Kapitel 32

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"Du musst dich zusammenreißen, Baby", war das erste, was ich wieder bewusst wahrnehmen konnte. Jack rüttelte immer wieder an meinen Schultern und versuchte mit mir zu sprechen, doch bisher war ich unfähig, ihm irgendeine Reaktion zu schenken. "Fuck!", rief er schließlich nur noch aus. Wie es aussah, klingelte gerade sein Handy und es bedeutete nichts Gutes.

"Ich brauche noch einen Moment, Samantha", schnaubte er genervt in sein Smartphone. 
"Mir egal, ich zahle immerhin hierfür. Wie weit bist du?", antwortete Samantha daraufhin ziemlich schnippisch. Langsam wurde ich wieder klarer im Kopf und begann, hellhörig zu werden. 

Ich konnte zusehen, wie Jack sein Handy so schwenkte, dass es auf die beiden gefesselten Frauen gerichtet war. Anscheinend war jetzt wirklich der Zeitpunkt gekommen, an dem es kein Zurück mehr gab.  

"Gut, wo ist dein graues Mäuschen? Sie soll sich ein Messer oder irgendwas Ähnliches nehmen und hinter die beiden Damen stellen", befahl das Miststück. Ich saß noch immer zusammengekauert auf dem Boden und regte mich kein bisschen. " Wieso willst du das so sehr, Sam?"

Jack klang verzweifelt. Ich wusste nicht, wieso er mir das ersparen wollte. Im Moment war mir das auch wirklich egal. Ich hoffte einfach nur, dass er das Ruder noch irgendwie rumreißen konnte, auch wenn mich der Kosename 'Sam' gerade ein wenig stutzig machte. Wenn das hier vorbei war, würde er mir die ganze Geschichte dazu erzählen und ich war mir sicher, dass das auch bitter nötig war. 

"Genau aus dem Grund, aus dem du das verhindern willst, mein Süßer. Weißt du, es macht mir mittlerweile so richtig Spaß, dich zu ruinieren. Dafür zahle ich wenn es sein muss auch mit meinem ganzen Hab und Gut. Wenn du meiner Forderung also jetzt nicht sofort nachkommst, dann wird das Folgen haben mit denen du wahrscheinlich nicht so leicht leben kannst."

Jack schloss kurz die Augen und legte seinen Kopf in den Nacken. Nachdem er langsam ausgeatmet hatte, sah er zu mir herunter. "Ava, hol ein Messer aus der Küche und stell dich hinter die beiden", befahl er mir. Dann formte er mit seinen Lippen ein stummes 'Sorry'. Was passierte hier nur? Jack zeigte aufrichtige Reue und ich sollte zwei Menschen brutal foltern, vielleicht sogar töten? Ich wünschte, das wäre alles bloß ein verfickter Traum. Mittlerweile konnte ich Jacks derbe Ausdrucksweise voll und ganz nachvollziehen. Wenn man solch ein Leben führte, waren solche Wörter das einzig wahre, um eine Situation wie diese exakt zu beschreiben. 

Ich spürte meine Beine gar nicht wirklich, als ich tat, was von mir verlangt wurde. Sie trugen mich einfach so in Richtung Küche, in welcher ich mit zittriger Hand ein Messer aus einer Schublade herauskramte und anschließend wieder in das Zimmer zurück, in welchem ich mich tatsächlich hinter die beiden weinenden Frauen stellte. Sie sahen sich einfach nur an und weinten sich die Seele aus dem Leib. War das ihr Weg, Abschied voneinander zu nehmen? Wieder liefen mir zahlreiche Tränen übers Gesicht. 

"Aha, da ist sie ja. Kannst du bitte dafür sorgen, dass sie aufhört zu heulen?!", hörte ich Samantha mit übertrieben dramatischer Betonung sagen. "Nein, kann ich nicht. Sag bitte einfach, was sie machen soll", antwortete Jack gereizt. 

"Schön, dann eben mit Geheule. Es ist ganz einfach, Anna", begann Samantha. "Ava", korrigierte Jack sie sofort noch gereizter. "Meinetwegen. Ava, ich sage dir, was du entweder mit Langhaar-Schnepfe links oder Kurzhaar-Rambo rechts tun sollst. Solltest du dich querstellen und mir meinen jeweiligen Wunsch nicht erfüllen, kommt Jack ins Spiel. Deine Aufgabe ist es nämlich, immer nur eine Handlung an einem der beiden Opfer auszuüben. Tust du das nicht, wird Jack die Aufgabe für dich übernehmen. Dann aber nicht nur an einer, sondern direkt an beiden. Es ist also deine Entscheidung, für wie viel Leid du am Schluss verantwortlich sein möchtest. Wenn du das verstanden hast, zeige einen Daumen nach oben." 

Psycholove - Deal with the darknet |✔️ [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt