Kapitel 7

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Am nächsten Morgen wachte ich alleine in diesem grässlichen Bett auf. Jack hatte mich gestern Abend ganz alleine in seinem Zimmer gelassen und wie es aussah, kam er auch nicht zurück, als ich vor Erschöpfung schon eingeschlafen war. Vorher hatte ich allerdings noch viele Fragen in meinem Kopf, die ich auch heute Morgen nicht so recht sortieren konnte.

Warum trafen mich seine Worte so? Er sprach ja nicht mal irgendwas aus, was mir nicht auch so schon klar war. Also warum schmerzte es dann, sowas zu hören?

Fakt ist, dass ich bisher noch nie mit dieser Wahrheit, die mein Leben bestimmte, konfrontiert wurde. Dass nun ausgerechnet ein mir völlig fremder Psychopath aussprach, was ich bis zu diesem Zeitpunkt täglich mit mir selber auszumachen versuchte, wirkte fast schon lächerlich und dennoch irgendwie traurig zugleich.

Nachdem Jack das Gespräch abrupt beendete und mich alleine mit meinen Gedanken in seinem langsam viel zu klein wirkenden Zimmer zurückließ, fragte ich mich ernsthaft, was ein Mensch wohl durchgemacht haben musste, um so zu werden, wie er und seine Komplizen.

Sollte er tatsächlich aus eigener Erfahrung heraus philosophiert haben, bedeutete dies ja, dass Jack mal so etwas wie 'Lebensenergie' in sich trug - diese aber durch vermutlich andere Menschen mit der Zeit mehr und mehr zerstört wurde.

Berechtigte ihn das aber, so zu handeln, wie er es tat? Nein. Ganz sicher nicht. Neben ihm existierten nämlich unzählbar viele Menschen, denen es ähnlich oder gar schlimmer ging und trotzdem würden sie niemals ihren Frust an Anderen auslassen. Für dieses Verhalten gab es einfach keine Entschuldigung.

Ein leichtes Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Kurz darauf trat Aron herein und schloss sie sofort wieder hinter sich. "Hey. Es wird Zeit, deine Wunde zu kontrollieren", sagte er, als ginge es um eine routinierte Zahnarztkontrolle. "Wenn du unter dem Pullover nichts anhast, musst du ihn nur kurz hochziehen und die Beine spreizen. Bin schnell fertig."

"Du willst mich doch verarschen, oder?" Was dachte der sich denn bitte?
"Ava du kannst mir vertrauen, wenn ich nicht gerade an einem illegalen Menschenhandel oder ähnlichen Machenschaften wie...naja...dieser Sache hier... beteiligt bin, bin ich ein verdammt guter Medizinstudent. Ich kann das."

"Merkt ihr eigentlich selber, wie wahnsinnig die Aufforderung euch zu vertrauen aus euren Mündern klingt?" Wieso hatte es ein beschissener 'Medizinstudent' überhaupt nötig, solche Dinge zu tun?

"Ja kann sein. Ändert aber nichts daran, dass wir da jetzt beide durchmüssen. Also wenn du mich entschuldigst, wir müssen uns beeilen." Aron drückte mich mit leichtem Druck an den Schultern zurück auf das Bett.

"FASS MICH NICHT AN!", schrie ich laut und schlug ihm aus Reflex mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich hatte fest damit gerechnet, sofort die Quittung dafür zu erhalten, aber Aron funkelte mich nur wütend an, während er mit einer Hand an seine nun gerötete Wange fasste.

Mit der anderen Hand nahm er sein Handy aus der Hosentasche und tippte kurz darauf rum, um es kurz darauf an sein Ohr zu halten. "Du solltest besser herkommen und dein Mädchen zähmen, sonst fällt die Behandlungsstunde heute aus", knurrte er wütend und durch zusammengebissene Zähne in sein Smartphone und legte, scheinbar ohne auf eine Antwort zu warten, wieder auf.

"Gut Kleine, dann warten wir eben einen Moment." Aron war wohl gerade richtig genervt von mir und wollte mir in diesem Moment sicherlich auch ziemlich weh tun. Möglicherweise tat er es nur nicht, weil er davon überzeugt war, dass Jack die viel größere Strafe für mich darstellte.

'Dein Mädchen'... ich wollte mich am liebsten übergeben bei dem Gedanken daran, dass ich ihm 'gehörte'. Nur weil ich hier festgehalten und über mich bestimmt wurde, gehörte ich noch lange niemandem.

Psycholove - Deal with the darknet |✔️ [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt