CHAPTER 7

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Nachdem wir ausgestiegen waren, schulterte ich meinen Rucksack und ließ meinen Blick über den vollen Schulhof schweifen. Wie an unserer alten Schule, gab es auch hier die übliche Aufteilung nach Beliebtheitsgrad und vermutlich auch Aussehen. 

»Siehst du da hinten die Gruppe, die an dem schwarzen Mercedes, abseits von den anderen Schülern steht?« Fragte mich Logan plötzlich flüsternd und blickte nach links. Ich ließ meinen Blick ebenfalls dorthin wandern und betrachtete sie genauer, während ich ein leises "Ja" murmelte. Die Gruppe bestand aus  drei Jungs und einem schwarzhaarigen Mädchen. Einer der Jungs küsste dieses Mädchen gerade, schlang dann einen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. 

»Die drei Jungs sind Werwölfe.« Sagte er dann leise und schaute kurz zu ihnen, bevor er seinen Blick auf mich richtete. Ich nickte nur und beobachtete sie weiter. Logan hatte mir mal erzählt, dass Werwölfe es spüren konnten, sobald andere von ihnen in der Nähe waren. Das war zugleich hilfreich als auch unpraktisch. Die beiden anderen Jungs lachten gerade über etwas, was den Jungen, der das Mädchen geküsst hatte, grimmig drein schauen ließ. Dann traf sein Blick schlagartig auf meinen und wanderte dann weiter zu Logan, bevor er sich wieder abwandte und etwas zu den anderen Jungs sagte. Diese drehten sich dann ebenfalls kurz um und sahen uns mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Das perfekte Beispiel um zu sehen, dass das Erkennen unter Werwölfen gleichzeitig ein Fluch und ein Segen ist. Schnell wandte ich meinen Blick ab, obwohl es keinen wirklichen Grund gab, besorgt zu sein. Ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick wieder zu der Gruppe wanderte. Mittlerweile diskutierten und gestikulierten sie schon lautstark und warfen abwechselnd einen Blick zu uns. Das könnte langsam zu einem Grund werden, besorgt zu sein.  In dem Moment bog ein weißer Audi um die Ecke und die Gespräche um uns wurden etwas leiser, während fast alle zu dem Auto sahen. Logan und mich eingeschlossen. Der Audi hielt genau neben der Gruppe Werwölfe und ein braunhaariges Mädchen stieg auf der rechten Seite aus. Logan neben mir spannte sich immer mehr an, während er "noch ein Werwolf" flüsterte. Schluckend sah ich, wie dieses Mädchen die drei Jungs und das Mädchen lachend umarmte.

Plötzlich stellten sich meine Nackenhaare auf und eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper. Was ist denn jetzt los? Die Fahrertür schwang auf und ein großer schwarzhaariger Mann stieg aus. Dieser lief ebenfalls auf die Gruppe zu, während er seinen Blick suchend über den Schulhof wandern ließ. Ich nahm mir kurz Zeit ihn zu mustern. Kurze, schwarze Haare, die durcheinander auf seinem Kopf lagen. Markante Gesichtszüge und einen leichten Bart, der den unteren Teil seines Gesichtes bedeckte. Er hatte eine athletische Figur, wobei mein Blick peinlicherweise länger als nötig an seiner Brust hing. Selbst durch den  dünnen, schwarzen Pullover, den er trug, konnte man seine Muskeln erkennen. Ich würde ihn vielleicht auf Zwanzig oder Einundzwanzig schätzen. Das einzige, was ich auf die kurze Distanz nicht erkennen konnte, war seine Augenfarbe. Wie konnte man überhaupt so gut aussehen?

»Oh, Scheiße.« Hörte ich Logan neben mir leise fluchen. Ich sah verwirrt zu ihm und stellte fest, dass sein ganzer Körper angespannt war.

»Was ist denn los?« Fragte ich genauso leise. Er sah flüchtig zu mir und blickte dann wieder zu dem gut aussehenden Typen.

»Das ist der Alpha.« Presste er heraus, woraufhin meine Augen groß wurden.

Theoretisch gesehen, gab es keinen Grund zur Panik. In der Praxis wusste man aber nicht, wie die Werwölfe und der Alpha noch dazu, auf Logan reagieren würden. Immerhin waren diese für ihr hitziges Temperament und ihre Stimmungsschwankungen bekannt. Während wir uns dem Eingang der Schule näherten, hing mein Blick weiterhin am Alpha, der sich wieder suchend umblickte und sich nicht an dem Gespräch von den anderen beteiligte. Ich konnte nicht abstreiten, dass er sehr gut aussah. Dennoch wusste ich, dass ich ungern etwas mit dem Anführer eines Rudels von Werwölfen zu tun haben möchte. Außerdem bestand keine Chance, dass er mehr in mir sehen würde, als die menschliche Schwester eines Werwolfs. Wie aufs Stichwort blieb sein Blick an mir hängen, wanderte kurz zu Logan und dann wieder zu mir. Seine Augen weiteten sich kurz, woraufhin ich verwirrt meine Stirn runzelte. Hatte ich etwas im Gesicht oder sah ich irgendwie aus wie ein Geist? Den intensiven Blick den er mir jetzt schenkte, konnte ich noch weniger verstehen. Ich würde sogar behaupten, dass er den ersten Platz bei einem Nicht-Blinzeln-Wettbewerb gewinnen könnte. Auch wenn mir das alles etwas komisch vorkam, sah ich ihn ebenfalls weiter an. Zumindest solange, bis er einen kleinen Schritt nach vorn machte, was die Aufmerksamkeit der Gruppe erneut auf mich richtete. Bevor ich meinen Blick abwendete, konnte ich endlich seine Augenfarbe aus machen. Seine Augen hatten die Farbe von flüssigem Bernstein.

The Alpha | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt