Chapter 18: Deep Thoughts

165 8 0
                                    

Wir strafen sie beide mit einem vernichtenden Blick, gehen dann aber zum Unterricht.

××××××××××××××××××××

Evy's P.O.V

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Schultage hier deutlich schneller vergehen als in Deutschland. Aber vielleicht liegt es auch einfach nur daran, dass es hier mega Spaß macht. Abgesehen von meinem Rücken, der tut immer noch bei jeder Bewegung weh und wird gefühlt auch nicht besser. Aber naja, who cares? Das Leben geht weiter.

Ich habe mich dazu entschieden, die Fahrdienste von Ace nicht mehr auszunutzen und laufe jetzt immer zur Schule und zurück. Ich meine es sind nur circa zehn Minuten und nen bisschen Bewegung hat noch niemand geschadet. Außerdem will ich ihm auch nicht unnötig zur Last fallen, auch wenn es super lieb von ihm ist. Aber irgendwie muss ich mich hier ja auch selbst zurechtfinden und den Weg kann man sich auch echt gut einprägen. Und zur Not gibt es ja noch Tante Google, die mit helfen kann.

Heute ist der Tag irgendwie komisch geworden. Heute morgen war super Wetter aber wenn ich jetzt in den Himmel schaue, dann sehe ich nur dunkle Wolken. Na hoffentlich schaffe ich es noch trocken nach Hause. Ich spüre schon die ersten kühlen Tropfen auf meiner Haut, doch beeilen muss ich mich nicht wirklich, da um die nächste Ecke eh schon mein Zuhause ist.

Der Regen wird immer doller und ich komischerweise immer langsamer. Gott wie ich das Gefühl von Regen auf meiner Haut vermisst habe. Doch irgendwie ist es heute anders. Es ist nicht so, dass der Regen mich fröhlich macht. Heute bewirkt er eher das Gegenteil.

Es ist wie als würde ich zurück auf den Boden der Realität geholt werden. Natürlich waren die ersten Tage hier supertoll und ich hab auch zwei bzw. vier, wenn man Ryan's Eltern dazuzählt, total nette Personen kennengelernt. Aber es kann doch nicht sein, dass das alles von Anfang an so perfekt bleibt. Wo bleibt die Schattenseite der Münze? Wo bleibt das Heimweh? Wo bleibt der Stress?

Wie von alleine haben mich meine Füße vor die Haustür getragen und ich schließe die Tür auf. Heute ist außer mir und Ryan niemand da, da die anderen beiden arbeiten sind. Ich ziehe meine Schuhe aus und verschwinde in mein Zimmer. Und irgendwas zieht mich trotz des Regens mit meiner Gitarre zusammen auf den Balkon. Der Regen prasselt ungehalten auf mich nieder und meine Kleidung wird mit jeder Sekunde nasser, doch das stört mich im Moment nicht.

Ich lasse meine Finger über die Saiten fliegen und schnell spielen sie automatisch das Lied, welches mir immer Halt gegeben hat. Das Lied von meiner Grandma und mir. Und kaum höre ich die ersten Töne aus meinem Mund, fließen die Tränen wie der Regen. Ungebremst, in Sturzbächen, hemmungslos.

Es kommt einfach alles zusammen, was durch diese achso perfekte Scheinwelt in den Hintergrund gedrängt wird. Ich spüre innere Leere, das Bedürfnis, Just und Mom ganz fest in die Arme zu schließen. Das Bedürfnis, mit Rilly rumzualbern. Das Bedürfnis, mit Bella und Ben durch die Straßen zu ziehen und diese unsicher zu machen. Ich verspüre plötzlich ein ziehen in meiner Brust, was da noch nie gewesen ist. Ist es Schmerz? Ist es Heimweh? Ist es vermissen? Instinktiv greife ich zur Kette, um wenigstens ein bisschen Halt zu bekommen.

Doch da ist noch was, was ich spüre. Es ist, als würde dir jemand die Luft zum Atmen nehmen. Als würde dir jemand jegliche Lebensenergie aussaugen. Als würde jemand deine äußere Hülle, deine Schutzmauer, wegziehen. Dein Inneres liegt offen da und du kannst nichts dagegen machen.

Ich bin nicht so stark, wie ich immer vorgebe. Die Sache mit Ryan setzt mir mehr zu als ich es nach außen hin zeige. Ich habe mir über die Jahre eine Schutzmauer aufgebaut, welche ich fast perfekt spielen kann. Doch irgendwie hat es Ryan geschafft, dass er mit seinen Aktionen meine Mauer ins Wanken bringt. Was habe ich ihm getan? Ich will hier doch einfach nur eine schöne Zeit verbringen. Ich bin nicht auf Stress aus, ich hasse Streit. Aber wieso hat Ryan dann so ein Problem mit mir. Wieso sagt er es mir nicht? Dann kann ich daran arbeiten. Ich glaube, dass tief in seinem Inneren ein weicher Kern ist. Doch er hat sich genauso wie ich eine Schutzmauer um sich herum aufgebaut. Und ich weiß nicht wieso aber ich sehe es als meine Pflicht, als meine Aufgabe, diese Schutzmauer zu zerbrechen. Für ihn dazu sein. Im zuzuhören, ihm eine Stütze sein zu können. Von Bruder zu Schwester, von Schwester zu Bruder. Dafür sind Geschwister doch da.

Ich merke nicht, wie ich aufgehört habe zu spielen und einfach nur auf die Landschaft starre. Langsam steigt die Kälte in mir auf und ich fange an zu zittern. Doch weder Tränen noch Kälte bringen mich zum reingehen. Ich weiß nicht was aber irgendetwas hält mich hier draußen.

Meine Tränen laufen weiter in Sturzbächen, mein Schluchzen wird von mal zu mal lauter und erstickter als sich auf einmal zwei Arme um mich legen und mir Halt geben.

××××××××××××××××××××

Love y'all 🕊️

The gentle Bad BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt