8. Kapitel

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A/N Profil von Lucinda "Luc" an der Seite!

Es gibt nicht viele Momente im Leben, in denen man Angst hat vor dem Sterben. Doch eigentlich ist das ja auch der „normale“ Weg. Sterben ist nebensächlich, aber was, wenn du jede Sekunde achtgeben musst, nicht dem Tod in die Augen zu sehen?

„Kail.“, hauche ich leise. Er nickt erneut.

„Ja, Schwester. Zwölf Jahre ist es schon her. Ach, es kommt mir vor, als hätte ich dich gestern das letzte Mal gesehen.“, er lächelt spielerisch.

„Vier.“, korrigiere ich. Er lacht höhnisch.

„Natürlich. Manchmal vergesse ich.“, er zwinkert, „Du weißt also davon?“ Ich nicke.

Ich sehe, wie sich Houston kaum merklich zu Kail dreht und ihm etwas zuflüstert. Wie leichtgläubig ist Kail eigentlich gemeinsame Sache mit ihm zu machen. Houston vernichtet die, die er retten möchte. Es ist einfach unlogisch.

„Du hast ein Verbrechen begangen und dafür musst du vorgeführt werden.“, mischt sich nun Houston ins Gespräch.

„Du schließlich auch.“, kontere ich und verdrehe meine Augen.

„Nein, dies hat er nicht getan. Er hat die Unbestimmten getötet, die so aufmüpfig, wie du waren. Und solche gefährden das System. Solche müssen frühzeitig entfernt werden. Ich gab ihm diesen Auftrag vor einigen Wochen.“, erklärt Kail.

„Natürlich, es sind zwar alles Menschen, die du aufs Spiel setzt. Aber die sind ja nebensächlich, nicht wahr?“

„Ganz genau, Schwester.“, er lacht bitter.

„Was willst du noch von mir? Außer mich hinrichten.“

„Von Exekution war nie die Rede.“, er schaut verwundert. Aber ich weiß, er wusste, was ich denke und versucht alle hier zu manipulieren.

„Ich möchte lediglich, dass du auf die richtige Seite wechselst. Schließ dich uns an und hilf uns.“ Wenn ich jetzt nein sage, bin ich tot. Sage ich ja, kann ich das alles vielleicht von innen heraus zerstören. Ich nicke zustimmend.

„Na gut. Etwas anderes bleibt mir schließlich nicht. Aber was ist mit den anderen?“, frage ich ernst.

„Sie erhalten ein Reset und werden in die Stadt zurück gebracht.“, antwortet Houston.

„Nein. Niemals. Ich lasse das nicht zu. Wenn ich, dann mit ihnen.“, meine Stimme ist klar, hoch.

„Hm, aber sie sind keine Unbestimmten. Natürlich haben wir auch posten für „andere“, aber…“, Kail zögert, „Na gut. Aber nur, solange wir dich brauchen.“

Ich nicke und gehe aus der Tür.

„Bye.“, ist mein letztes Wort, bevor ich aus dem Raum trete. Als sich die Tür schließt, sehe ich plötzlich Tobias.

„Und?“, er klingt aufgeregt.

„Wir bleiben eine Weile hier.“, ich antworte knapp. Mehr darf ich ihm einfach nicht sagen. Es würde jetzt nur mehr Probleme machen. Die Kluft weiten. Vielleicht tut Schweigen das auch. Aber ich glaube es ist besser so.

Über den Nachmittag hinweg musste ich nicht  zu Kail, also dachte Tobias, wir könnten etwas zusammen unternehmen.

„Es ist alles noch genauso wie damals.“, er schaut verträumt durch die Gänge. Ich sehe, wie seine Wange leicht glitzert im Licht. Tränen. Seine Augen sind noch leicht rot und geschwollen.

„Du hast geweint?“, frage ich direkt heraus.

Er schaut verwundert zu mir. Antwortet nicht, schaut nur wieder geradeaus.

Die Bestimmung - Verhängnisvolle LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt