Kapitel 20

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Natürlich hegte ich diese Gedanken damals, doch das änderte nichts daran, dass ich keine Mörderin war! Nachdem ich erfahren hatte, was mein Vater getan hatte, was er mir zu guter Letzt genommen hatte, gab es nichts mehr, was für mich von Bedeutung war. Ich verdrängte den Schmerz und die Trauer so schnell, dass ich all dies mit dem Hass auf meinen beschissenen Vater ersetzt hatte. Er hatte mir mein Leben ruiniert, bevor ich es überhaupt genießen konnte. An das Geschehene selbst konnte ich mich bis heute nicht erinnern. Laut Psychologen lag das wohl an einem inneren Schutzmechanismus oder sowas. Dennoch wusste ich ganz genau, was er mir und meiner Familie alles angetan hatte und erinnerte mich statt an die einzelnen Situationen schlichtweg daran, wie sehr ich ihn hasste.

Die Taten meines Vaters hatten mein Leben zerstört. Seit diem Tag, an dem er mir auch noch Mama und Zoe genommen hatte, lag mein Gefühlsleben in einem Meer aus Scherben. Sein feiger und erbärmlicher Tod durch eine vermutlich versehentliche Überdosis machte mich nur noch wütender. Es gab mir das Gefühl, dass man so niemals mehr für Gerechtigkeit, die meine Familie und ich so bitter verdient hatten, sorgen konnte.

Über die Jahre hinweg schaffte ich es allerdings, mich zurück ins Leben zu kämpfen. Ich gab alles dafür, um so etwas wie 'Normalität' einkehren zu lassen, sodass ich mir mit 15 einen Job in einem Supermarkt gepaart mit vielen kleinen Nebenjobs ergattert hatte.

So kam es, dass ich mit 16 schon wieder aus dem Heim ausziehen konnte und mir eine schäbige Einzimmerwohnung anmieten konnte. Vier Mal die Woche kam ein Betreuer vorbei, um zu kontrollieren, dass ich alleine klarkam.

Dieser Schritt in die Selbstständigkeit war der Startschuss für mein neues Leben. Ich klammerte mich zwar immer an die falschen Menschen und ließ mich in meiner recht langen Beziehung ziemlich unterdrücken, doch selbst damit hatte ich mit 19 komplett abgeschlossen.

Das war der Punkt, an dem ich mich dazu entschied, mich mit keinem Menschen mehr abzugeben, der mir nicht guttat. Im Grunde genommen hatte ich also keine Freunde mehr, außer Cara. Sie half mir dabei, mich wieder auf meine Bildung zu konzentrieren.

Mit ihr ging ich erneut den Schritt, meine schulische Ausbildung, die ich vier Jahre zuvor aufgrund eines Jobs an den Nagel gehangen hatte, weiterzuführen.

"Wenn du so genau wusstest, was ich alles hinter mir habe, wie konntest du mir das alles hier dann überhaupt antun?" Ich wusste, wie blöd diese Frage war. Er war eben ein unberechenbarer Psycho, dessen Job es ist, Menschen zu quälen. Wieso sollte es ihn da interessieren, wen es dabei traf und wen nicht?

"Wie gesagt, Gregor hat dich zum Abschuss freigegeben. Die Community hat abgestimmt und sich zu deinem Pech für dich entschieden. Zu dem Zeitpunkt wusste ich all das noch nicht über dich. Allerdings hätte das vermutlich auch nichts geändert." Immer noch konnte ich die Provokation aus seiner Stimme heraushören. Es machte mich rasend.

"Ich hasse dich für das, was du tust", merkte ich an. Auch wenn ihm das herzlich egal sein konnte, musste ich es ihm mitteilen.

"Manchmal denk ich echt, ich könnte dich gut leiden, Ava. Aber wenn ich dann wieder sehe, was für ein undankbares Miststück du eigentlich bist, könnte ich dich dafür erwürgen!", brüllte er mir jetzt wieder immer aggressiver und lauter werdend entgegen.

"Undankbar?!" Darüber musste ich tatsächlich lachen. "Langsam wird es lächerlich, Jack. Für WAS sollte ich denn dankbar sein?!"

"Wenn du wüsstest, wie viel verficktes Leid ich dir schon erspart habe, würdest du froh darüber sein, dass ich es war, der dich hierhergebracht hat!" Wie sauer konnte er wohl noch werden? Sollte ich einfach aufhören mit ihm zu streiten? Immerhin wurden seine Aussagen immer peinlicher.

Psycholove - Deal with the darknet |✔️ [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt