CHAPTER 52

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Heute war der Tag gekommen, an dem ich Liam zur Rede stellen würde. Ich hatte die Nacht über bei Logan geschlafen, da dieser mich nicht in mein eigenes Bett tragen wollte. Dennoch hatten mich Alpträume geplagt, weswegen ich nicht sonderlich viel Schlaf abbekommen hatte. Mir war scheinbar anzusehen, dass etwas nicht stimmte, denn Lia sah mich den Tag über besorgt an. Sie war aber taktvoll genug, um nicht genauer nachzufragen. Sie wusste, wenn ich bereit war, würde ich es ihr sagen. Aiden hatte mir geschrieben, dass er heute nicht zur Schule kommen würde. Seine Eltern hatten heute ein Gespräch mit ihren Scheidungsanwälten und da wollte er sich den Tag nehmen, um sich abzulenken. Als Lia und ich auf dem Schulhof ankamen, sah ich bereits von weitem, wie Liam an seinem Auto stand und zu uns sah. Ich wusste nicht recht, wie ich mich fühlen sollte, da nicht nur meine Gedanken, sondern auch meine Gefühle ein reines Chaos waren. Bevor ich weiter über das anstehende Gespräch zwischen Liam und mir nachdenken konnte, verabschiedete sich Lia von mir und ich lief zögerlich in die Richtung von Liam. Die anderen waren weit und breit nicht zu sehen. Vermutlich weil sie sich schon auf den Weg nach Hause gemacht hatten. Ich gab mir zwar Mühe, mir nichts anmerken zu lassen, trotzdem wusste Liam sofort, dass etwas nicht stimmte.

»Hey, was ist denn los?« Fragte er sofort alarmiert und stieß sich von dem weißen Audi ab.

»Können wir im Auto reden?« Fragte ich ihn stattdessen und er nickte besorgt. Nachdem wir eingestiegen waren, drehte ich mich direkt zu ihm.

»Bin ich deine Mate?« Fragte ich gerade heraus und er hob überrascht die Augenbrauen. Er hatte scheinbar mit einem ganz anderen Gespräch gerechnet.

»Wie kommst du denn jetzt darauf?« Schoss er eine Gegenfrage zurück und ich sah ihn abwartend an.

»Ja, du bist meine Mate.« Antwortete er seufzend, als er bemerkte, dass ich nicht auf seine Frage einging.

»Von wem hast du es erfahren?«

»Aiden hat es mir gesagt. Er hat vergessen, dass ich es nicht wusste.« Meinte ich schulterzuckend und beobachtete ihn, wie er sich gestresst durch die Haare fuhr.

»Wir haben uns gestern getroffen.« Fuhr ich fort und schon schoss sein Blick erneut zu mir. Nur diesmal lag darin eine ganz andere Gefühlsregung.

»Du hast dich allein mit Aiden getroffen?« Ich erkannte bereits an seiner Tonlage, dass ihm das alles andere als gefiel. Aber es war meine Sache, mit wem ich etwas unternahm.

»Ja, gibt es daran ein Problem?« Fragte ich herausfordernd und sah ihn abwartend an. Liam ließ sich einige Sekunden Zeit, bevor er antwortete. Dabei ballte er die Hände zu Fäusten und seine Schultern spannten sich an.

»Du weißt aber, was das Wort Mate bedeutet, oder? Was das für eine Verbindung zwischen uns ist?«

Mein Vater hat es mir gestern erklärt. Als wir das Gespräch das erste Mal geführt hatten, habe ich nicht richtig aufgepasst. Bis gestern wusste ich nichts davon.« Erklärte ich mich, woraufhin Liam verstehend nickte.

»Ich habe bereits geahnt, dass du mit dem Wort nichts anfangen konntest. Das habe ich dir angesehen. Als Logan mir gesagt hat, dass du davon nichts weißt, habe ich den anderen gesagt, dass sie dir nichts sagen sollen.«

»Daher wirst du vermutlich wissen, dass es für mich schwer ist, die Kontrolle zu behalten, wenn du etwas mit anderen Jungs unternimmst.« Ergänzte er und seine angespannte Stimme wies darauf hin, dass er sich noch immer nicht ganz beruhigt hatte. Beschwichtigend griff ich nach seiner Hand und verschränkte sie mit meiner. Sein Blick lag auf unseren verschränkten Händen, als die nächsten Worte meinen Mund verließen.

»Ich kann nachvollziehen, dass es für dich nicht leicht ist. Aber Aiden ist ein Freund, der jemanden zum Reden gebraucht hat. Ich will auch in Zukunft für ihn da sein. Deswegen kannst du nicht eifersüchtig oder wütend auf ihn sein, wenn wir etwas unternehmen.« Stellte ich fest und Liam nickte, wenn auch widerwillig.

»Der rationale Teil von mir weiß das. Aber mein innerer Wolf ist da einer ganz anderen Meinung. Sobald er dich mit einem anderen Jungen sieht, sieht er rot und ich muss meine volle Kontrolle aufbringen, damit ich meine primären Instinkte nicht gewinnen lasse und dich wegzerre.« Erklärte er seinen Zwiespalt, während ich beschwichtigend seine Hand drückte. Ich sah es bei Logan und meinem Vater, wie viel Überwindung es sie kostete, nicht auszurasten, wenn sie etwas ärgerte. Als Alpha waren diese Gefühle vermutlich noch stärker und komplizierter unter den Griff zu bekommen, weswegen ich Verständnis für Liam hatte.

»Was ich nur nicht verstehe, ist, dass du mir das mit der Mate-Sache nicht eher gesagt hast. Immerhin kennen wir uns nun schon eine Weile und sind so etwas wie ein Paar.« Meinte ich nach einigen Sekunden und sah ihn enttäuscht an. Das war die einzige Sache, die mich noch immer an der Situation störte. Immerhin hatte ich ein Recht darauf es zu wissen. Trotzdem hatte Liam entschieden, es mir nicht zu sagen.

»Wir sind ein Paar. Nicht nur so etwas wie ein Paar.« Stellte er bestimmt fest und drückte meine Hand, um sicherzugehen, dass ich es verstand.

»Ich wollte es dir sagen, aber ich habe nie den richtigen Moment gefunden. Ich wusste nicht, wie du es aufnehmen wirst und ob du es schlimm finden würdest, dass wir Mates sind. Ich weiß, dass ich kein recht dazu hatte, es dir zu verschweigen. Es tut mir leid, dass ich es dennoch gemacht habe.« Zum Ende hin ließ er geknickt den Kopf hängen und der Anblick brach mir fast das Herz. Ich löste meine Hand aus seiner und legte sie stattdessen an seine Wange, um ihn dazu zu bringe, mich anzusehen.

»Es kratzt noch immer etwas an mir, dass du mir nicht früher davon erzählt hast, das gebe ich zu. Aber ich verstehe deine Gründe und bin nicht sauer.« Bevor ich weiter redete, stieg ich über die Mittelkonsole und ließ mich auf Liams Schoß nieder. Sofort umgriff er mit seinen beiden Händen meine Hüfte und sah mich mit einem intensiven Blick an. An der Stelle, an der seine Hände mich berührten, breitete sich ein warmes Kribbeln aus.

»Ich finde es nicht schlimm und hätte es auch niemals schlimm gefunden, dass du mein Mate bist. Ich hatte vielmehr Zweifel, dass du nicht das Gleiche für mich empfindest wie ich für dich und du es nicht ernst mit mir meinst.« Gab ich zu, worauf sich Liams Griff um meine Hüften verstärkte und er mich so ansah, als hätte ich gerade den Verstand verloren.

»Kate, das ist der größte Schwachsinn den ich jemals gehört habe. Ich bin verrückt nach dir. Und wenn du das nicht langsam weißt, dann muss ich es dir wohl solange beweisen, bis du es mir glaubst.« Grinste er zum Ende hin und kam meinem Gesicht ein Stück näher.

»Mmh...vielleicht bin ich ja noch immer nicht ganz überzeugt.« Meinte ich neckend und tat so, als würde ich nachdenken. Sein Blick veränderte sich schlagartig und er zog mich noch näher an sich heran.

»Ist das so?« Flüsterte er, als seine Lippen nur wenige Millimeter von meinen entfernt waren. Ich nickte nur, da ich kein Wort herausbrachte.

»Wenn das so ist, muss ich wohl alles geben, um dich doch noch zu überzeugen.« Daraufhin küsste er mich und hielt sein Versprechen, bis ich lachend zugab, dass ich überzeugt war.

The Alpha | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt