ein Tiktok mit zwei Fans. „Nein Maik, ist schon gut. Ich brauche kein Foto mit Wincent. Lass uns ins Hotel gehen", höre ich sie sagen.
Ah, er hat sogar einen Namen.
„Schatz, er beißt dich schon nicht. Na los. Stell dich neben ihm hin. Ich mache ein Foto von euch." Ich grinse sie an.
„Genau, Charlie. Ich beiße nicht."
Ups, da ist mir doch glatt entgangen, dass er nicht weiß, dass wir uns kennen.
Maik stutzt.
„Ihr kennt euch?"
Charlie will widersprechen, doch ich fahre fort. „Ja, sie war in Bremen schon bei mir. Auch Backstage. Wir hatten viel Spaß", antworte ich.
„Oh okay...""
Jetzt lege ich grinsend einen Arm um ihre Taille und wir schauen in die Kamera.
„Sagt Cheese", fordert Maik uns auf.
Ich grinse und Charlie sieht ebenfalls gespielt lächelnd drein.
„Cheese."
Und so macht es Knips und das Foto ist geschossen. Bei der Umarmung kehre Ich Maik den Rücken zu und streiche über ihren knackigen Arsch.
„Da hast du mich also für so einen ausgetauscht? Viel Glück!", hauche ich in ihr Ohr. „Danke, jetzt hast du ja die Möglichkeit mit Yvonne zusammenzukommen", zischt sie zurück. Damit versetzt sie mir einen Stich im Herzen. „Danke", so bedanke ich mich.

„Also dann, jetzt müssen wir uns verabschieden."
Ich sehe Charlie wehleidig an.
„Ja, sehr schade", antwortet sie kühl.
Ich ziehe sie noch ein letztes Mal fest an mich heran, um sie zu umarmen.
„Ich wünsche dir eine gute Nacht.", hauche ich in ihr jetzt versöhnlich ins Ohr und küsse sie auf die Wange.
Als ich mich löse, sehen wir uns an.
Ihre Augen sprühen Funken, doch das ignoriere ich.
Schließlich wende ich mich Maik zu, dem ich verhalten die Hand schüttle.
„Maik."
Er lächelt mich naiv und freundlich an und erwidert meine Geste.
„Es war nett dich kennenzulernen. Deine Musik ist echt nicht schlecht."
Ich nicke nur und sehe Charlie nochmal an. Sanft fahre ich mit meiner Hand über ihren Rücken.
„Auf Wiedersehen!", sage ich.
„Denkst du. Komm, Maik. Wir gehen."
Sie nimmt die Hand ihres Freundes und zieht ihn wütend hinter sich her, was ich amüsiert beobachte.

Jemanden vermissen  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt